Wurstscheibe für Kinder an Fleischtheke unüblich geworden?

Ich kenne das aus meiner Kindheit noch, dass man an der Fleischtheke im Supermarkt oder eben mein Metzger als Kind, wenn man möchte, eine Wurstscheibe geschenkt bekommt. Heute wird das nach meinem empfinden weniger praktiziert und ich frage mich, wodurch das kommt?

Kommt es vielleicht nicht mehr so gut an bei den Eltern? Oder glauben die Fleischer, dass es nicht mehr so in diese Zeit passt? Oder beides? Wie findet Ihr das, wenn ein Kind Wurst geschenkt bekommt? Möchtet Ihr als Eltern gefragt werden oder ist es in Ordnung, dass das Kind gefragt wird?

Ich kenne das auch aus meiner Kindheit, dass man vom Metzger immer eine Scheibe Gelbwurst oder sogar eine Wiener bekommen hat. Ich glaube es liegt vielleicht an beidem. Inzwischen gibt es ja so eine "So wenig Fleisch wie möglich"-Welle und das spielt da vielleicht schon mit rein.

Andererseits finde ich auch, dass sich die Konsumgesellschaft auch verändert hat. Für mein Empfinden bekommen viele Kinder eh schon alles, was sie grad so wollen. Früher haben sich die Kinder riesig über so ne Scheibe Wurst gefreut haben.

Und wer weiß, vielleicht gibt es inzwischen ja auch andere Hygiene-Vorschriften. Heutzutage wird doch jede kleinste Kleinigkeit mit Vorschriften und Regeln belegt.

Ich habe mich als Kind immer vor Grausen geschüttelt, da ich Gelbwurst absolut nicht mochte. Von daher glaube ich nicht, dass sich "früher" alle Kinder riesig darüber gefreut haben. Im Jahr 1948 vielleicht, aber "früher" sollte man allmählich wirklich nicht mehr mit der kargen Nachkriegszeit gleichsetzen, sondern vielleicht mit den Achtzigern, als es schon die ersten Vegetarier gab.

Ich finde nicht, dass Kindern heute etwas entgeht, wenn die Gratiswurst nicht mehr angeboten wird. Fleisch- und Wurstwaren sind generell nicht mehr so modern und ich kann mir auch vorstellen, dass das Thekenpersonal einfach zu oft die Erfahrung gemacht hat, dass die Wurst sofort auf dem Boden gelandet ist, die Eltern ihnen rüde über den Mund gefahren sind, oder die verzogenen Kinder sich die Scheibe Gelbwurst in den Rachen gestopft und nach "MEHR!" verlangt haben. Alles schon erlebt. Kinder können widerliche kleine Gierschlünder sein. Also habe ich durchaus Verständnis dafür, dass diese Form der Verschwendung nicht mehr so verbreitet ist.

Bei uns im Dorf gibt es das noch, aber in der Stadt habe ich es auch schon erlebt, dass es das nicht mehr gibt. In meiner Kindheit habe ich immer Gesichtswurst geschenkt bekommen, wenn ich mit meiner Mutter zum Metzger gegangen bin. Darüber habe ich mich auch gefreut. Der Metzger bei uns fragt das Kind auch, welche Scheibe es möchte und dann bekommt man das dann auch. Ich kaufe dann auch gerne dort ein, weil ich das einfach sympathisch finde und vor allem stimmt die Qualität dort auch.

An sich kann ich mir aber schon vorstellen, warum das nicht mehr so gemacht wird. Früher haben sich die Kinder noch über Kleinigkeiten gefreut und heute ist das doch alles nichts mehr wert, da Kinder mit Spielzeugen und Belohnungen zugeschüttet werden. Ich finde das alles andere als gut und zeige meinen Kindern, dass man sich auch über kleine Dinge freuen kann. Ich finde solche Gesten beim Metzger toll, aber für mich ist es nachvollziehbar warum das oft nicht mehr gemacht wird.

An kostenlose Wurstscheiben in meiner eigenen Kindheit kann ich mich auf jeden Fall noch gut erinnern. Lustigerweise habe ich das Angebot beim Fleischer immer gerne angenommen, zuhause aber nie wirklich begeistert Wurstbrot zum Frühstück gegessen. Mittlerweile bin ich dem herzhaften Aufschnitt deutlich mehr zugeneigt, aber lange aus dem Alter für das Probescheibchen an der Theke. Da ich keine eigenen Kinder habe, kann ich auch gar nichts dazu sagen, ob die Kleinen heutzutage immer noch in den Genuss solcher Häppchen kommen, und bei anderen Kunden habe ich jetzt auch nicht neugierig gestarrt.

Ich könnte mir vorstellen, dass die nette Geste in kleinen privaten Metzgereien und Familienbetrieben noch praktiziert wird, aber an großen Supermarkt-Fleischtheken nicht mehr so große Beachtung findet. Dementsprechend würde ich die generelle Entwicklung vom kundennahen Kleinhändler zum anonymen Großbetrieb am ehesten dafür verantwortlich machen, dass die Tradition im Sande verläuft.

Das Hygienevorschriften und Ernährungsgewohnheiten auch eine Rolle spielen, ist nicht ausgeschlossen, aber ich halte diese Einflüsse eher für nachrangig. Immerhin nutzen viele Fleischverkäufer Handschuhe und kommen gar nicht in direkten Kontakt mit dem Kunden, und wer sich schon in die Schlange an der Fleischerei stellt, der wird wohl kaum ein rigoroser Gegner des Konsums der Waren sein und diese seinem Kind verwehren. Ich zumindest hätte kein Problem damit, wenn man meinem Nachwuchs ein Stück Wurst in die Hand drücken würde, sofern dieser denn eins will.

Ich wohne in einem Dorf und hier ist es durchaus in manchen Geschäften noch üblich, dem Kind eine Scheibe Wurst zu geben. Mein Sohn hat die auch immer wieder gerne angenommen und sich darüber gefreut. Allerdings ist es nicht in jedem Geschäft so.

Interessanter Weise war es sogar so, dass mein Sohn diese Wurst zu Hause gar nicht so gerne mochte. Aber im Geschäft hat er sehr gerne eine genommen. Bei uns war es in der Regel immer eine Extrawurst-Scheibe.

Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Tochter jemals irgendwo ein Stück Gratiswurst oder ähnliches erhielt. In der Öffentlichkeit konnte sie sich durchaus unauffällig und wohl erzogen verhalten, daher fiel sie vielleicht nie auf. Sie hätte sich ganz gewiss auch etwas angestellt, wenn sie das Angebot erhalten hätte. Denn Essen in der Öffentlichkeit aus der Hand gab es für sie nicht. Das hatte ich ihr von klein auf gar nicht angewöhnt.

Und Wurst ohne Brot zu essen war sie auch nicht gewöhnt. Allerdings könnte ich mir schon gut vorstellen, dass sie, wenn sie einmal auf den Geschmack gekommen wäre, die Gratisgabe vehement eingefordert hätte. Und das galt es zu vermeiden, da mir das sicher nicht zugesagt hätte. Von daher war es mir immer schon recht, dass niemand meinem Kind einfach so etwas schenken musste, nur vielleicht weil das vielleicht so üblich war.

Ich finde auch, dass diese „Wurst“ seltener geworden ist. Ich kann mich an Zeiten erinnern, wo ich früher dort stand und immer eine Mortadella oder ein Stück Fleischwurst bekommen habe. Wirklich immer, wenn ich dort stand. Das ist heute schon lange nicht mehr der Fall, wenn ich da mal Kinder stehen sehe. Finde ich schon komisch und kann mir auch gar nicht vorstellen, dass es um Unfreundlichkeit geht oder darum, dass man „etwas verschenkt“.

Oder geht es vielleicht doch um den wirtschaftlichen Aspekt? 10 Kinder am Tag eine Scheibe Mortadella macht vielleicht etwas über 100 Gramm, aber 100 Gramm Lyoner Mortadella kosten hier bei uns gut und gerne zwischen 1,90 bis 3,90 Euro. Kommt darauf an, wo wir die frisch kaufen würden. Also das von montags bis freitags und vier Wochen lang, das geht vielleicht doch ins Geld. Wenn das also wirtschaftlich der Gedanke ist, vielleicht auch nachvollziehbar.

Bei dem Stück Fleischwurst geht es ja meist um ein dickes Stück. Ein Kringel kostet bei uns locker 6 Euro ohne Knoblauch und knapp 7,90 Euro mit Knoblauch. Da gehen 4 oder 5 dicke Stücke auch ins Geld. Wenn eben dabei der wirtschaftliche Aspekt im Fokus stehen sollte. Ich verstehe das irgendwie auch schon.

Auf der anderen Seite ist es aber auch vielleicht nicht mehr erwünscht? Zumal ja jetzt so etliche Lebensweisheiten da sind. Ich mag das nicht, ich bin Moslem, ich bin gegen Schweinefleisch, ich esse nur Rindfleisch und kann ich lieber die Wurst haben usw. Vielleicht ist auch so etwas ein Grund, wieso es das nicht mehr so gibt? Ist aber nur eine Möglichkeit beziehungsweise geraten und wahrscheinlich auch schlecht geraten.