Für Verantwortung und Disziplin nicht entschuldigen müssen?
Ein Bekannter hatte sich jetzt bei seinem Schwiegervater entschuldigt, dass er etwas zu spät zu einem Termin kam. Aber er meinte, dass er zu erst noch seine Tour zu ende bringen musste. Ich weiß nun nicht genau, was er beruflich macht, aber es ging um seine Arbeit.
Sein Schwiegervater meinte dann, dass Verantwortung und Disziplin doch nichts wäre, wofür man sich entschuldigen müsste. Ich denke generell ebenso, aber es kommt sicherlich auch darauf an, worum es dabei geht. Ich würde schon sagen, dass man es da auch übertreiben und zu genau nehmen könnte. Es spielt sicherlich auch eine Rolle, wo man dabei seine Prioritäten setzt.
Meint ihr auch, dass man sich für Verantwortung und Disziplin nicht entschuldigen muss? Meint ihr, dass diese Aussage nur eine Floskel ist? Seht ihr das so? Worauf kommt es euch dabei an? Wo macht man da Unterschiede?
Ich denke, dass dies immer auch im Kontext der Situation gesehen werden muss, ob man sich für Verantwortung und Disziplin entschuldigen muss. Prinzipiell sind beides positive Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen. Sich dafür entschuldigen zu müssen, erscheint mir zunächst einmal eher sehr komisch.
Natürlich weitergedacht sieht die Sache anders aus: Wenn ich im Betrieb zusätzliche Verantwortung übernehme, die mich dazu zwingt mehr Überstunden zu machen und ich deswegen am Samstag Abend erst später zum Treffen komme, dann macht es sicherlich Sinn, sich zu entschuldigen. Aber nicht für meine Disziplin.
Die Aussage des Schwiegervaters "Für Verantwortung und Disziplin muss man sich nicht entschuldigen" ist einfach nur eine nette Art zu sagen: "Ich verstehe dich, Arbeit geht vor." Je länger ich darüber nachdenke, desto komischer finde ich die Aussage des Schwiegervaters.
ANDi27 hat geschrieben:Die Aussage des Schwiegervaters "Für Verantwortung und Disziplin muss man sich nicht entschuldigen" ist einfach nur eine nette Art zu sagen: "Ich verstehe dich, Arbeit geht vor." Je länger ich darüber nachdenke, desto komischer finde ich die Aussage des Schwiegervaters.
Die Aussage des Schwiegervaters ist nur eine Höflichkeitsfloskel, damit der Schwiegersohn kein schlechtes Gewissen bekommt, weil er sich verspätet hat. Nicht mehr und nicht weniger. Gerade wenn von einer Tour die Rede ist, dann wird der Schwiegersohn vermutlich ein Fahrzeug führen müssen und da kann man nicht mal eben den Blick von der Straße auf das Smartphone lenken und eine Verspätung bekannt geben oder dass der Termin vielleicht verschoben werden muss.
Ich sehe die Aussage des Schwiegersohnes als Entschuldigung wegen der Verspätung und vielleicht sogar, weil er sich schuldig fühlt, den Schwiegervater versetzt zu haben. Der Schwiegervater lässt nur diese Floskel vom Stapel, damit der Schwiegersohn sich nicht schlecht fühlt und fertig. Ich würde da nicht so viel reininterpretieren und jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Für mich handelt es sich auch um nichts weiter als eine Höflichkeitsfloskel. Wenn meine Cousine zu spät kommt, weil ihr Baby noch ein dringendes Bedürfnis hatte, sage ich ja auch nicht, dass Mutterschaft und die Tatsache, dass man mit drei Monaten noch nicht alleine essen kann, keine Entschuldigung für Unpünktlichkeit darstellen. Ja, ich denke es noch nicht einmal.
Überhaupt bin ich der Meinung, dass man sich für so ziemlich alles entschuldigen kann oder auch nicht. Es ist in vielen Fällen möglich, ein Szenario zu konstruieren, in dem an sich lobenswerte Eigenschaften und Tugenden ins Negative verkehrt werden können. Beispielsweise kann jemand mega-diszipliniert jeden Tag ins Fitness-Studio gehen, war aber dafür noch nie bei einem Fußballspiel oder einer Tanzaufführung seiner Kinder. Oder jemand ist im Job total verantwortungsbewusst, sprich, macht unzählige Überstunden und ruiniert sich die Gesundheit.
Es kommt wie so oft vor allem auf den Blickwinkel und die eigenen Prioritäten an. Ich selber stehe den klassisch-preußischen Tugenden zum Teil schon reichlich skeptisch gegenüber: Pünktlichkeit und einen gewissen Ordnungssinn finde ich gut, aber ein Übermaß an Disziplin, Zielstrebigkeit und Emsigkeit erscheint mir persönlich schon eher anstrengend als sinnvoll.
Ich verstehe nicht wirklich, was du damit sagen willst. Natürlich entschuldige ich mich wenn ich zu spät komme und es ist völlig egal warum. Der andere kann doch nicht wissen ob ich einfach nur verpennt habe oder ob wie heute Morgen meine Straßenbahn einen Unfall hatte oder ob ich einen ganz ganz wichtigen Job, von dem das Schicksal der Menschheit abhängt, zu Ende bringen musste.
Natürlich wird der andere für den weltbewegenden Job Verständnis haben, aber eben nur wenn ich ihm das vorher erklärt habe, also MUSS ich mich doch erst mal entschuldigen für meine Verspätung, oder?
Sich dafür zu entschuldigen, dass man zu spät kommt, hat für mich etwas mit Respekt dem Wartenden gegenüber zu tun. Das hat nichts mit „Verantwortung“ übernehmen, sondern man macht es aus Höflichkeit einfach. Wenn ich als Begründung einwerfe, dass die Arbeit heute etwas länger ging, finde ich das vollkommen in Ordnung und normal. Wir reden doch hier nicht von einen grauenhaften Fauxpas, aber man entschuldigt sich eben.
Natürlich würde ich sagen, wenn du länger arbeiten musstest, kannst du doch nichts dafür. Doch trotzdem ist doch eine Entschuldigung erst einmal höflich und respektvoll. Man wartet schließlich und ich kann ja auch nicht riechen, dass derjenige heute länger arbeiten musste. Das weiß ich ja vorher nicht. Ich schaffe es manchmal auch nicht pünktlich, weil ich auch in Notfällen erreichbar bin.
Ich entschuldige mich, wenn ich wirklich mal zu spät komme, auch immer. Egal, ob ich länger arbeiten musste, länger auf dem Pott gesessen habe, die Bahn zu spät kam oder irgendwas. Ich entschuldige mich immer und wenn ich eine Begründung wie Arbeiten geben kann, dann nenne ich die natürlich auch. Das ist doch vollkommen normal und hat für mich etwas mit Freundlichkeit sowie Höflichkeit und Respekt zu tun. Das kenne ich so einfach nicht anders.
Natürlich ist die disziplinierte Arbeit eines Menschen als Entschuldigung in Ordnung. Aber nehmen wir mal meine Ex-Freundin. Die kam grundsätzlich zwischen 30 Minuten und 120 Minuten zu spät. Das hat mich dermaßen von angepisst. Die Gründe waren, zu spät aufgestanden, zu lange beim duschen und schminken gebraucht etc. Das hat mich total genervt, weil ich denke, dann mach das alles früher oder sage keine Uhrzeit. Ich kann da auch ganz ungehalten werden.
Was meint ihr, wie oft ich 90 Minuten in der Stadt saß, es dann angefangen hat, aus Strömen zu gießen und die hatte noch gemeint, sie geht nochmal duschen, schminkt sich nochmal und zieht sich dreimal um. Da wäre ich fast ausgerastet. Da werde ich wirklich ungehalten.
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