Problematisch behinderte Mitarbeiter zu kritisieren?
Ich habe heute auf Arbeit eine Unterhaltung zwischen meiner Chefin und einem meiner Kollegen mitbekommen. Es handelte sich bei dieser Unterhaltung konkret um eine der Sekretärinnen. Wir haben im Institut insgesamt 3 Sekretärinnen, die aber nicht alle drei Vollzeit angestellt sind. Eine von diesen Sekretärinnen ist körperlich behindert und blind. Sie hat dann auch einen speziellen Computer, der auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist, dass sie trotzdem arbeiten kann.
Sie sollte kürzlich eine Excel-Tabelle bearbeiten und diese Datei dann an meinen Kollegen und an meine Chefin gleichzeitig schicken, wenn diese Aufgabe erledigt ist. Das hat sie dann auch getan, wobei sie aber meine Chefin ausgelassen hat und nur mein Kollege diese Mail bekam. Auch hat sie sich nicht an die vorgegebene zeitliche Frist gehalten, sondern überzogen. Bei der Durchsicht der Datei meinte dann mein Kollege, dass die Excel-Tabelle "katastrophal" wäre. Er musste die komplett neu bearbeiten, weil die Sekretärin nicht da war. Er meinte auch, dass da sehr viele grob fahrlässige und schwerwiegende Fehler drin waren. Meine Chefin fand es auch ziemlich frech, dass sich nicht mal entschuldigt worden ist, dass die Datei nicht rechtzeitig fertig geworden ist und dass sie eben beim Senden vergessen worden ist.
Jetzt wurde diskutiert, wie man der blinden Mitarbeitern am besten sagen sollte, was sie falsch gemacht hat und was sie bitte beim nächsten Mal beachten sollte. Meine Chefin meinte dann auch, ob mein Kollege das nicht machen könnte, weil sie eben annimmt, dass das direkt als Angriff gewertet wird, wenn der Chef dann zum Gespräch bittet. Ist es grundsätzlich problematisch behinderte Mitarbeiter zu kritisieren oder hängt das eher vom Charakter statt der Behinderung ab?
Der Ton macht die Musik und die richtige Wortwahl. Es gibt Menschen, die können sehr konstruktiv kritisieren. Ich bin der Meinung, dass diese Mitarbeiterin, ob eingeschränkt oder nicht, trotzdem auf Fehler hingewiesen werden muss. Sonst macht sie die beim nächsten Mal ja wieder. Sie nicht zu kritisieren ist grob fahrlässig, vor allem, wenn sie etwas wichtiges zu bearbeiten hat.
Gesunde Menschen würde man ja genauso auf die Fehler aufmerksam machen. Da gibt es auch verschiedene Wege, dies zu tun und man sollte das eben konstruktiv machen. So auch bei dieser Kollegin. Und sicherlich war ihre Behinderung bei der Einstellung bekannt und sicherlich hat man ihr dann auch gesagt, wie sie zu arbeiten hat.
Fristen sind nicht umsonst da, sondern einzuhalten. Und genau das sollte man der Mitarbeiterin auch sagen. Für sowas kann es Verwarnungen oder Abmahnungen geben.
Ich finde es gemein, wenn man behinderte Menschen immer anders behandelt als "gesunde" Menschen. Ich meine einem anderen Mitarbeiter würde man doch auch sagen, was einen stört und was dieser besser machen sollte und so sollte man es auch bei dieser Person machen. Immerhin sollte sie nicht anders sein, sondern Teil des Teams. Sonst fühlt sie sich ja auch nicht als Teil der Gruppe und kann ihre Fehler ja auch nie ausbessern und wird sie deswegen immer wieder genauso machen.
Sagen sollte man das immer. Aber man sollte auch genau schauen, für was bzw. für welche Aufgaben diese Frau angestellt wurde. Gehört das alles in ihr Aufgabenbereich und darf sie laut Vertrag als blinder behinderter Mensch auch Terminsachen erledigen? Ich kenne das aus einem Betrieb in dem ich gearbeitet habe, dass Behinderte einen gesonderten Vertrag hatten und weder Terminsachen noch Akkordarbeit durften von ihnen erledigt werden. Wenn diese Frau gar keine Terminsachen machen darf, weil es vielleicht mit ihrer Behinderung gar nicht erledigt werden kann, dann ist das schon wieder hinfällig.
Und dass die Frau eben der Chefin das nicht geschickt hat, kann ein Versehen gewesen sein auf das man sie Aufmerksam machen kann, aber nicht durch ein formelles Gespräch. Aber es sollte auf jeden Fall durch die Chefin und nicht durch irgendeine Angestellte gesagt werden.
Ich sehe es ebenfalls so, dass der Ton die Musik macht und sachliche konstruktive Kritik kann man immer anbringen, egal ob an jemanden gesunden oder an jemanden mit einer Behinderung. Man muss es nicht ins persönliche ziehen und ihr mitteilen, dass sie Blind ist und deswegen nicht für diese Aufgabe geeignet ist und am besten direkt den Job aufgibt und sich vor die nächste Bahn wirft.
Dennoch kann ich den Kollegen nicht verstehen. Er hat es auch nicht geschafft als gesunder Mensch sich an die Fristen zu halten und seinem Job nachzukommen und entsprechende Dinge bereits in die Wege zu leiten. Er hätte das ganze ebenfalls weiterleiten können an die Chefin und sie hätte ebenfalls nachfragen können, wo das ganze bleibt wenn es schon kurz vor knapp ist.
Hier haben alle drei Fehler gemacht und nun soll eine Dame zum Sündenbock gemacht werden, damit man von seinen eigenen Fehlern ablenkt. Nur weil sie behindert ist, ziert sich aber jeder nun das Gespräch zu suchen, eine alberne Reaktion die ich von keinem Vorgesetzten erwarten würde und seine Fähigkeit zum Führen von Mitarbeitern gänzlich in Frage stelle.
Ich kann mir schon vorstellen, dass es ein unangenehmes Gefühl ist, wenn man einen behinderten Mitarbeiter kritisieren muss, aber trotzdem muss ich sagen, dass man das Problem auch nicht verschweigen kann. Man sollte aber auch bei sich selber mal anfangen und sich fragen, ob die Aufgabe für diese Mitarbeiterin nicht zu schwierig gewesen ist.
Aber natürlich ist es auch wichtig, dass die Mitarbeiterin selber es erfährt, dass die Aufgabe, die sie gemacht hat, zu spät abgegeben wurde und außerdem auch nicht korrekt ausgeführt und an alle Leute weitergeleitet wurde. Aber natürlich muss man schauen, wie man es anspricht, aber das sollte natürlich immer gelten und nicht nur, wenn der Mitarbeiter eine Behinderung hat.
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