Verändern Fleisch- und Wurstskandale euer Kaufverhalten?

vom 07.10.2019, 22:40 Uhr

Der Wilke Fleisch- und Wurstskandal ist ja noch in aller Munde und heute habe ich TV-Interviews gesehen und viele Leute meinten, sie würden jetzt vor allem keine abgepackte Wurst mehr kaufen. Findet ihr diese Reaktion nachvollziehbar oder doch für etwas übertrieben. Verändern derartige Fleisch- und Wurstskandale denn euer Kaufverhalten oder blendet ihr diese schnell wieder aus?

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» friedchen » Beiträge: 1313 » Talkpoints: 940,10 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Selbstverständlich finde ich diese Reaktionen der Verbraucher hinsichtlich der Veränderung ihres Kaufverhaltens nachvollziehbar. Schließlich muss man ja nicht immer selbst die Fehler machen, aus denen man lernt. Da ich keine abgepackte Wurst kaufe habe ich mich mit dem Sachverhalt allerdings gar nicht beschäftigt und auseinander gesetzt. So richtig ist mir zum ersten Mal der Appetit auf Wurst vergangen, als damals die Sache mit dem Rinderwahn aufgedeckt und publik wurde.

In diesem Zusammenhang erfuhr man schließlich, was sich alles in der Wurst befindet. Dann aß ich erst einmal für ein halbes Jahr keine Wurst mehr. Und später dann habe ich aus anderen Gründen meine Ernährung Stück für Stück umgestellt, so dass ich heute keine Wurst oder Fertigsalate mit Wurst mehr esse und somit auch nicht kaufe.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Nicht unbedingt. Schon als Kind habe ich die meisten Wurstwaren gehasst und finde das abgepackte Billigzeug bis heute unappetitlich und ungesund, weswegen ich nur sehr selten Wurstwaren kaufe. Und wenn, dann gebe ich ein bisschen mehr aus und kaufe Schinken oder ähnliches an der Frischetheke, wo man jedes Stück bis zum Stall zurückverfolgen kann.

Ich sehe das generelle Problem hinter den diversen Skandalen sowieso darin, dass immer alles noch billiger sein muss und sich die Kundschaft dann wundert, wenn sie Müll vorgesetzt bekommt. Wenn mal wieder ein "Skandal" ans Licht kommt, wundert mich das auch schon lange nicht mehr, und ich habe auch nicht den Eindruck, dass die Mehrheit der Kundschaft wirklich dauerhaft ihr Konsumverhalten alleine dadurch verändert. Zwar setzt durchaus ein Umdenken ein, aber wenn die wiederkehrenden Skandale etwas bewirken würden, würde wohl kaum noch ein Verbraucher eingeschweißte Billig-Wurst aus dem Discounter kaufen.

Dabei ist man natürlich auch nicht auf der absolut sicheren Seite, aber so viel Zeit und Muße habe ich dann doch nicht, schon zu Lebzeiten ein Bio-Schwein zu sponsern und nach der Schlachtung persönlich einzulagern. Ich setze hier darauf, dass es sich dabei um einen ländlichen Familienbetrieb handelt, der hier in der Gegend kein Bein mehr auf den Boden bekommen würde, wenn sich herumspricht, dass der Herr S. der Kundschaft Müll oder Verdorbenes angedreht hat.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera, wenn es mal so einfach wäre. Wie bei vielen anderen Dingen auch, schützen weder Frischetheken, noch Metzger vor einem Lebensmittelskandal. Wurst von Wilke kam beispielsweise auch nicht nur als abgepackte Billigware in den Verkauf. Das Zeug wurde unter anderen Namen nämlich auch munter frisch an der Theke verkauft.

Außerdem hat das Unternehmen bundesweit Vorprodukte an andere Produzenten verkauft. Durch die immer strengeren Schlachtauflagen kann kaum eine Fleischerei noch selber schlachten. In meiner Heimatstadt ist es beispielsweise schon lange Pflicht, Schweine und Rinder auf dem städtischen Schlachthof töten und zerlegen zu lassen.

Und das lohnt sich mittlerweile nicht mehr. Für die Lohnscblachtung eines Rindes fallen gut 500 Euro an. Das machen nur noch Landwirte, die das Fleisch teuer ab Hof vermarkten und kaum Metzger. Denn es ist viel billiger, die gewünschten Teile zu kaufen. Der Wettbewerb lässt wenig Spielraum. Genauso machen nur noch wenige Betriebe Wurst selbst.

Das ist ähnlich wie beim Bäcker. Traditionelle Bäcker gibt es kaum noch, weil Teige ohne Hilfsmittel zu lange gehen und nicht maschinengängig sind. Also kommen Backmischungen zum Einsatz. Und wenn man einen der wenigen Fleischanbieter findet, wo es anders läuft, braucht es ganz viel Vertrauen.

Ein früherer Landwirtschaftsminister hat viel mehr Bio-Eier verkauft, als er Nennen hatte. :whistle: Wenn ich unser Rinderviertel direkt vom Erzeuger hole, muss ich glauben, dass es von seinem Charolais und nicht aus der Metro stammt. Denn die lustigen Kennzeichungsnummern am Fleisch bringen dich nicht weiter. Du erfährst den Schlacht- und Zerlegebetrieb, aber das war es auch schon.

Und die EWG -Betriebsnummern helfen auch nicht viel. Denn die Nummer stammt vom Endprodukt. Wenn ein Wursthersteller Vorprodukte bei Wilke gekauft hat, hat der das in seinen Unterlagen, aber seine Nummer ziert das fertige Produkt. Für den Verbraucher bleibt das unklar.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



In aller Munde ist das Gammelfleisch hoffentlich nicht mehr. :lol: Das wird sicher genauso ablaufen wie bei jedem Lebensmittelskandal, die Leute finden das ganz schlimm und total eklig und beschließen nie wieder XY zu kaufen. Und irgendwann ist der Skandal dann vergessen, vor allem wenn die Alternativen deutlich teurer sind.

Ich kaufe eh wenig Fleisch und Wurst und da bleibt mir dann nichts anderes übrig als dem lokalen Metzger zu vertrauen. Ich glaube schon, dass es schwer ist Produkte komplett zurück zu verfolgen und, dass es Gesetzeslücken und so weiter gibt, aber wenn man bereit ist etwas mehr auszugeben sind die Chancen wahrscheinlich größer tatsächlich auch die Qualität zu bekommen, die versprochen wurde. Und zumindest für Wildprodukte hängt die Metzgerei hier Informationen aus über die Reviere, aus denen die Tiere kommen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Nein, mein Kaufverhalten bleibt von solchen Skandalen unbeeinflusst. Mich haben weder der Gammelfleischskandal noch das Pferdefleischdrama oder jetzt neuerdings die Wilke-Affäre vom Kauf meiner bevorzugten Produkte abgehalten. Wir konsumieren nun keine Wurstwaren im Überfluss, aber zum Frühstück und Abendbrot haben wir schon mal diversen Aufschnitt, Leberwurst, Teewurst und Fleischwurst aus dem Supermarktregal da.

Natürlich ist diese Auswahl nicht so hochwertig und nahrhaft wie Eigenproduktionen vom regionalen Metzger, aber sie schmecken uns, kosten relevant weniger und sind auch nach Feierabend noch erhältlich. Ich kann es nicht so recht nachvollziehen, mit welcher Panik Menschen einerseits auf Eklats wie diesen reagieren und wie blind und wenig hinterfragend sie andererseits in ähnlichen Situationen handeln. Weil in einem Fleischereibetrieb Hygienemängel festgestellt wurden, geht die halbe Nation automatisch davon aus, dass jedes Wurstpäckchen im Handel kontaminiert ist.

Mir kommt dabei der gegenteilige Gedanke, dass die Branche aufgrund des Dramas jetzt unter sehr viel schärferen Kontrollen stehen wird und das Risiko für Vorfälle dieser Art eher sinkt. Wer garantiert mir aber, dass Brot, Milchprodukte und Obst völlig unbedenklich und sauber verkauft werden? Und da sind wir wieder bei der Grundsatzdiskussion, ob und wie weit man sich in solche Gedanken hineinsteigern soll und welche Konsequenzen bis hin zur völlig autarken Versorgung das nach sich zieht.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Also Wurst von Wilke würde ich momentan auch nicht kaufen, wobei ich die Marke sowieso noch nirgends gesehen habe. Aber andere Wurst würde ich nach wie vor kaufen. Ich gehöre ja auch nicht zu einer Risikogruppe.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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