Menschen, die nicht mehr aufhören zu reden
Ich begegne oft in meinem Beruf Menschen, die nicht mehr aufhören zu sprechen und auch nicht merken, wenn man schon lange etwas anderes zu tun hat, als das Gespräch noch weiter fort zu führen. Auch wenn man so Floskeln einfließen lässt, wie zum Beispiel, ich muss jetzt noch dies und das machen, sprechen die Leute einfach weiter.
Es geht mir auch bei diversen anderen Personen in meinem Umfeld so, dass sie einfach nicht wissen, wann ein Thema zur Genüge schon diskutiert worden ist und wann man einfach einen Schlussstrich drunter ziehen sollte. Ich weiß auch nicht, wie ich mit solchen Menschen umgehen sollte.
Bei manchen Leuten verstecke ich mich sobald ich merke, dass diese im Anmarsch sind und denke mir, dass es gut so läuft. Was unternehmt ihr gegen Menschen, die nicht mehr aufhören zu sprechen und so richtig aufsässig sind?
Ich habe zwei Personen in meinem Alltagsumfeld, auf die diese Beschreibung sehr treffend passt. Eine davon ist meine direkte Nachbarin im Haus, in dem wir unsere Wohnung haben; die andere ist eine Arbeitskollegin. Beide arbeiten sich schnell in einen Redeschwall hinein, in dem sie dann von einem Thema auf das nächste kommen und kaum mehr einzugrenzen sind. Entweder, man kommt gar nicht zu Wort, weil sich einfach keine Lücke im Text ergibt, oder aber jede Antwort, die man gibt, wird als Ansatzpunkt für eine weitere logorrhöische Flutwelle genutzt.
Zum Teil habe ich es ehrlich gesagt auch schon so gehandhabt, dass ich den beiden ausgewichen bin, wenn ich keinen Nerv oder auch einfach keine Zeit für ein langes Gespräch hatte. Natürlich fühle ich mich dabei immer etwas schäbig, denn im Grunde sind beide Personen wirklich herzensgute, liebenswerte und durchaus auch interessante Menschen, mit denen man sich vortrefflich lange und tiefgründig unterhalten könnte, wenn es denn in den Plan passen würde.
Leider habe ich aber auf der Arbeit keine Stunde Zeit für ein Schwätzchen und begegne meiner Nachbarin in aller Regel dann auf dem Flur, wenn ich entweder gestresst von der Arbeit komme und noch einen Berg an Pflichten zuhause vor mir habe, oder wenn ich die Wohnung verlasse, um zu einem Termin zu gehen, wobei ich auch zeitlich unter Druck bin. Da nervt es mich dann einfach, wenn ich aufgehalten werde.
Ich handhabe es immer so, dass ich sage ich würde keine Zeit haben und dann auch einfach losgehe. Entschuldigen kann man sich auch im Gehen und das macht dann deutlicher, dass das wirklich keine Ausrede ist, sondern man keine Zeit hat. Ansonsten sage ich auch, dass ich nun einfach keine Zeit habe mich lange zu unterhalten und ich mich durchaus auf das nächste Mal freue, es jetzt aber nicht geht.
Wenn das alles nicht verstanden wird gehe ich den Leuten auch eher aus dem Weg, was anderes kann man dann ja auch nicht mehr machen. Im privaten Umfeld habe ich einen Kumpel, der sich immer beim Verabschieden schwer tut, da erzählt er dann hier nochmal eine Geschichte und da noch mal etwas Witziges und scheinbar möchte er dann einfach nicht aufhören etwas zu erzählen, aber so ist er einfach und das ist auch okay, weil man dann in der Regel auch Zeit hat, was aber in sonstigen Bereichen nicht immer der Fall ist und dann muss man das auch klar kommunizieren.
Ich schalte in solchen Fällen meistens früher oder später auf Durchzug. Im Büro, wo es kaum ein Entkommen gibt, arbeite ich einfach weiter und gebe einsilbige, desinteressierte Antworten an der falschen Stelle, wie ein gelegentliches "hm", oder "soso". Man möchte meinen, dass die Labertaschen das irgendwann merken und beleidigt sind, aber bei der einen speziellen Kollegin halte ich es schon seit fünf Jahren so, und sie redet immer noch munter auf mich ein.
Diese Sorte Leute kümmert sich gar nicht darum, ob man ihnen zuhört und umgekehrt hören sie auch nicht zu. Ich bin für sie einfach nur ein Empfänger für ihre Schallwellen, und entsprechend verhalte ich mich auch. Privat hängt es von der Situation ab. Wenn ich weiß, die Person hat sonst wenig Ansprache und ich habe entsprechend Zeit, erdulde ich die Monologe. Wenn ich dringend wohin muss oder will, gehe ich einfach. Höflichkeit ist ja schön und gut, aber ich habe meine Zeit auch nicht gestohlen.
Ich hatte auch über mehrere Jahre so einen Nachbarn. Er war sehr von sich selbst überzeugt und hatte auch sehr viel zu erzählen. Eigentlich fand ich die Familie (insbesondere die Kinder) sehr nett, aber auf Dauer bin ich ihm immer mehr aus dem Weg gegangen. Er hat sehr oft an unserer Wohnungstür geklingelt, aber wenn wir ihm geöffnet haben dann konnten wir davon ausgehen, dass wir mindestens eine halbe Stunde in ein Gespräch verwickelt wurden. Da half es auch nichts, wenn wir gesagt haben wir müssen los, das Essen sei im Ofen oder wir müssten auf die Toilette.
Eigentlich bin ich ein sehr offener und ehrlicher Mensch aber hier wussten wir uns nicht mehr ohne Tricks zu helfen. Zum Beispiel hat dann mein Partner mit dem Handy unser Festnetz angerufen und behauptet meine Mama wäre am Telefon und müsse mich dringend sprechen oder wir haben die Türe erst gar nicht aufgemacht obwohl wir zu Hause waren. Wenn wir ihm zu selten geöffnet hatten dann ist er mir sogar in den Supermarkt hinterher gelaufen und hat mich dann mitten im Einkauf bequatscht. Eine desinteressierte Haltung hat ihn wenig interessiert.
Ich kenne auch noch andere Personen die gerne und viel reden aber keiner war so hartnäckig wie mein Ex-Nachbar. Bei den meisten hilft es, wenn man ein bis zwei Schritte los läuft, dringend auf die Toilette muss oder mehrfach erwähnt dass man jetzt wirklich keine Zeit mehr hat.
Ich kenne leider auch solche Kandidaten, vor allem in der Familie. Hier ist es besonders schwer sich aus dem Staub zu machen, erst recht auf Familienfeiern. Mir ist völlig unverständlich, wie man als einigermaßen vernünftig denkender Mensch, die Hinweise von Unbehagen oder gar Fluchtwünschen nicht erkennen kann. Alle Versuche sich hier höflich loszusagen scheitern und wir sind dann meist gezwungen härtere Bandagen auszupacken.
Als unser Sohn noch kleiner war, konnte man ihn gut als Ausrede benutzen. Leider macht der sich mittlerweile ungeniert aus dem Staub und lässt uns händeringend zurück. Ich gebe zu, ich suche dann einfach ein neues Opfer, lege ein Thema vor und hetze besagte Personen auf sie. Da alle potenziellen Opfer jedoch längst mal hätten helfen können und ganz genau wissen in welcher Situation man sich da befand, hält sich mein Schuldgefühl diesbezüglich in Grenzen.
Ich muss aber dazu sagen, ich mag diese Person wirklich gerne. Es ist ein ganz lieber Mensch, weswegen ich das Gespräch auch nicht komplett meide. Es sind dann nur die endlosen Phrasen, die mich in den Wahnsinn treiben. An die meisten dieser Gespräche kann ich mich aufgrund der Belanglosigkeit nicht erinnern, aber eines wird mir für immer in Erinnerung bleiben. Ich war ein mal gezwungen mir über eine Stunde einen Vortrag über einen gewöhnlichen Stuhl anzuhören.
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