Sollte es ehrenamtliche Lebensmittelkontrolleure geben?
Etwa jede dritte vorgeschriebene Lebensmittelkontrolle in Deutschland fällt nach Erkenntnissen der Verbraucherorganisation Foodwatch wegen Personalmangel aus.Manche Ämter - verstärkt in Bremen und Berlin - schafften nicht einmal die Hälfte aller Kontrollen. 2018 hätten ganze 250.000 vorgesehene Kontrollen bei Restaurants, Imbissen und Lebensmittelherstellern nicht stattgefunden. Ich frage mich nun ob es nicht eine Möglichkeit gäbe diesem Personalmangel entgegenzuwirken.
Meine Idee war nun eine ehrenamtliche Unterstützung der Beamten. Nach einer gewissen Schulung sollte dies doch machbar sein, dass speziell Senioren oder auch Studenten das Fachpersonal bei den Kontrollen unterstützt. Was haltet ihr von ehrenamtlichen Lebensmittelkontrolleuren? Wo könnte man eine solchen Vorschlag tatsächlich einbringen?
Wie kommst du denn auf so eine Idee? Lebensmittelkontrolleure sind Handwerksmeister und Uni-Absolventen aus den entsprechenden Bereichen, die zwei weitere Jahre ausgebildet werden. Das sind sechs Monate Theorie und 18 Monate Praxis. Und dann sind das immer noch Frischlinge. Du hast eine merkwürdige Ansicht von dem Job. Was sollen Rentner und Studierende denn da deiner Meinung nach feststellen können? Ganz sicher nicht, ob alles i Ordnung ist.
Meine Idee dabei war nicht, dass das Fachpersonal komplett ersetzt wird. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es da durchaus Arbeiten/Kontrollen gibt die momentan von diesem hochqualifizierten Fachpersonal durchgeführt werden, obwohl dies auch ein geschulter "Zuarbeiter" durchführen könnte.
Zum Beispiel werden da ja sicher irgendwelche Teststreifen von Arbeitsplatten genommen etc. Abgesehen davon erkennt ja auch ein Laie, wenn ein Unternehmen, Restaurant die Sauberkeit nicht so genau nimmt, Schimmel vorhanden ist usw.
Ich dachte, dadurch könnte vielleicht wertvolle Arbeitszeit gewonnen werden wenn da einfach noch zwei zusätzliche Hände mithelfen. Mein Gedankengang war halt, lieber vom weniger ausgebildeten Leuten unterstützend kontrolliert als überhaupt nicht. Aber vielleicht habe ich da tatsächlich ein falsches Berufsbild und es muss/darf alles tatsächlich nur vom Fachpersonal kontrolliert werden.
Muss mich hier auch klar der Meinung von cooper75 anschließen. Die Qualität der Kontrollen würde mit den von dir hier vorgeschlagenen Regelungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit leiden. Es mag schon stimmen, dass nicht so hoch qualifizierte Personen hier den Lebensmittelkontrolleuren zuarbeiten können, aber dies geschieht sicherlich bereits in genügendem Ausmaß. Die betreffenden Behörden müssen ja ein genaues Auge auf ihre Budgetierung haben und diese Maßnahmen werden im Normalfall zur Gänze ausgenutzt solange die Qualität der ausgeführten Arbeiten darunter nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.
Nur so als Beispiel: Die Art der Probenentnahme entscheidet über das Ergebnis. Lebensmittelkontrolleure haben regelmäßig Fortbildungen nur für den "Pipifaxbereich" Beprobung von Arbeitsflächen zur Feststellung der allgemeinen Hygiene.
Denn die Auswahl der Fläche und des geeigneten Testverfahrens ist nicht so simpel. In der Fleischverarbeitung ist das etwas anders. Da gibt es amtliche Fachassistenten, die dem Amtsveterinär zuarbeiten. Aber das ist die Probenentnahme sehr gleichförmig. Das sieht in der Pizzeria an der Ecke ganz anders aus. Da ist eine gereinigte Fläche mit hohem Kontaminationsrisiko nicht so leicht zu identifizieren und der Untergrund und damit das passende Testverfahren steht nicht automatisch fest und ist vom Fachmann festgelegt worden.
Außerdem gibt es weitere Probleme. Erstens ist da keine Zeitersparnis, wenn der Hauptamtliche bei einer auffälligen Probe raus muss und sich erst komplett orientieren muss, um gemeinsam mit dem Verantwortlichen die Ursache zu finden. Zweitens wird es schwierig, Betriebe zu schließen und Bußgelder zu verhängen, weil ein Ehrenamtler etwas festgestellt hat.
Du bist doch bei der Polizei. Wie sinnvoll fändest du denn da kurz geschulte ehrenamtliche Helfer in der Spurensicherung? Oder warum übernehmen Laien nicht einfach zumindest die äußere Leichenschau nach einem Kompaktkurs? Dazu steigt das Risiko der Bestechlichkeit.
cooper75 hat geschrieben:Zweitens wird es schwierig, Betriebe zu schließen und Bußgelder zu verhängen, weil ein Ehrenamtler etwas festgestellt hat.
Vermutlich hab ich mir das wirklich zu einfach vorgestellt.
cooper75 hat geschrieben:Du bist doch bei der Polizei. Wie sinnvoll fändest du denn da kurz geschulte ehrenamtliche Helfer in der Spurensicherung? Oder warum übernehmen Laien nicht einfach zumindest die äußere Leichenschau nach einem Kompaktkurs? Dazu steigt das Risiko der Bestechlichkeit.
Ja ich arbeite für die Kripo, allerdings als Schreibkraft. Ich bin also bei Spurensicherungen oder einer polizeilichen Leichenschau nicht dabei. Bei der Spurensicherung stelle ich es mir allerdings tatsächlich schwierig vor. Da könnte man ja schnell auch mal eine Spur unbrauchbar machen und das wäre gerade bei Kriminalfällen fatal.
Anhand dessen was ich bei Ablebensberichten so schreiben muss würde ich allerdings fast behaupten, dass ich nach gewissen Schulungen eine Leichenschau durchaus auch diktieren könnte - jedoch nicht wollen würde.
Dein Argument bzgl. Bestechlichkeit ist natürlich nicht zu verachten. Da hast du mit Sicherheit Recht.
Das, was du in den Berichten schreibst, kannst du natürlich innerhalb recht kurzer Zeit lernen. Aber wie oft hat man die Kripo bei einem Sterbefall, weil der Notarzt sich sicher einen natürlichen Tod feststellen kann. Und realistisch betrachtet, rutscht hierzulande wahrscheinlich jedes zweite Tötungsdelikt durch. Also Leichenschau durch Ehrenamtliche geht nicht, da brauchte man mehr Fachleute.
Und bei der Lebensmittelsicherheit sieht es ebenso aus. Wir hätten vor zehn Jahren noch 2.500 Prüfer. Bei mehr als einer Million Betriebe, die kontrolliert werden müssen, kann man sich leicht ausrechnen, dass die selbst ohne Nachkontrollen und Hinweise, die Routinearbeit nicht schaffen können. Heute sind es bundesweit 1.000 Mitarbeiter weniger. Nur ist die Arbeit nicht weniger geworden. Daher plant unsere allwissende zuständige Ministerin, die Zahl der Kontrollen zu reduzieren. Dann lesen sich die Jahresberichte wieder besser.
Das geht übrigens schon los, bevor das Tier zum Lebensmittel wird. In Baden-Württemberg wird ein Nutztierstall aufgrund der fehlenden Amtsveterinäre nur alle 20 Jahre nach EU-Richtlinie kontrolliert. Und das ist gar nicht so übel, in fünf Bundesländern sind die Abstände noch größer. In Bayern kommt statistisch betrachtet nur alle 50 Jahre ein Amtstierarzt auf den Hof.
An dem Punkt ist die Lebensmittelsicherheit schlichtweg nicht gegeben. Und wenn der Tierarzt es doch auf den Hof schafft, sind ihm oft die Hände gebunden. Denn die Sache hat zwei Haken. Findet er abartige Zustände und möchte die Tiere abtransportieren oder notschlachten lassen, muss er die Mittel aufbringen und hat in der Regel kein Budget dafür. Außerdem untersteht er dem Landrat und ist weisungsgebunden. Und die Weisung ist oft Wegsehen.
Wieso sollte das jemand ehrenamtlich machen? So spannend ist das ja nun auch nicht. Außerdem bezweifle ich, dass man nach einer kurzen Schulung die nötige Fachkenntnis hat oder über Spezialgeräte verfügt um einen Pudding auf Mikroplastik, Schadstoffe oder Bakterien hin zu untersuchen.
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