Hartz 4 - Menschenunwürdig

vom 26.05.2009, 17:19 Uhr

Also ich kann dich in einem Punkt voll verstehen. Wir waren auch mal in der Lage und wissen wie es ist. Und ich habe damals auch nach Möglichkeiten gesucht, etwas Geld zu sparen. So bin ich zu mehreren Kleiderkammern und Möbelbörsen gegangen und bin zu dem gleichen Entschluss gekommen.

Die Kleidung war verdeckt und kaputt. Da hätte mir jemand das Jugendamt auf dem Hals gehetzt, wenn ich mein Kind hätte damit herum laufen lassen und die absolute Frechheit waren die Preise. Die Kleider und Möbel werden gespendet und sind dort teurer, als wenn ich mir fast neue Sachen bei Ebay bestelle. Die wollten z.B. für einen Kleiderschrank 100 Euro haben. Ein einfacher neuer Schrank kostet aber „nur“ 75 Euro, wenn man in die Zeitung schaut. Aber bei uns waren das schlimmste die Kleiderkammern.

Das war so schockierend für mich, dass ich dort nicht mal die Sachen von meinem Sohn abgeben wollte. Ich wollte die vielen wirklich schönen Sachen ja eigentlich spenden, aber als ich gesehen habe, wie verdreckt der ganze Laden war (und das ist echt unter trieben),waren mir die lange ersparten Babysachen einfach zu schade um sie den Motten zu überlassen.

» Naffi » Beiträge: 948 » Talkpoints: -1,22 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Also ich bin allein erziehende Mutter, zweier Kinder und habe nach Abzug der Miete, Strom und Nebenkosten etwa 780 Euro. Auch nach Trennung von meinem Mann, blieb mir nichts anderes übrig, als Hartz 4 zu beantragen.

Davon muss ich aber noch Essensgeld im Kindergarten bezahlen und jeweils eine Monatskarte für mich und meinen größeren Sohn. Das sind dann auch nochmal etwas über 50 Euro für das Essen (was sich ab August verdoppelt, da dann beide Kinder im Kindergarten sind) und 69 Euro für die beiden Monatskarten für den öffentlichen Verkehr. Es bleibt nicht mehr viel übrig für 2 kleine Kinder und mich. Es werden ja ständig neue Schuhe und Kleidung gebraucht. Ein Sozialkaufhaus gibt es hier auch, bei der dort angebotenen Kleidung handelt es sich allerdings um schmutzige und alte und untragbare Kleidung. Die Möbel dort sind aber von guter Qualität, da sie oft aufgearbeitet werden, wenn es nötig ist.

Trotz alledem lassen sich mit Hartz 4 nur ganz kleine Sprünge machen. Selbst im Sommer mal ein Eis für die Kleinen muss oft gut durchdacht sein. Wenn dann noch Windeln und Kosmetik für einen kleinen Kinderpo gebraucht werden, ist an das Eis oft nicht zu denken. Ich kann ja schlecht zu meinem Sohn sagen, "sorry, aber Mama kauft dir erst nächsten Monat neue Windeln" Das sind nunmal Dinge, die kostenintensiver, aber notwendig sind. Und bei all den aufgelisteten Ausgaben war noch nichts zu Essen dabei (außer Kiga). Da ich trotz Hartz 4 wert lege, auf eine (relativ) gesunde Ernährung, ist es mit dem Geld doch sehr knapp. Dazu sei noch gesagt, dass ich Nichtraucher bin, kann irgendwie nicht verstehen, wir ein Raucher das noch schafft, der dazu noch Ausgaben dafür hat.

Ich muss noch sagen, dass ich eine körperliche Behinderung habe, daher ist es nicht einfach, eine Arbeit zu finden, die ich körperlich durchhalte. Trotzdem hält mich das nicht ab, nach Arbeit zufragen und mich vorzustellen, schließlich möchte ich meinen Kindern etwas bieten, auch mal Unternehmungen starten und ich möchte nicht immer "Nein" sagen müssen, weil es die finanziellen Mittel einfach nicht gegeben sind.

» Diana253 » Beiträge: 70 » Talkpoints: 3,66 »


Ich muss zunächst sagen, dass ich es toll finde, dass hier niemand auf den üblichen Klischees herumreitet, die es über ALG2 Empfänger gibt. ich möchte behaupten die wenigsten Menschen fühlen sich wohl von Sozialleistungen zu leben.

Ich meine aber auch, dass man nicht den Anspruch hat irgendwelche Lebensmittel von der Tafel oder Waren aus einem Sozialkaufhaus abzulehnen. Anders ist das natürlich, wenn die Sachen wirklich unzumutbar sind. Wir mussten leider auch eine Zeit auf die Tafel zurückgreifen und ich war sehr froh, dass wir diese Möglichkeit hatten. Oft gab es aber auch Schokolade oder sogar Eis. Und da muss ich sagen, ich habe dies nie in Ordnung gefunden. Ich hätte lieber etwas mehr Obst und Gemüse bekommen, aber natürlich konnte ich mir das nicht aussuchen und habe diese Sachen dann wiederum verschenkt.

Generell muss ich sagen, ist das Leben mit ALG2 natürlich nicht einfach, schon gar nicht mit Kindern, da ist es manchmal auch wirklich menschenunwürdig. Denn das Kind kann nichts dafür, wenn die Eltern nichts oder zu wenig verdienen. Gerade wenn das Kind besondere Cremes oä. benötigt, würde ich mich noch einmal an die ARGE wenden. Auch einen Arzt würde ich fragen, was man tun kann.

Anders sehe ich das, wenn man allein lebt. Man bekommt die 351 € Regelleistung und eben die Kosten für Unterkunft und Heizung. Wenn man die Möglichkeit hat einen kleinen Nebenjob zu machen, kann man 100 € Anrechnungfrei dazu haben. Wenn man nicht raucht und sich auch sonst zurückhält und seine Bedürfnisse etwas zurück stellt, kann man sich zumindest vernünftig ernähren und auch hin und wieder etwas unternehmen.

Es ist eine Frage wie man diese Problematik angeht, auf keinen Fall darf man sich völlig hängen und gehen lassen und alles tun, dass man wieder ohne staatliche Hilfen leben kann.

» SariKari » Beiträge: 371 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Oft gab es aber auch Schokolade oder sogar Eis. Und da muss ich sagen, ich habe dies nie in Ordnung gefunden. Ich hätte lieber etwas mehr Obst und Gemüse bekommen, aber natürlich konnte ich mir das nicht aussuchen und habe diese Sachen dann wiederum verschenkt.

Ich denke, es ist schwierig, sich solche, in meinen Augen, Luxusartikel vom normalen Hartz 4 Regelsatz zu kaufen. Hier gibt es gelegentlich auch Artikel die ich mir definitiv nicht leisten könnte. Wie halt Lindt- Schokolade oder Süßigkeiten von anderen hochpreisigen Anbietern. Nein das ist nicht die Regel. Und ich nehme die Sachen an sich auch gerne, da ich mir halt generell so gut wie keine Süßigkeiten kaufe. Und bevor die Firmen die wegschmeissen, finde ich es immer noch besser, sie an Bedürftige, die sich so Sachen halt nicht leisten könnten, zu verschenken. Ich kann nicht so ganz nachvollziehen, warum du sie dann verschenkst. Man kann ja auch sagen, nein will ich nicht. Der nächste freut sich sicherlich darüber.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Ich kann den beschriebenen Unmut durchaus verstehen, sehe aber auch die andere Seite.

Hartz 4 ist ja keine Dauerlösung, sondern nur ein Auffangnetz, aus dem es zeitnah einen Ausweg geben sollte. Dass das Arbeitslosengeld II nicht großzügig genug bemessen ist, um davon teurere Anschaffungen zu machen, ist logisch. Diese Übergangslösung ist dafür gedacht, Menschen zu unterstützen, die für einen gewissen Zeitraum nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Dass es für einen alleinerziehenden Menschen schwierig ist, einen adäquaten Job zu finden, der sich mit der Kindesbetreuung vereinbaren lässt, trägt dazu bei, dass diese Personengruppe stärker von Hartz 4 bedroht ist als andere Gruppen. Allerdings halte ich eine Anhebung der Hartz-4-Sätze in diesem Fall nicht für sinnvoll, da das den eigentlichen Kern verfehlen würde.

In Deutschland muss ein Umfeld geschaffen werden, das es auch Alleinerziehenden ermöglicht, einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt anzunehmen und das Kind während der Arbeitszeiten angemessen betreuen zu lassen. In den skandinavischen Ländern ist dieses Modell viel weiter verwirklicht als bei uns.

Es kann keine Lösung sein, dass Hartz 4 angehoben wird, dass sich normale Arbeit irgendwann nicht mehr lohnt. Zudem halte ich die Finanzierung eines höheren Satzes für sehr schwierig. Aber das ist nur eine Baustelle von vielen im deutschen Finanzsystem.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Also wir leben nicht von Hartz IV und unsere Einrichtung im Haus besteht bei vielen Dingen aus gebrauchten Möbeln. Die haben wir während der Bauphase und auch danach geschenkt bekommen. Und wir sind glücklich damit.

Genauso beim Einkaufen. Ich scheue mich nicht im Supermarkt dort zu gucken, wo ich die runtergesetzten Waren finde. Da kann ich nämlich wirklich Geld sparen und was stört mich da die Druckstelle am Apfel? Solange die Waren gesundheitlich unbedenklich sind, werden sie gekauft, wenn der Bedarf bei uns vorhanden ist.

Ich hab es auch schon fertig gebracht, das ich in einem Laden gezielt gefragt habe, was mit den Bananen passiert, die da unterm Tisch in der Kiste sind. Da wurde mir gesagt, das ich das Kilo für einen Euro haben kann. Na aber immer her damit. Da kenne ich keine Skrupel, wenn ich Geld sparen kann.

Was allerdings die Kosmetika für das Kind angeht. Da kann man ja gezielt mal mit dem Kinderarzt reden, ob es nicht Alternativen gibt, die man auf Rezept bekommen kann. Gibt da ja genug Sachen, wo das Möglich ist. Und dann sollte man auch bei den Windeln mal gezielt im Internet schauen. Ich hab damals die Windeln immer im Vorteilspack bestellt. Damit hatte ich, je nach Größe, 3 oder 4 normale Packungen in einem Karton. Die einzelne Packung war aber günstiger als im Geschäft.

Und weil wir immernoch nicht wissen, ob von die 850 Euro auch die Miete bezahlt werden muss. Wenn wir mal davon ausgehen, das es so ist, dann wäre eben zu überlegen, ob man nicht eine preiswertere Wohnung sucht. Bei dem Leerstand der überall herrscht, sollte man bei intensiver Suche auch was günstiges finden.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


channale hat geschrieben:Irgendwie ärgert mich, was du da sagst. Ja, natürlich, so kann man leben, sie schreibt ja auch nicht, dass sie Angst hat, zu verhungern. Aber es ging hier doch um Würde und da finde ich, es ist schon irgendwie unangenehm, für längere Zeit mit so einer provisorischen Küche und Obst mit Druckstellen zu leben.

Zumal, wenn man nicht mehr als Student in der ersten eigenen Bude wohnt, sondern alleinerziehende Mutter ist.

Also zum ersten Teil deines Beitrags: Ich verstehe nicht was so schlimm daran sein soll, wenn Obst mal ein paar Druckstellen hat. Erstens kann das auch durchaus im Supermarkt mal der Fall sein, wenn man nicht genau aufpasst und zweiens kann man die Druckstellen ja rausschneiden, wenn man sie nicht essen möchte. Wenn man das Essen dafür verbilligt oder gar kostenlos bekommt, sollte man sich wegen solchen Kleinigkeiten doch nicht so anstellen. Das Essen ist deswegen ja noch lange nicht schlecht.

Zum zweiten Teil: Warum sollte ein Student denn weniger Ansprüche haben als eine Mutter, die von Hartz 4 lebt? Wenn ein Leben unter diesen Umständen für eine Mutter menschenunwürdig sein soll, so ist dies auch bei einem Studenten, der ja auch oft mit sehr wenig Geld auskommen muss, der Fall, oder?

» vanilla87 » Beiträge: 224 » Talkpoints: 9,68 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Was das Sozialkaufhaus angeht, kann ich mir nicht vorstellen, dass dort Möbel verkauft werden die stinken oder so. Ich selbst war vor Jahren mal in der misslichen Lage und musste mir Möbel in einem "Möbelbunker" zusammen suchen. Ich fand die Sachen gar nicht schlecht. Die meisten Möbel lassen sich ja auch prima abwaschen, so dass es da eigentlich nicht zu Gerüchen oder ähnlichem kommen kann. Irgendwie müssen die Kommunen ja auch sparen und wenn es doch Leute gibt die ihre ausrangierten Möbel an so Organisationen spenden, warum sollte das nicht weitergegeben werden. Die Möbel die absolut gar nicht mehr brauchbar sind, werden auch nicht in den Verkauf kommen. Logisch kann ich dort keine nagelneuen Sachen erwarten, aber muss es denn immer was total neues sein?

Bei uns ist es z.B. so, dass auch wir gebrauchte Möbel haben und das ohne Hartz4-Empfänger zu sein. Denn nicht jeder der arbeitet verdient Unmengen.

» LadySandy » Beiträge: 89 » Talkpoints: 0,38 »


Ich bin der Meinung, dass bei Hartz 4 eine Menge im Argen liegt und an den falschen Stellen gespart wird. Ich denke da nur an die Einführung der Bedarfsgemeinschaften, die z.T. dazu geführt haben, dass Wohngemeinschaften zwischen Verwandten beendet wurden oder an die Schwierigkeiten bei der Zuerkennung von Sonderbedarf, z.B. bei privat Krankenversicherten, bei denen die Pauschalen nicht reichen, um die Kosten im Basistarif zu decken.

Ich finde aber nichts dabei, gebrauchte Möbel aus dem Sozialkaufhaus zu beziehen (mit Ausnahme von Polstermöbeln und Matratzen; das kann man aber mit guten Gründen ablehnen), gebrauchte Kleidung zu tragen (die kann man waschen; ich kaufe den größten Teil meiner Kleidung gebraucht) oder angestoßenes Obst und Gemüse zu haben, solange es nicht verdorben ist. Da kaufe ich auch oft das, was wegen äußerer Macken im Preis herabgesetzt ist.

» RopiusK » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Wenn die Manager der HRE noch Millionenboni einklagen dürfen, obwohl sie 100 Milliarden Euro Verlust gemacht haben, sollte man sich nicht scheinheilig darüber aufregen, dass jemand ein paar Euro mehr im Monat haben will. Der Regelsatz ist gerade für chronisch Kranke und Kinder ein Witz. Inzwischen zahlen wir sogar für Kinderehen, Mehrfachehen und Gefährder, ohne dass sich jemand darüber aufregt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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