Ein Buch empfehlen, ohne es gelesen zu haben?
Vor ein paar Monaten hat ein Freund mit ein Buch empfohlen. Es handelte sich dabei um einen Abenteuerroman, den er in den höchsten Tönen lobte. Er habe ihn total toll gefunden, obwohl die Story etwas langatmig sei. Auf Details des Werkes ging er nicht ein.
Ich entschloss mich, dem Werk mal eine Chance zu geben und kaufte es. Ich habe immer mal wieder darin gelesen. In der Tat war es langatmig, aber irgendwann war ich dann damit fertig und wollte mich bei meinem Freund für den Tipp bedanken. Wie ich es immer tue, unterhalte ich mich dann eigentlich auch über den Inhalt des Werkes, welches man mir empfohlen hatte.
So wollte ich es auch hier tun, stellte dann aber fest, dass der Mensch absolut keine Ahnung von dem Inhalt des Buches hatte. Er wusste nicht mal den Namen des Protagonisten. Da fragte ich mich: Wie kann das sein? Wieso empfiehlt er mir ein Buch, ohne es zu kennen?
Wieso sollte man sowas tun? Wollen Leute dadurch belesen wirken, indem sie mit Buchempfehlungen um sich werfen, ohne diese Werke aber zu kennen. Denken sie sich: "Ach, das geht schon gut. Der/Die kauft sich das doch eh nicht und ich stehe nachher klug dar!"?
Ist euch das auch schon mal passiert? Konntet ihr euch erklären, warum euch ein Buch empfohlen wurde, dass derjenige nie gelesen hat? Habt ihr das vielleicht selbst schon gemacht? Und wieso habt ihr es denn gemacht?
Vielleicht hat er das Buch vor langer Zeit gelesen und weiß nur noch, dass es ihm gefallen hat? Das geht mir mit vielen Büchern auch so. Ich könnte dir beispielsweise jetzt Max Frischs "Mein Name sei Gantenbein" empfehlen und könnte mich nicht darüber unterhalten, wenn du der Empfehlung folgen würdest. Denn seit ich das Buch gelesen habe, sind über 10 Jahre vergangen, ich kenne den Inhalt nicht mehr und weiß nur noch, dass ich es mochte.
Oder aber dein Bekannter ist so ein Typ, der immer viel erzählt, um etwas zu sagen. Es gibt solche Leute, die erzählen dir beispielsweise, sie hätten Hyazinthen auf ihrem Balkon gepflanzt, obwohl sie weder Hyazinthen noch einen Balkon haben. Unverbindliches Plaudern eben. Vor allem in den USA ist so etwas nicht selten.
Ich treibe mich eigentlich immer viel in Literaturforen herum und bekomme da auch immer einen Einblick in Dinge, die mich nicht interessieren und die ich nicht lese. Wenn ich aber ungefähr weiß, was Leute in meinem Umkreis für einen Lesegeschmack haben, so kann ich auf diese Art doch zumindest Tipps und Hinweise geben.
Ich habe einen ziemlich bibliophilen Freundeskreis, von daher ist es tatsächlich nicht ungewöhnlich, dass ich etwas über Bücher weiß, die ich selber gar nicht gelesen habe. Man unterhält sich eben einfach über das, was man aktuell so ließt.
Es kommt auch hin und wieder vor, dass ich ein Buch weiter empfehle, wenn ein Freund das positiv erwähnt hat. Wenn ich weiß, dass der Freund einen guten Geschmack hat muss ich das Buch doch nicht erst selber gelesen habe um zu wissen, dass es jemand anderem auch gefallen könnte. Allerdings erwähne ich dann eigentlich schon, dass besagter Freund von dem Buch begeistert war. Die Vermutung, dass ich das Buch selber gelesen habe, kommt dann gar nicht erst auf.
Es kann ja sein, dass er das Buch mal gelesen hatte, noch weiß dass es gut war, aber den Inhalt nicht mehr kennt, weil es schon so lange her war. Ich habe auch durchaus schon Bücher auf diese Art und Weise empfohlen. Wobei es natürlich schon schön ist, wenn man darüber reden kann und daher sollte man in der Tat besser Bücher empfehlen, die man gelesen hat und deren Inhalt man auch kennt.
Ich würde nun nicht zwingend davon ausgehen, dass dein Freund das Buch gar nicht gelesen hat, sondern könnte mir auch vorstellen, dass er sich einfach nicht mehr an den genauen Inhalt erinnern kann, wenn die Lektüre schon länger her ist. Dann wüsste ich die Namen auch nicht mehr und nur noch solche Informationen, dass es mir gefallen hat und dass es sich vielleicht auch streckenweise etwas zäh lesen ließ.
Aber natürlich kann es auch sein, dass dein Freund das Buch tatsächlich nicht selber gelesen hat und nur eine Empfehlung weitergegeben hat oder so etwas in der Art. So etwas würde ich ehrlich gesagt nicht machen. Ich bin mit Empfehlungen ohnehin schon vorsichtig, weil einfach jeder seinen eigenen Geschmack hat. Aber ein Buch würde ich sicher nur dann empfehlen, wenn ich es selber gelesen habe und eben gut fand.
Warum nicht? Ich habe Freunden und meinem Partner auch schon Bücher empfohlen, die ich selbst nicht gelesen habe - und zwar dann, wenn ich schon viel davon gehört und darüber gelesen habe und wenn ich weiß, dass diese Art von Buch und das Thema die entsprechenden Personen ansprechen.
Natürlich behaupte ich dann nicht, ich hätte das Buch selbst gelesen und würde es unheimlich toll finden. Ich sage dann aber, dass ich schon viel davon gehört habe und dass es sein kann, dass es das Richtige für die Person ist, sie sich aber erst einmal selbst davon ein Bild machen soll, wenn es sie denn interessiert.
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