Einen Baum statt einem Grabstein - Wie findet ihr das?

vom 23.10.2019, 17:40 Uhr

Gerade wurde ich über einen Facebook-Post auf ein Projekt aufmerksam, dass ich sehr interessant finde. Die Grundsatzfrage dabei war "Was wäre wenn man statt grauen Grabsteinen Bäume auf die Gräber seiner Liebsten pflanzt?". Man würde jeden dieser Bäume pflegen, da sie symbolisch für das Leben eines Verstorbenen stehen. Für die kommenden Generationen wäre dieser Baum gleichzeitig Erinnerung an Vergangenes wie auch positiver Blick in die Zukunft.

Es gibt hierzu sogar bereits schon ein Projekt. "Capsula Mundi" ist ein Projekt zweier Mailänder Designer, die eine Urne entworfen haben, auf der ein Baum wächst. Sie wollen damit Friedhöfe schöner machen und die Sichtweise auf den Tod ändern.

Beim "Capsula Mundi" handelt es sich um einen eiförmigen Behälter aus biologisch abbaubarem Material. In diesen Behälter wird die Asche der Verstorbenen gegeben. Dieses Ei wird dann in der Erde vergraben und darauf wächst ein Baum. Der Verstorbene nährt sozusagen mit seiner Asche, die nach und nach durch Capsula Mundi in der Erde verteilt wird, ein neues Leben.

Den Baum selbst hat sich der Verstorbene dabei selbst zu Lebzeiten ausgesucht und die Familie oder Freunde kümmern sich um dessen Pflege im Anschluss. Mit dem GPS-System werden die Bäume alle kartiert, damit die Menschen den Baum des geliebten Menschen auch wirklich finden können.

Die Bestattung der Asche in der Capsula-Mundi-Urne ist in Deutschland auf einem Friedhof oder Friedwald nach Rücksprache mit der Gemeinde bereits erlaubt.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde eh, dass man was das Bestatten der Verstorbenen angeht, anfangen sollte nach Alternativen zu suchen. Nicht nur um die Friedhöfe zu entlasten, sondern auch um den Hinterbliebenen auch andere Möglichkeiten geben zu können. Inzwischen geht man sowieso eher dazu über, sich verbrennen zu lassen, zumindest ist das der Tenor, den ich immer wieder zu hören bekomme. Auch ich möchte später mal nicht in einer Kiste und die Erde verbuddelt werden. Andere Länder machen es schon sehr lange vor, dass es eben auch andere Möglichkeiten gibt. Ich finde diese Idee vom Prinzip her ganz gut, es sollte dann aber so sein, dass der Baum dann eben nicht nur auf einem Friedhof stehen sollte. Auf einem Friedhof wäre das dann irgendwann mal so, dass einfach alles zugepflanzt wäre. Man könnte zum Beispiel mal darüber nachdenken, diese Bäume auch im heimischen Garten anpflanzen zu können, da hätte man dann sogar Tag täglich die Möglichkeit seinem Verstorbenen nahe sein zu können.

In Amerika macht man grade versuche mit dem Kompostieren von der menschlichen Überreste. In dem Verfahren wird der Mensch in einem 4 Wochen andauernden Prozess kompostiert und am Ende bleiben dann 2 Schubkarren voll mit Muttererde Übrig. Die werden dann entweder ganz normal als Muttererde benutzt, oder man hat die Möglichkeit, sich diese Erde mit nach Hause zu nehmen, um dann dort Blume, Sträucher oder Bäume einzupflanzen. Die Menschen, die das für sich entdeckt haben, sagen sich, dass sie der Erde damit wieder etwas zurückgeben möchten. Auch diese Variante finde ich sehr schön. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn man meint sich die Urne mit der Asche des Verstorbenen mit nach Hause zu nehmen. Wenn es der hinterbliebenen Person wichtig ist, weil es eben der geliebte Ehemann oder die geliebte Ehefrau war, warum nicht?

Natürlich sollte es schon gewisse Regeln geben, aber ich finde, dass die Gesetze hierzulande gelockert werden sollten, um den Verstorbenen und Hinterbliebenen damit mehr Möglichkeiten zu geben auch am Ende mit der Trauer einfacher abschließen zu können. Ich finde es eh mehr als überholt, seine Verstorbenen auf einem Friedhof besuchen zu müssen, wenn man dabei zusehen kann, wie aus der Asche eines Verstorbenen nochmal Leben entstehen kann, wie zum Beispiel eben in Form eines Baumes. Das würde nicht nur viel mehr Nähe zulassen, sondern am Ende noch dafür sorgen, das noch mehr für Umwelt getan wird.

» Kodi » Beiträge: 599 » Talkpoints: 27,19 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich finde auch, dass die traditionellen Gräber mit Erdbestattung, Grabstein und Stiefmütterchen ein Auslaufmodell darstellen. Christliche Begräbnisrituale sind sowieso auf dem Rückzug, und die Zeiten sind auch vorbei, als Familien über Generationen hinweg im gleichen Dorf gewohnt haben und immer jemand da war, um das Grab zu pflegen und besagte Stiefmütterchen zu pflanzen. Selbst bei uns in der hintersten bayerischen Provinz wird Allerheiligen jedes Jahr zu einem organisatorischen Gewaltakt, weil die jüngere Generation oft weiter weg wohnt und eigens zum Graberde harken anreisen muss.

Von daher bin ich auch offen für alternative Begräbnistraditionen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie es funktionieren soll, auf einem traditionellen "Gottesacker" Bäume zu pflanzen. Da ist doch viel zu wenig Platz, und viele Gräber werden nach einer gewissen Zeit wieder eingeebnet, was auch dem Baum den Garaus machen würde. Von daher glaube ich eher, dass diese Art der Bestattung für einen Friedwald geeignet ist. Da geht es nicht so eng zu, und der Baum hat Artgenossen und bessere Wachstumsbedingungen.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich heiße es auch gut, neu über Begräbnisse, Beerdigungen, Bestattungen nachzudenken. Fragen wären wohl in erster Linie: Was hat sich der Verstorbene gewünscht? Wenn das klar ist, sollte man das von ihm Gewünschte auch ihm zu Ehren tun. Ansonsten gilt: Was können die Hinterbliebenen leisten und was finden sie angemessen?

Was mich bei all den Überlegungen dann doch oft wundert, ist die Tatsache, dass Rituale, Regeln, Formen ja auch helfen können. Schließlich befindet man sich nur allzu oft in einer Krise, wenn ein Angehöriger oder naher Freund stirbt. Wenn man dann auf Bekanntes zurückgreifen kann, ist das oft rettend. Das Rad muss man nicht neu erfinden. Problematisch wird es dann eher, wenn solche Klassiker nicht mit Herz und Authentizität gestaltet sind. Und deswegen wenden sich wohl viele Menschen von der Kirche ab. Sie kennen keine Pastoren mehr, sie wissen nicht, wie eine schöne Beerdigung gefeiert werden kann.

Ich persönlich bedauere das. Nur allzu oft habe ich schon erlebt, dass in solchen Momenten des Todes das Hinwenden zu Kirchenmenschen wieder stattfindet, wie schön, wenn dieser Kontakt dann wieder gelingt. Im Übrigen kann man kirchliche Rituale ganz wunderbar auch im Wald oder Ruheforst mit Baumpflanzen etc. verbinden. ;-)

» Kirchenbotschafter » Beiträge: 91 » Talkpoints: 21,81 »



Prinzipiell finde ich die Idee gut. So ein Baum ist ja auch wesentlich günstiger als ein Grabstein. Allerdings sehe ich in der praktischen Umsetzung Probleme. Man mietet so ein Grab ja in der Regel nur für 20 oder 30 Jahre. Was soll nach Ablauf der Zeit mit dem Baum passieren? Bleibt der stehen dann ist die Grabstelle ja unbenutzbar und die Friedhöfe sind irgendwann voll mit Bäumen, aber es fehlt dann Platz für Gräber. Einen Baum dann zu fällen fände ich aber auch traurig. Setzt ja auch wieder viel CO2 frei. Und dann liegen die Gräber ja sehr dicht beieinander. Man kann aber keine großen Bäume so dicht pflanzen.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Finde das mit den Bäumen auch eine tolle Idee, als unser Haustier damals gestorben ist, als ich ein Kind war, haben wir auch einen Baum drauf gepflanzt im garten. Und ich stimme dem zu, dass man auch berücksichtigen soll, was sich der / die Verstorbene gewünscht hat. Ich will auch nicht in einem Sarg unter der Erde liegen, finde daran ist eigentlich nichts schönes.

» Herzdame » Beiträge: 82 » Talkpoints: 13,66 »


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