Dreijährige wird Göttin

vom 09.10.2008, 09:41 Uhr

In Nepal ist es seit Jahrhunderten üblich kleine Mädchen zu Göttinnen zu ernennen. Die bisherige "lebende Göttin" oder auch "Royal Kumari" Preeti Shakya wurde zu alt dafür. Sie war zwölf Jahre alt und damit kurz vor der Pubertät. Dann gilt man in Nepal als "Unrein". Die dreijährige Matina Shakya wurde als ihre Nachfolgerin ausgewählt. Doch um "Royal Kumari" zu werden muss man 32 sehr strenge Kriterien erfüllen und diverse Prüfungen bestehen.

Zum Beispiel musste Matina in einen Raum mit toten Opferbüffeln und durfte nicht weinen. Man bedenke dass sie erst drei Jahre alt ist! Jetzt hat Matina ein völlig anderes Leben. Sie wohnt jetzt in einem Palast. Denn darf sie nur wenige Male im Jahr für religiöse Zeremonien verlassen. Ihre Eltern dürfen sie aber immer besuchen. Ich finde das schrecklich. Ein dreijähriges Kind ist doch noch gar nicht reif für so etwas. Wenn sie dann eines Tages zu Alt wird, kennt sie doch gar nichts von der Welt. Wie findet ihr das?

» wellitime » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 11.08.2019, 23:02, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Du musst das einfach relativ sehen. Ein dreijähriges Mädchen hier wäre dafür nicht vorbereitet. Aber weißt du, wie die Erziehung in Nepal aussieht? Klar ist das aus unserer Perspektive hart, aber es ist Sitte, wahrscheinlich schon länger als irgendetwas Sitte bei uns ist!

Deswegen sollte man mit Kritik an fremden Kulturen immer sehr sehr vorsichtig sein. Man könnte uns ja auch vorwerfen, warum Alkohol und Zigaretten bei uns erlaubt sind, oder wir die Luft so dermaßen mit unseren Autos verpesten!

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» Herr Lehmann » Beiträge: 558 » Talkpoints: 5,56 » Auszeichnung für 500 Beiträge


In Nepal sieht Religion eben "etwas" anders aus als bei uns. Aber solche Art von Religion ist in meine Augen schon krank. Wie bitte sollen kleine Kinder Götter sein und das nur, bis sie 12 sind? Nur weil kleine Kinder noch ahnungslos sind heißt das nicht dass sie nicht "unrein" sind.

Das ganze sieht doch eher nach einer Art Schönheitswettbewerb aus, bei dem die Beste Gewinnt. Obwohl ich auch nicht glaube, dass die Kinder das freiwillig machen, zumal diese überhaupt nicht wissen können was das wirklich bedeutet. Außerdem haben so kleine Kinder gar keine wirkliche Auffassung, was Religion überhaupt wirklich bedeutet. Und dass die Kinder den Palast nicht mehr verlassen dürfen, empfinde ich als Quälerei. Und dann diese "Aufnahmeprüfung". Das Kind wird doch seelisch verhackstückt, wie will man denn so noch vernünftig Leben können?

Ich hätte nie gedacht dass sowas heutzutage noch gängig ist. Und sicherlich mag der Konsum von Alkohol von manchen Kulturen aus abstoßend angesehen, Alkohol ist auch nicht gut, aber es wird bei uns auch keiner gezwungen welchen zu trinken. Ich denke mal ganz einfach die kleinen Mädchen in Nepal können sich das nicht aussuchen...

» tobi@s » Beiträge: 54 » Talkpoints: 0,18 »



Wenn es um die religiösen Ansichten anderer Kulturen geht sind wir "hochentwickelte Nationen" immer schnell dabei die anderen zu verurteilen und als rückständig abzutun. Jedoch muss man auch bedenken, dass die meisten religiösen Praktiken in eben diesen Ländern seit Jahrhunderten bestand haben und deren tägliches Leben prägen.

Mir persönlich wäre es auch lieber, wenn Religion komplett von der Bildfläche verschwinden würde und das nicht nur in Ländern mit "komischen" Praktiken. Der Ausdruck, dass Religion Opium fürs Volk ist, ist schon passend, jedoch ist die Religion in vielen Ländern nun mal ein großer Teil des Lebensstiles. Und wer freut sich nicht, wenn er in China ist und alte Buddhistische Tempel besichtigen kann, in denen dann mit etwas Glück sogar noch einige Mönche ihrem täglichen Leben nachgehen?

Es stimmt schon, dass 70% der religiösen Praktiken schwachsinnig sind, oft zum Nutzen der wenigen an der Macht missbraucht werden, was wiederum zum Nachteil ganzer Länder wird (denn wenn uns unsere Geschichte eins gelehrt hat, dann, dass mehr Kriege unter dem Banner der Kirche gefochten wurden, als aus anderen Gründen). Jedoch muss man unter diesem Aspekt auch einfach sagen, dass der Umstand, dass ein dreijähriges Mädchen zur Göttin ernannt wird und irgendwelche absurden Prüfungen bestehen muss, keineswegs großen Einfluss auf das Leben der übrigen X Mrd. Bewohner der Erde hat.

Von daher kann man eigentlich froh sein, wenn sich die religiösen Oberhäupter damit zufrieden geben, sich mit dreijährigen zu beschäftigen, statt eines Glaubenkrieges gegen irgendeine andere ethische Gruppe anzuzetteln.

» JohnDoe » Beiträge: 72 » Talkpoints: 0,16 »



Bevor man über etwas urteilt, gerade, wenn es fremd ist, sollte man sich zumindest einmal informieren.

Und zwar werden Kumaris (davon gibt es in ganz Nepal mehrere) nicht zu ihrem Amt gezwungen. Es wird nicht einfach irgendein Mädchen aus irgendeinem Dorf ausgewählt, sondern ihre Familie bewirbt sich für sie für diesen Posten. Wenn ein Mädchen zur Kumari gewählt wurde, lebt sie in einem Palast und hat keine Sorgen mehr wegen Nahrungsknappheit, Krankheit oder ähnlichen Plagen, die in Nepal noch häufiger sind als hier, zu machen. Auch erhält sie im Palast eine gute Schulbildung, was nicht alle Kinder Nepals genießen können. In ihrer Amtszeit muss sie nicht viel machen, um ganz ehrlich zu sein. Ein Kind, das täglich arbeiten muss, weil die Familie sonst nicht genug Geld hat, um sich zu ernähren, hat es eindeutig schwerer. Übrigens erhalten Kumaris, wenn sie zu alt für ihr Amt geworden sind, ein Leben lang eine monatliche Rente. Das hilft vielen armen Familien wirklich.

Natürlich könnte das Heimweh des Kindes schon schlimm sein, aber ich finde, das hält sich in Grenzen, da die Eltern es ja jederzeit besuchen kommen können. Da gibt es dann auch keine Beschränkungen. Übrigens darf der Kumari, da sie als Göttin gilt, auch niemand widersprechen, wenn sie einen Willen äußert. Von daher denke ich, hat sie schon noch genug Freiheiten, die sie selbst entscheiden kann.

Ich denke, da man in Deutschland gewöhnlich wirkliche Sorgen kaum kennt beziehungsweise die wenigsten Menschen Angst vor dem Verhungern oder ähnlichen Dingen haben müssen, können sich viele auch nicht vorstellen, dass es für ein Kind aus einer armen Familie unter Umständen besser ist, mal eine Zeitlang woanders zu leben und dafür dann auch noch umsorgt zu werden und Geld zu bekommen.

Das Amtsende von Kindern durch "Unreinheit", die mit dem Beginn der Pubertät einsetzt (genau genommen wird es meist an der ersten Menstruation gemessen), gibt es übrigens in zahlreichen, besonders älteren, Kulturen in aller Welt. Nicht nur im asiatischen Raum. Ich finde das nicht schlimm, da es in allen möglichen Dingen Altersbeschränkungen gibt. Nur bei "westlichen" Angelegenheiten tendiert keiner dazu, sie als "unmenschlich" zu bezeichnen.

Ich empfinde das nicht als Kinderquälerei. Nach dem Denken der Menschen dort ist es übrigens mit die größte Ehre und Belohnung überhaupt, wenn jemand Kumari wird. Das Mädchen selbst dürfte sich also sehr geehrt fühlen und ihre Eltern sowieso. Sie selbst werden durch ihre Traditionen nichts Schlimmes an dem finden, was der Tochter passiert ist. Im Gegenteil.

Und wenn hier solche Fragen gestellt werden, wie, wieso Kinder denn Götter sein können, dann bitte ich, sich mal mit der buddhistischen Richtung, die in Tibet vertreten ist, auseinander zu setzen! Und dass man im Buddhismus an Reinkarnation glaubt, und dass auch Götter wiedergeboren werden können, sollte man aber eigentlich auch so schon einmal gehört haben.

Bevor man urteilt, sollte man sich eben informieren. Es gibt immer Möglichkeiten dazu.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Der Dalai Lama wird auch als Kind geholt. Bei jungen Mädchen muss man froh sein, wenn diese nicht auch noch für andere Dinge benutzt werden. Im Jemen sind zum Beispiel die meisten 8 Jahre alte Mädchen verheiratet. Ich verweise hier auf Mohammeds Lieblingsfrau Aisha. Deren Schicksal kann jeder bei Wikipedia nachlesen.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 11.08.2019, 23:04, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Aus europäischer Sicht ist es natürlich schlimm, wenn man sich vorstellt, man würde ein 3 jähriges Kind seinen Eltern entziehen und es dann auf einen Thron setzen und für sich sein lassen. Dennoch ist es für die Mädchen eine sehr große Ehre und vor allem müssen sie keinen Hunger leiden und sind erstmal abgesichert, das ist ja keine Selbstverständlichkeit und für die Familien ist das sicherlich auch eine Erleichterung. Man bewirbt sich ja und wird nicht einfach so dafür auserwählt.

Dennoch sehe ich ein großes Problem dabei und das ist die fehlende Kindheit, das gibt es aber leider in vielen Gebieten der Welt, Kinder die arbeiten müssen oder verheiratet werden und so weiter. Es ist schade, dass die Mädchen nicht einfach mal spielen können oder ausgelassen sein können, sie müssen ja wie kleine Erwachsene sein und das finde ich schon sehr sehr schade. Vor allem wird man hochgehalten bis man in die Pubertät kommt und wird mit Aufmerksamkeit belohnt und dann ist die Aufmerksamkeit weg und man wird ersetzt, das ist sicherlich kein gutes Gefühl.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Wer das mal genauer mit den Bräuchen durchleuchtet, wird sich sehr wohl mit Kritik nicht zurückhalten können. In Nepal ist es bereits so, dass viele Menschen dagegen kämpfen. Doch wie so häufig, sind alte Bräuche und Traditionen bei vielen schwer zu brechen. Egal, ob das Leid der Mädchen dabei unterstützt wird. Und dieses ist nachweislich da. Es gab da auch, ich meine das war dieses Jahr, bereits eine Reportage im TV oder habe ich sie im Web auf YouTube gesehen? Ich bin mir da nicht ganz sicher. Wenn ich sie finde, poste ich sie gerne.

Zunächst werden die Mädchen über eine Kaste gewählt und sie dürfen vieles eben nicht. Sie müssen Jungfrau sein (was in dem Alter hoffentlich normal sein sollte) und sie dürfen niemals durch Kratzer etc. geblutet haben. Also Unversehrtheit. Das Horoskop muss stimmen und auch die Optik spielt eine Rolle. Dann, wenn alles passt, darf man als kleine 4-jährige über den Tag verteilt, teils 6-8 Stunden da rum sitzen, Leute segnen etc. Sie darf nicht reden, sie darf nur 13 mal bei irgendwelchen Festlichkeiten raus und das war es. Unwürdiger geht es nicht. Spielen? Ist der Kleinen nicht so richtig gestattet. In einem Hinterzimmer darf sie sich ausruhen.

Im Übrigen dürfen auch ihre Eltern sie nicht mehr mit ihrem Namen ansprechen. Umarmen geht auch nicht mehr. Spielen beläuft sich eben auf das maximale mit den Geschwistern und bitte keineswegs, dass sie sich verletzten kann.

Sie müssen wieder gehen, wenn sie 15 Jahre sind oder früher, sobald die Periode eingesetzt hat. Viele ehemalige Kindsgöttinen sind gegen diesen Brauch und berichten davon, dass sie neu laufen lernen mussten, weil sich die Muskeln rückgebildet haben, wenn man ja nur über den Tag verteilt sitzt und abends dann schläft. Ansonsten wird man ja von A nach B getragen.

In der Außenwelt der brauchorientierten Regionen ist es dann so, dass selbst als Erwachsene ein derartiger Respekt der ehemaligen Kindsgöttin gegenüber herrscht, dass sich beispielsweise viele nicht ernst genommen fühlen und das man ihnen nach den Mund redet. Sie kommen teilweise also nicht mehr im Alltag klar.

Was soll ich davon halten? Eigentlich gar nichts. Anderen Menschen aber in Bräuche und Traditionen reinzureden, ist teils schwierig. Zumal viele Kindsgöttinnen eben auch dörflich sehr angesiedelt sind und da ist häufig auch Bildung ein entscheidender Faktor. Ähnlich wie in afrikanischen und asiatischen Regionen, was Bräuche, Lebensgewohnheiten und Traditionen angeht.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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