Warum fühlen sich immer mehr junge Menschen einsam?

vom 22.12.2019, 15:29 Uhr

Einsamkeit ist beileibe kein Phänomen, was nur älteren Menschen vorbehalten ist und neueste Studien belegen, dass sich immer mehr junge Menschen oftmals auch einsam fühlen. Jede(r) fünfte Befragte gab sogar an, dass man keinerlei Freundschaften pflegen würde. Ich finde das schon einen etwas erschreckenden Trend, aber was könnten denn die Ursachen dafür sein? Habt ihr auch schon solche Feststellungen machen können und welche Erklärungen habt ihr denn dafür?

» baerbel » Beiträge: 1517 » Talkpoints: 601,73 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Mich verwundert das eigentlich nicht so stark. Ich hatte auch bis vor wenigen Jahren keine Freunde und die, die ich jetzt habe, habe ich nur dadurch kennengelernt, dass ich aktiv online nach Freunden gesucht habe. Im realen Leben haben sich keine Freundschaften ergeben, obwohl ich nie groß Hemmungen hatte, andere anzusprechen. Es gab Kollegen auf Arbeit, mit denen ich mich verstanden habe, aber sobald die oder ich dort nicht mehr gearbeitet haben, war auch der Kontakt vorbei oder man schrieb ab und an, mehr aber nicht.

Ich finde es total schwer, auch in Vereinen etc. Freunde zu finden. Denn die Leute waren nett, so lange man immer zum Verein gegangen ist und gewissermaßen ein äußerer Rahmen da war, aber eine private Freundschaft ist dabei nie entstanden. Manchmal hatte ich den Eindruck, das möchten die anderen nicht, weil die z.B. schon genug Freunde hatten oder einfach das Interesse nicht da war. Manche kommen dann auch mit Sätzen wie "Freundschaft muss sich ganz langsam entwickeln" und da kann man dann ewig warten. Wie es manche Leute machen, dass sie nicht nur einfach mit anderen in Kontakt kommen, sondern daraus auch leicht stabile Freundschaften entwickeln können, weiß ich nicht. Dass das Problem aber offenbar weit verbreitet ist, wundert mich nicht.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich glaube es ist generell schwerer im Erwachsenenalter neue Freunde zu finden. Wenn ich mir meinen Freundeskreis anschaue, dann sind da viele Leute, die ich aus der Schulzeit oder dem Studium kenne und wenige, die ich danach kennengelernt habe. Natürlich lerne ich relativ regelmäßig neue Leute kennen, aber es sind halt eher wenige, die dann irgendwann von Bekannten zu richtigen Freunden werden.

Vielleicht tut man sich in der deutschen Kultur auch mit dem Freundschaftsbegriff ein bisschen schwer. In anderen Ländern habe ich das Gefühl, dass man da sehr viel großzügiger ist wenn es um Freundschaften geht.

Wenn Erwachsene keinen Freundeskreis haben, liegt das also vielleicht daran, dass sie sich in der Jugend und als junge Erwachsene keinen Freundeskreis aufgebaut haben oder, dass die Freundschaften vielleicht nicht gehalten haben. Es ist ja nicht selten, dass eine Freundschaft mit der Zeit einschläft wenn nach dem Abschluss von Schule oder Studium Gemeinsamkeiten wegfallen und man vielleicht auch in eine andere Stadt zieht und sich nicht mehr regelmäßig sehen kann.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



"Immer mehr junge Leute" finde ich als Studienergebnis etwas vage. Ich habe schon von Umfragen unter "jungen Leuten" um die 30 gelesen, und deren Lebensumstände sind im Schnitt doch etwas anders gelagert als bei "jungen Leuten" um die 17. Und "immer mehr" kann auch einen Anstieg um fünf ebenso wie um 50 Prozent bedeuten. Und dazu kommt noch "verglichen mit wann"?

Ich ziehe als Vergleich gerne die Lebenswirklichkeit meiner Großeltern heran, die in ein- und demselben 1000-Seelen-Dorf ihr ganzes Leben verbracht, hart als Kleinbauern gearbeitet und etliche Kinder großgezogen haben. Die hatten wohl vor allem keine Zeit für Einsamkeit, das soziale Netz hat sie getragen, die Männer hatten das Wirtshaus und die Frauen mussten sich wohl oder übel gegenseitig helfen, wenn der Angetraute mal wieder das bisschen Geld versoffen hat. So lang ist die Sorte Leben noch nicht her, in der man schon aus Mangel an Alternativen irgendwie zusammenhalten musste.

Und dass heute das Leben der allermeisten Menschen ganz anders aussieht, ist schon angesichts der viel größeren Mobilität und dem schwindenden Einfluss der sozialen und religiösen Kontrolle offensichtlich. Das hat natürlich auch Vorteile: Ich fühle mich lieber Sonntag nachmittag manchmal einsam, als dass ich von meinem Gartenzaun aus das Haus meiner Eltern, meiner Schwester, meines Onkels und des Pfarrers sehen könnte und das ganze Dorf wüsste, dass mir der Apfelkuchen angebrannt ist. Aber dass sich heute jeder mehr um seinen eigenen Kram kümmert und auch reichlich damit zu tun hat, hat eben auch Nachteile.

» Gerbera » Beiträge: 11310 » Talkpoints: 47,17 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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