50 Milliarden Euro für Aufstocker
Diese gewaltige Summe wurden seit der Einführung der Regelungen zum ALG II im Jahr 2005 an Arbeitnehmer (und auch Selbstständige) ausgezahlt, deren Einkommen allein zum Überleben nicht ausreichte. Die Tendenz: steigend. Waren im Jahr 2005 ein Fünftel der Bezieher von Leistungen zur Grundsicherung Aufstocker, so waren es im Jahr 2009 ein Drittel.
Nun wird mal wieder intensiv darum gestritten, wie dem Problem beizukommen sei. Während die einen die Hilfe in Mindestlöhnen sehen, werden diese Ansätze von anderen abgelehnt, da so mehr Arbeitsplätze verloren gehen würden und noch mehr Menschen völlig auf die staatliche Unterstützung angewiesen wären.
Davon unabhängig finde ich, dass sich auch mit diejenigen die Meldung genauer durch den Kopf gehen lassen sollten, die immer wieder von dem Hartz-IV-Empfänger sprechen. Den scheint es nicht mehr zu geben, vielmehr lassen sich etliche Arbeitgeber ihre Dumping-Löhne vom Staat finanzieren.
JotJot hat geschrieben:Während die einen die Hilfe in Mindestlöhnen sehen, werden diese Ansätze von anderen abgelehnt, da so mehr Arbeitsplätze verloren gehen würden und noch mehr Menschen völlig auf die staatliche Unterstützung angewiesen wären.
Ich mag das Argument, denn wenn man vielen der Aufstocker einen Mindestlohn zahlen würde, würde der Job natürlich wegfallen - denn Kleidung und Brötchen um die Ecke verkaufen oder Briefe austragen, sowie Haare schneiden oder Böden schrubben und was es sonst noch an geringqualifizierten Arbeitsverhältnissen gibt kann natürlich auch Ranjib in Bangladesh oder Xin Jang in Shanghai machen - die kommen dann halt jeden morgen nach Zerbst oder Meerbusch mit dem Fahrrad zur Frühschicht um Deutschen den Arbeitsplatz wegzunehmen!
Für mich gibt es nur 2 Wege raus aus der Aufstockerblase - Mindestlohn (der überall funktioniert und den es selbst bei den "Heuschrecken" gibt") oder gleich ein bedingungsloses Grundeinkommen. Letzteres würde uns sogar bei den Traumsätzen von 1.300 Euro für jeden (Linkspartei) günstiger kommen als das jetzige Brimborium und man würde die Aufstockerei komplett vom Tisch fegen, da selbstständige Aufstocker bei einem Mindestlohn außen vor wären.
Subbotnik hat geschrieben:kann natürlich auch Ranjib in Bangladesh oder Xin Jang in Shanghai machen - die kommen dann halt jeden morgen nach Zerbst oder Meerbusch mit dem Fahrrad zur Frühschicht um Deutschen den Arbeitsplatz wegzunehmen!
Wenn Ranjib mit dem Fahrrad kommt, wäre das wenigsten noch umweltfreundlich
Ich sehe das in dem Punkt recht ähnlich. Die Arbeit muss ja trotzdem gemacht werden. Sein Brot selber backen, wird wohl kaum jeder lange mitmachen und seine Haare mit dem tollen Staubsauger aus dem Fernsehen schneiden, wäre wohl auch nicht wirklich erstrebenswert.
Allerdings ist da natürlich auch die Kehrseite der Medaille zu sehen. So schön es auch ist, wenn der Friseur dann das doppelte verdient, so wird dann auch der Haarschnitt gleich mit teurer. Und schon meckern auch wieder alle rum. Im Endeffekt, müsste der Verbraucher ja nur bereit zu sein, für solche Sachen, dann auch mehr Geld auszugeben. So könnte ich ja auch sagen, ich mache eine eigene Postfirma auf, bei der ich den Angestellten, das doppelte bezahle, dafür aber die Briefe dann auch 1,10 Euro statt 55 Cent kosten. Ich glaube kaum, dass ich mit dieser Firma langfristig überleben würde.
So sehr ich es jedem wünsche, dass er einen ordentlichen Lohn bekommt, so bin ich mir bei der deutschen Mentalität doch sicher, dass daraus sofort die Diskussion entsteht, warum alles so teuer ist und warum man deswegen nicht auch selber wieder mehr Geld bekommen muss. Und sollte das irgendwann mal eintreten, dann meckern die mit den geringeren Löhnen wieder, dass die anderen so viel mehr bekommen. Ist halt ein Teufelskreis.
Klehmchen hat geschrieben:So könnte ich ja auch sagen, ich mache eine eigene Postfirma auf, bei der ich den Angestellten, das doppelte bezahle, dafür aber die Briefe dann auch 1,10 Euro statt 55 Cent kosten. Ich glaube kaum, dass ich mit dieser Firma langfristig überleben würde.
Doch, und zwar dann, wenn deine Konkurrenten gezwungen sind, den Lohn, den Du zahlst auch ihren Angestellten zu zahlen und den Wettbewerb nicht über den Lohn, sondern über die Leistung auszutragen.
Ich finde es immer sehr amüsant das hier im Land des "freien Kapitalismus" (USA), wo man unsere soziale Marktwirtschaft als sozialistisch / kommunistisch verachtet, Mindestlöhne eine absolute Selbstverständlichkeit sind. Niemand würde daran etwas ändern wollen, auch wenn viele Unternehmer meckern. Denn sie gewähren ihnen ironischerweise Schutz, eben wegen des Prinzips, dass der Konkurrent nicht aufgrund der niedrigeren Löhne besser sein kann, sondern nur in puncto Unternehmensleistung!
Und vor allem würde jeder US Unternehmer angesichts der Tatsache Sturm laufen, dass er einen Konkurrenten noch mitfinanzieren muss, der schlechter wirtschaftet als er und sich nur mit Lohndumping über Wasser halten kann. Denn genau das ist der Fall in Deutschland, dass gut laufende Unternehmen (die kein Lohndumping betreiben) schön ihre Steuern abführen (samt Angestellten) und damit indirekt diese Aufstockerei der Angestellten der Konkurrenz mitbezahlen.
Klehmchen hat geschrieben:Und sollte das irgendwann mal eintreten, dann meckern die mit den geringeren Löhnen wieder, dass die anderen so viel mehr bekommen. Ist halt ein Teufelskreis.
Naja, die mit den geringen Löhnen profitieren ja gegenseitig davon. Mindestlöhne müssten dann natürlich flächendeckend und einheitlich eingeführt werden und nicht Branche nach Branche damit es zu keiner Kaufkraftverschiebung kommt. Das Gemecker ebbt doch wie alles bei uns locker bis zum nächsten Sommerloch ab .
Inzwischen ist der Mindestlohn da. Allen Unkenrufen zum Trotz ist nichts passiert. Unsere Wirtschaft gibt es immer noch. Inzwischen wurde auch das Kindergeld erhöht. Deshalb kann man mit einem Vollzeitarbeitsplatz nun auch über die Runden kommen. Diese Entwicklung finde ich positiv.
Juri1877 hat geschrieben:Inzwischen ist der Mindestlohn da. Allen Unkenrufen zum Trotz ist nichts passiert. Unsere Wirtschaft gibt es immer noch. Inzwischen wurde auch das Kindergeld erhöht. Deshalb kann man mit einem Vollzeitarbeitsplatz nun auch über die Runden kommen. Diese Entwicklung finde ich positiv.
Wie es ist nichts passiert? Hast du die letzten Jahre verschlafen? Es ist doch genau das passiert, was in diesem Thread vorhergesagt wurde. Es wird kaum einen Arbeitsplatz kosten. Da hatten wir scheinbar recht. Aber genauso sind die Preise teilweise explodiert. Für den Haarschnitt zahle ich mittlerweile das Doppelte. Und das ist nicht durch Inflation erklärbar. Aber auch genau das haben wir hier vorhergesagt. Oder schau dir das Porto bei der Post an. Sind zwar noch nicht die hier genannten 1,10. Aber auch da ist die Hälfte des Weges schon geschafft.
Was aber eben in diesem Zusammenhang eigentlich ein falscher Schluss ist, ist der von dir, dass das jetzt total positiv wäre, weil man mit Kindergeld und einem Vollzeitarbeitsplatz über die Runden kommt. Ja, damit magst du Recht haben. Das ganze hat aber einen Haken. Denn es würde ja voraussetzen, dass zum Beispiel beim Friseur alle Vollzeit arbeiten oder dass Gebäudereinigungsfirmen nur 40 Stunden Kräfte hätten. Das widerspricht aber zumindest der Realität, die ich kenne. Damit ist das dann eben nur eine halbe Wahrheit.
Mich würde ja mal interessieren, ob es dafür auch eine Statistik gibt, die klar aussagt, ob der Mindestlohn wirklich dazu geführt hat, dass weniger Menschen auf Hilfe vom Amt angewiesen sind. Bei der Agentur für Arbeit habe ich da nur eine Statistik gefunden, die eigentlich mehr oder weniger keinen echten Effekt ausweist und seit gut 10 Jahren recht konstant 1,1 bis 1,2 Millionen Erwerbstätige aufweist, die gleichzeitig Leistungsberechtigt sind. Das würde ja im Prinzip, wenn man es ganz knapp herunter bricht, eigentlich sagen, dass in dieser Hinsicht, der Mindestlohn überhaupt nichts gebracht hat.
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