Tochter lesbisch - Vater spinnt seither rum, was tun?

vom 15.07.2019, 17:54 Uhr

Aktuell haben wir einen Fall, den wir betreuen, der wirklich so bescheuert ist. Zumindest, wenn wir die Gesellschaftsnormen, die Grundrechte und die eigentlich doch offene „Politik“ betrachten würden. Das bedeutet ja nun einmal nicht, dass dies auch von allen so gelebt wird.

Papa und Mama leben schon lange getrennt. Mama hat dem Kind auch gesagt, dass sie Papa irgendwann sagen muss, dass sie Frauen liebt. Doch die Tochter hatte wohl schon immer das Gefühl, dass er das nicht verstehen würde. Lesbisch sein ist für ihn in Ordnung, aber eben nicht seine wunderhübsche Tochter. Nicht, dass dies eine Rolle spielen würde, aber sie ist wirklich bildhübsch!

Die neue Freundin von ihrem Papa wusste auch schon von Beginn an, dass die Tochter eher dem weiblichen Geschlecht zugewandt ist. Mama hat also den Vorboten gemacht beim Papa die Botschaft übermitteln und die Tochter im Beisein der neuen Freunden dann auch nochmal persönlich.

Seither rastet der Vater jedoch regelmäßig aus. Er beleidigt besoffen gerne seine Tochter als „lesbische Schlampe“. Hat jetzt mehrfach versucht seine teilweise ebenso gut und ständig besoffenen Kumpels aller Altersklassen ihr vorzustellen, um vielleicht da sexuell etwas zu regen wie er sagt und natürlich klappt es nicht.

Nun haben sich die Mama und Tochter einfach mal aus reinem Interesse an uns gewandt, sodass wir vielleicht Tipps etc. geben können. Klar haben wir das gemacht, aber trotzdem ist das ein Thema, welches mich nicht los lässt.

Was würdet Ihr denn dem Mädel raten, wenn der Vater seither (nicht täglich, aber auch spätestens wenn er getrunken hat) derart entgleist und ausrastet? Würdet Ihr den Kontakt abbrechen, immer gehen wenn er trinkt oder wie würdet Ihr der Kleinen da was empfehlen, wenn Ihr könntet?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich denke, es ist schwer in solch einer Situation Ratschläge zu erteilen. Ich lebe selbst offen lesbisch und auch das war in der Familie nicht immer einfach. Es gibt bis heute so einige Familienmitglieder, die das mehr als kritisch sehen und bisweilen auch lauthals verkünden,

Ein Kontaktabbruch mag wohlüberlegt sein, was aber meiner Meinung nach auf jeden Fall angebracht wäre, ist eine Minimierung des Kontaktes. Es ist überaus wichtig, dass die Betroffene erst einmal Sicherheit in sich selbst und in ihrer eigenen Identität findet. Ich konnte in deinem Beitrag leider nirgends herauslesen, wie alt denn das betroffene Mädchen ist. Abhängig vom Alter ist es nämlich noch einmal besonders wichtig, dass man sie und ihr Selbstwertgefühl schützt, da sie sich eventuell in einer sehr vulnerablen Phase ihrer Entwicklung befindet und in dieser nun wirklich keine Aggressionen von Seiten des eigenen Vaters benötigt!

Ich frage mich, woher die neue Partnerin des Vaters die Information über die sexuelle und romantische Orientierung des Mädchens hatte? Besteht in diese Richtung ein vertrauensvoller Kontakt der eventuell bereit wäre, zu vermitteln? Wenn der Papa es erst seit kurzer Zeit weiß und wohl augenscheinlich auch erst als allerletzte Person erfahren hat, dann mag es sein, dass es einfach noch eine gute Weile lang dauernd wird, bis er diese Nachricht verdaut hat. Natürlich wünscht man sich vollkommene Akzeptanz und Liebe trotz oder gerade wegen der persönlichen Eigenheiten und Merkmale, die man besitzt, aber dies ist nicht immer möglich.

Man darf auch nicht vergessen, dass die Tochter wahrscheinlich längere Zeit geahnt hatte, dass sie lesbisch ist, bevor sie es auch nur gewagt hat für sich persönlich dem Ganzen einen Namen zu geben, Dementsprechend hatte sie einige Zeit um sich mit der Idee vertraut zu machen, was es heißt, eine derartige sexuelle Orientierung zu haben, Eine sehr aufregende Zeit der Entdeckung! Letzten Endes kann es aber durchaus sein, dass der Vater einfach noch hinterherhängt und am Ende doch noch anders auf das Thema zu sprechen sein könnte,

Du hast erwähnt, dass er besonders dann ausfallen wird, wenn er betrunken ist. Dies kann man auf mehrere Arten analysieren und sehen. Zum Einen sagt man, dass der betrunkene Zustand oft Hemmungen abbaut und Menschen deswegen sehr viel geneigter sind, offen zu sagen, was sie denken. Andererseits könnte man auch sehen, dass er sich sozusagen in den typischen und allseits bekannten "Stadien des Trauerns" befindet. Das klingt ziemlich schräg, ist die Tochter doch gesund und nicht tot, nicht wahr?

Als Vater hat man eine gewisse Hoffnung oder Idee im Kopf, wie das Leben des eigenen Kindes wohl so werden wird, Diese Idee ist manchmal sehr konkret oder auch sehr abstrakt und schemenhaft. Vielleicht war die Idee im Kopf dieses Vaters die, dass die Tochter eines Tages heiraten würde, Kinder bekommen und eine glückliche kleine Familie aufbauen würde. Im Moment sieht er all dies zusammenbrechen! Natürlich kann die Tochter in den heutigen Zeiten auch als lesbische Frau all dies erreichen, doch seien wir einmal ehrlich, ist das denn schon lange so der Fall? Ist man heute denn wirklich in den Köpfen der Leuten gleichgestellt?

Ich denke, dass ein gewisser Prozess der Trauer in Hinblick auf diese unterschwelligen Gedanken plausibel ist. Für das Mädchen selbst wäre es aber wohl wichtig und besser, dass sie erst einmal bei sich bleibt und eine selbstbewusste junge Frau wird, die weiß was sie möchte und sich nicht zu sehr durch verurteilende Gesten seitens des Vaters beeinflussen lässt. Ich persönlich denke, es ist noch nicht alle Hoffnung verloren sozusagen, dass das Verhalten dieses Mannes nicht noch ein ganz anderes werden wird. Ich wünsche ihr das auf jeden Fall!

» Lily » Beiträge: 173 » Talkpoints: 43,13 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Die Tochter ist 16 ½ Jahre soweit ich das jetzt noch richtig im Kopf habe. Das waren so viele Infos von Mama und Tochter, dass mir der Kopf noch förmlich knallt. Sie Tochter pflegt zur Freundin des Papas eine gute Beziehung und deswegen hat sie ihr das auch gesagt, um dort zu fragen, wie sie es am liebsten Papa sagen soll. Sie hat also schon ein wenig vorgefragt, wie er reagieren würde usw. Zumal gesagt werden muss, dass sie offenbar ein Papa Kind war, aber das ändert sich natürlich aktuell extrem.

Der Papa scheint wohl auch viele Kontakte in die rechte Milieu-Szene zu haben, was nicht das generelle Problem ist. Ihm wäre aber ein schlagender Nazi ( so die Worte des Vaters laut Mama ) lieber, der mit seiner Tochter zusammen wäre, als eine Frau. Gleichwohl er als Beispiel gegen zwei Frauen an sich nichts hat, aber eben seine Tochter nicht. Seine Tochter sie zu hübsch um lesbisch zu sein, seine Tochter darf nicht lesbisch sein, gleichwohl er nie Enkelkinder wollte und will, hat er auch keine „ordentliche“ Erklärung dafür.

Das waren so viele Infos. Ich sag ja, mir qualmt noch regelrecht die Birne. Die Tochter war sehr verzweifelt. Sie hat aber auch den Standpunkt vertreten, dass sie sich ihre Liebe, egal wie lange sie dauert, nicht von ihm kaputt reden lässt. Sie muss ihm wohl ganz klar gesagt haben, dass es ihm einen Scheißdreck anzugehen hat, mit wem sie in die Kiste springt und sie ja auch nicht das Recht hatte, etliche Frauen nach Mama scheiße zu finden, weil es seine Privatsache sei.

Mit Tipps und Ratschlägen haben wir natürlich geholfen. Aber so richtig hat man derzeit irgendwie das Gefühl, dass alles was wir sagen, nichts gutes oder schlechtes sein muss. Also man bekommt da irgendwo das Gefühl, war der Ratschlag richtig? Was hätte man sonst sagen können. Da waren wir schon etwas überfragt.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Einem Papakind hätte ich wohl dazu geraten einen Brief zu schreiben. Alle Gefühle schriftlich festhalten und dabei klar formulieren wie wichtig der Papa auch für einen ist, man aber dennoch seine Liebe und seine sexuelle Orientierung nicht verleugnen kann und auch nicht das eigene Leben aufgeben kann um zu gefallen. Die Tochter scheint jede Menge Menschen um sich zu haben, die sie lieben wie sie ist und das ist doch auch okay so. Sie sollte sich weiterhin mit denen umgeben, aber den Kontakt zum Vater würde ich auf ein Minimum reduzieren, auch wenn es schwerfällt.

Er braucht vielleicht einfach ein bisschen Zeit um zu begreifen was da los ist und die würde ich ihm auch geben. Jedoch würde ich in der Zeit nicht immer wieder die Nähe suchen, sondern Freiräume lassen und mich rar machen. Ansonsten kann man vielleicht irgendwann über sein Umfeld wieder zu ihm finden, wenn man sich mit der neuen Freundin versteht.

Letztendlich muss man sich gegen den Vater entscheiden, wenn dieser nicht bereit ist die Liebe zu akzeptieren. Allerdings muss man ihm nun auch Zeit geben, denn offensichtlich hat er sich andere Dinge für seine Tochter gewünscht und jeder weiß, dass das eine Weile dauert bis man über einen geplatzten Traum hinwegkommt.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



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