Kann man durch Rückgabe von Ehrungen ein Statement setzen?

vom 07.12.2019, 13:07 Uhr

Immer wieder liest man von Personen die ihre Ehrung/Auszeichnung aufgrund anderer Vorfälle zurückgeben wollen. Mit dieser Aktion möchten sie nicht nur leise protestieren sondern ein klares Statement setzen. So auch Jürgen Müller aus Bayern.

Jürgen Müller will seine im Jahr 2007 erhaltene Lebensretter-Medaille an den Freistaat Bayern zurückgeben. Der 55-Jährige hatte bei einem Unfall ein Mädchen gerettet. Beim Kanufahren auf dem Fluss Regen waren Eltern mit ihren Kindern unterwegs - unter einer Brücke geriet ein Kanu bei Hochwasser in einen Strudel und kenterte. Er rettete das Mädchen während ihm dabei fast selbst die Kräfte verließen - der Vater ertrank.

Die Berichte von ertrinkenden Flüchtlingen im Mittelmeer bewegen Jürgen Müller deshalb in ganz besonderer Weise. Er weiß, wie sich der Überlebenskampf anfühlt und auch wie es sich anfühlt, ein Menschenleben durch Ertrinken zu verlieren. Die Medaille in seinem Schrank fühle sich immer inzwischen immer falscher an:

Ich bekomme eine Ehrung dafür, dass ich jemanden rette. Und andere Leute, die versuchen Menschen zu retten, werden kriminalisiert und behindert bei ihrer Arbeit. Das ist für mich ein Widerspruch, den ich nicht verstehe.

Er schrieb einen Brief an Herrn Markus Söder - Ministerpräsident aus Bayern - und appelliert dafür die Rettung von Flüchtlingen aus Seenot aktiv zu unterstützen. Ebenfalls fände er es wichtig, die Ursachen von Flucht mehr zu beleuchten.

Aus der Bayerischen Staatskanzlei heißt es dagegen bisher nur, dass es nicht üblich sei eine Lebensretter-Medaille zurückzugeben und dies auch nicht im Gesetz geregelt sei. Es steht Herrn Müller aber frei, die Medaille per Post an die Staatskanzlei zu schicken.

Was haltet ihr davon, wenn Personen ihre Ehrung aus Protest zurückgeben? Kann damit tatsächlich ein Statement gesetzt und etwas bewirkt werden oder werden solche "Aktionen" nicht wirklich ernst genommen, belächelt und verlaufen schlussendlich eh nur im Sande?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Von dem Blickwinkel der hier geschildert ist, finde ich dies sehr ehrenvoll. Seine Handlungen entsprechen dem was er für richtig hält. Die Debatte, dass NGO's und Rettungsaktionen kriminalisiert werden ist für mich nur lächerlich. Wie beschrieben wurde passt dies nicht zusammen. Es scheint fast so als würden manche Menschenleben mehr zählen als andere.

Definitiv muss in diesem Fall jemand zur Rechenschaft gezogen werden, doch nicht die Menschen die Leben retten, sondern die Menschen welche sie in diese Lage gebracht haben. Es muss früher abgefangen werden und das funktioniert nur, wenn sie keinen Grund zum Fliehen mehr haben.

Zur eigentlichen Frage zurück, ja es ist ein Statement definitiv, wie sehr es Beachtung finden wird sei dahin gestellt. Doch für den Betroffenen selbst ist es wahrscheinlich ein Gefühl, dass man etwas tut. Nicht nur schweigt und es einfach akzeptiert. Ein Mittel des Protestes auf friedvolle Art und Weise. Ich hoffe viele andere Menschen finden Mittel und Wege auf so eine Art ein Statement zu setzen und den Worten auch Taten folgen zu lassen. Wir haben hier noch einen langen weg vor uns.

» TinaPe » Beiträge: 471 » Talkpoints: 23,45 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Hier geht es doch nicht darum, dass die bayerische Regierung höchst wahrscheinlich kein Rettungsschiff finanzieren wird, nur weil der Herr Müller seine Medaille zurückgibt. Aber der Herr Müller hat eben persönliche Wert- und Moralvorstellungen und versucht zumindest, seine Handlungen danach auszurichten. Ob dadurch konkret etwas "bewirkt" wird, ist erst mal zweitrangig.

Es ist ja auch ein klassisches Beispiel von Heuchelei und Doppelmoral, dass ein einzelnes ertrinkendes Kind eine Tragödie ist, Dutzende dagegen eine Statistik, nur weil sie keiner mit Namen kennt und ihnen beim Ertrinken zusieht. Ich kann völlig verstehen, dass jemand damit nichts zu tun haben will. Weitere Beispiele gäbe es schließlich genug.

Wenn ich zum Beispiel Umweltschutz als persönlichen Wert hochhalte, kann ich als integerer Mensch mit Wertvorstellungen kaum in einem Braunkohlekraftwerk arbeiten, wenn ich mir eine Alternative leisten kann. Deswegen wird natürlich das Kraftwerk nicht schließen, aber es ist ja auch bescheuert, nur dann dem eigenen Gewissen zu folgen, wenn globale Konsequenzen garantiert sind.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich finde diese Haltung super konsequent. Er kann nicht damit leben so einen Preis zu haben und will ein Zeichen setzen, Stellung beziehen. So etwas ist doch vollkommen okay, allerdings sollte einem auch bewusst sein, dass man nur ein kleines Licht ist und keine Auswirkungen auf politische Entscheidungen und so weiter hat. Außerdem wird man wohl kaum Anhänger seiner Meinung finden nur weil man einen Preis zurückgegeben hat. Jedoch ist es wichtig zu seiner Meinung zu stehen und das macht der Mann eben. Ich finde sein Verhalten richtig, wobei es auch jeder für sich entscheiden muss.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



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