Wann ist ein Mensch für euch abgestürzt?

Ein Mensch kann ja in dem Sinne nicht selbst fliegen, aber dennoch spricht man metaphorisch oft von einem Absturz. Wann ist ein Mensch in euren Augen abgestürzt? Definiert ihr das über das gesellschaftliche Ansehen, über die Autonomie und Unabhängigkeit sowie Selbstständigkeit? Oder wie definiert ihr diesen Begriff? Seid ihr denn schon mal abgestürzt und worum ging es dabeiß

Ich sehe es so, dass man nur abstürzen kann, wenn man schon mal höher stand. Ich sehe zum Beispiel bei vielen Menschen, dass sie in ihrer Jugend gut in der Schule sind und dann auch eine Ausbildung machen. Vielleicht nicht über den ersten weg, aber es klappt oft. Doch dann verfallen viele den Drogen, es muss nicht mal etwas krasses sein. Oftmals geht es einfach nur ums Kiffen. Und es gibt Menschen, die können regelmäßig kiffen und meistern ihr Leben ganz ausgezeichnet. Ich habe aber auch schon sehr viele junge Menschen erlebt, die dann nichts mehr auf die Reihe bekommen.

Und leider ist bei vielen tatsächlich so, dass das Kiffen -und vielleicht auch das zugehörige Milieu, in dem man sich dann vielleicht zwangsläufig aufhält, dazu verleitet, auch andere Drogen aus zu probieren. Ich finde es dann besonders schlimm, wenn nur noch in den Tag hinein gelebt wird und man keine Perspektive mehr hat, außer das nächste Zeug zu beschaffen. So etwas nennen ich abgestürzt. Gegen andere Schicksalsschläge kann man leider nicht viel machen. Man kann in seinem Leben noch so viel erreichen. Es kann immer etwas passieren, dass einen aus der Bahn wirft und man abstürzt.

Ein Mensch ist für mich dann abgestürzt, wenn er mit seinem eigenen Leben nicht mehr klarkommt und es gegen die Wand fährt, beispielsweise wenn man süchtig ist und es nur noch nach unten geht und man aus diesem Sumpf einfach nicht mehr herauskommt. Wenn man sich selber überhaupt nicht mehr anstrengt und sich gehen lässt, nichts mehr macht, ist man für mich abgestürzt.

Sicherlich kann man dabei kurzfristig mal abstürzen, ein Tief haben oder langfristig und es gar nicht mehr schaffen. Man redet ja auch von abgestürzt, wenn man mal zu viel getrunken hat. Das ist dann eher ein kurzfristiger Kontrollverlust, ein schlechter Tag, ein schlechtes Einschätzen der eigenen Person und vor allem auch Fähigkeiten.

Da kommt es doch auf den Zusammenhang an. Denn bei uns spricht man auch von abgestürzt sein, wenn man bei einer Party ordentlich viel Alkohol getrunken hat und nicht mehr wirklich weiß, was passiert ist. Aber insgesamt wird diese Redewendung meist gebraucht, wenn es Mensch wirklich aus seinem gewohnten Leben langfristig raus ist.

Meist ist da vorher schon viel zu Bruch gegangen. Sei es durch einen verlorenen Job, beendete Beziehung oder eben einer Suchterkrankung. Und da kenne ich leider einige Menschen, deren Leben aus den Fugen geraten ist. Seltener schaffen es diese Menschen dann ihr Leben wieder zu ordnen.

Ich denke bei dem Begriff eher an Hollywoodstars, die im Geld geschwommen sind und sich im Glanz ihrer Berühmtheit gesonnt haben, bis Alkohol, Drogen, das Alter oder irgendwelche Skandale dafür sorgten, dass es vorbei war mit dem Glamour. Aber generell weiß ich nicht, was es mir bringen soll, mit dem Finger auf einen Mitmenschen zu zeigen und zu sagen: Der oder die ist "abgestürzt".

Denn sicher kommt es auch abseits von Hollywood vor, dass erfolgreiche und angesehene Menschen von einem Tag auf den anderen ganz schön alt aussehen, während diversen "Stars" doch der eine oder andere Exzess oder Sexskandal früher oder später verziehen wird. Aber manchmal holt dich die Vergangenheit ein, oder es kackt einfach nur ganz banal die Gesundheit ab oder die Beziehung zerbricht. Mit etwas Pech landet man dann schnell ganz unten, wie es so schön heißt.

Ich muss aber auch sagen, dass in meiner unmittelbaren Umgebung alle brav vor sich hin werkeln und zwar keiner zu Höhenflügen ansetzt, aber dafür auch niemand "abgestürzt" ist. Für eine bürgerliche Existenz reicht es in den meisten Fällen glücklicherweise doch.

Von einem auf den anderen Tag ist ein Mensch doch nicht gescheitert. Egal, ob er Promi ist oder Max Mustermann von nebenan. Solche Prozesse dauern eine ganze Weile. Wenn man jetzt die Promis als Beispiel her nimmt, dann sind es nicht immer Skandale oder Suchtprobleme. Sie leben eher schlicht über ihre Verhältnisse und verlieren den Überblick über die Finanzen.

Nimmt man dagegen den bürgerlichen Nachbarn und schließt da auch mal Suchtprobleme aus, dann stehen da meist wirklich gescheiterte Existenzen dahinter. Oftmals eine Mischung aus Verlust von Familie, Job und eventuell noch Wohneigentum. Da wird verpasst sich rechtzeitig zu kümmern. Aus Scham, Unwissenheit oder einfach nur aus Selbstmitleid. Und dann geht eben stetig Berg ab.

Im Grunde genommen ist für mich ein Mensch niemals wirklich abgestürzt. Dieser Begriff hat für mich etwas endgültiges und nach der Definition mancher habe auch ich, wie so viele bereits einen Absturz hinter mir. Das Problem ist ja oftmals, dass man dann abgestempelt wird und das halte ich für falsch.

Ich persönlich würde es eher als straucheln bezeichnen und dann gibt es da Leute, die schaffen es wieder die Bahn zu bekommen und andere nicht. Der Grund dafür kann verschieden sein. Manchen werden vielleicht durch eine Trennung die Füße weggezogen, der nächste fährt eine Firma gegen den Wind und wieder der nächste verletzt sich bei seinem geliebten Sport und kann diesen aufgrund dessen dann lange nicht mehr ausführen.