Wartezeit ohne Smartphone überbrücken eher ungewöhnlich?
Eine Freundin macht bald ein Praktikum im Büro einer Firma. Sie wurde dann im Vorstellungsgespräch auch gefragt, wie sie denn Leerlauf und Wartezeiten im Büro überbrücken würde. Sie hat gesagt, dass sie sicherlich etwas zu tun findet, indem sie etwas kopieren geht oder aufräumt oder irgendwas sortiert. Der Personalleiter war wohl recht positiv überrascht über ihre Antwort und meinte, dass viele Angestellte solche Wartezeiten dann eher mit dem Smartphone überbrücken würden und man dann immer Mitarbeiter mit dem Handy in der Hand sehen würde.
Auch in Wartezimmern oder auch auf Bahnhöfen sieht man ja oft Wartende, die sich mit dem Smartphone beschäftigen. Überwiegend schauen die Wartenden dann auf das Smartphone, statt vielleicht wie im Wartezimmer ausliegen, zu einer Zeitschrift zu greifen oder ähnliches.
Findet ihr es ungewöhnlich, wenn man Wartezeit anders als mit dem Smartphone überbrückt? Ist das heute wirklich eine Seltenheit, wenn man sich Wartezeiten und Leerlauf anders vertreibt? Nutzt ihr bei Wartezeit auch meistens eher das Smartphone? Findet ihr das praktischer oder einfacher, als ein Buch zu lesen oder eine Zeitschrift mitzunehmen?
Ich denke, das "Problem" ist heute, dass man einfach nicht mehr sieht, was die Leute da machen. Ich greife mal das Beispiel mit dem Warten am Bahnhof auf:
- Früher gingen die, die eine Auskunft am Bahnhof haben wollten zur Information oder einem Zugfahrplan, heute schaut man auf dem Smartphone
- Früher wurde nach dem Ticket im Rucksack gewühlt, heute sucht man das digitale Ticket auf dem Handy
- Wenn man Zeitung lesen wollte, ging man an einen Kiosk, kaufte sich die Zeitung und saß dann dort mit einer überdimensional großen Tageszeitung, heute lesen viele auf dem Smartphone
- Kam man in einer neuen Stadt an, fragte man vielleicht jemanden nach dem Weg/der Anschlussverbindung oder dem nächsten Restaurant, heute schaut man am Handy und lässt sich navigieren
- Wollte man sich unterhalten, dann kam es früher zu Gesprächen mit anderen Reisenden, heute schreibt man jemanden per Kurznachrichtendienst oder ruft evtl. jemanden an
- Früher wurden ausschließlich gedruckte Bücher gelesen, heute hat man die Wahl zwischen gedruckt und digital, Handy oder E-Book Reader
Ich selbst versuche gezielt nicht bei jedem kleinsten Anflug von Langeweile das Handy auszupacken und mich berieseln zu lassen. In dem von Dir genannten Beispiel mit den Wartezeiten bei einem Praktikum im Büro finde ich es auch eher schon unhöflich sich dort mit dem Handy zu beschäftigen.
Man merkt, dass dein letztes Vorstellungsgespräch Jahrtausende her sein muss. Als ob man dem Personaler bei einem Vorstellungsgespräch direkt sagen würde (zumindest würde das kein halbwegs intelligenter Mensch tun), dass man bei Leerlauf im Betrieb einfach mit dem Smartphone spielen würde. Das kommt einfach nicht gut an.
Hinterher, wenn man die Stelle sicher hat, ist es eh egal was man macht. Aber man muss erst einmal den Fuß in die Tür bekommen und sich darstellen. Ein Vorstellungsgespräch ist nichts anderes als reine Selbstvermarktung. Niemand ist so blöd und outet sich dann als "Smombie". Das muss dann aber mit der Wahrheit nichts zu tun haben. Vieles was im Vorstellungsgespräch gesagt wird, ist doch gelogen und dient nur der Werbung.
Ich selbst bin ja schon etwas älter und noch ohne Handy bzw. Smartphone aufgewachsen. Dementsprechend habe ich mir gemischte Verhaltensweisen angewöhnt, wenn ich beispielsweise auf eine Bahn warten muss. Je nachdem, wonach mir gerade ist, lese ich einen Text oder Nachrichten am Smartphone, oder ich lese ein Buch, eine Zeitung oder ein Magazin. Insbesondere bei geplanten längeren Fahrten habe ich fast immer ein Buch im Rucksack, das ich dann bei Bedarf herausziehen und lesen kann.
Wer ist denn so dumm und sagt in einem Vorstellungsgespräch sinnbildlich "ich verbringe meine Arbeitszeit, für die ich bezahlt werde, gerne mit privaten Dingen, wenn ich das Gefühl habe, dass gerade Leerlauf herrscht"? Natürlich möchte man engagiert rüber kommen und sagt dann irgendwas, das gut ankommt.
Und wie willst du wissen, ob die Person auf dem Bahnhof tatsächlich gerade eine Wartezeit überbrückt? Vielleicht ist ja mal wieder ein Zug zu spät dran und sie schaut gerade in der Bahn App nach alternativen Verbindungen? Vielleicht kauft sie gerade ein Ticket? Oder vielleicht wartet sie tatsächlich und hat das Buch oder die Zeitschrift einfach in digitaler Form mitgenommen?
Was ich in Wartezeiten mache hängt vor allem davon ab ob diese geplant waren und zu welcher Tageszeit sie stattfinden. Morgens am Bahnhof oder beim Arzt im Wartezimmer lese ich immer erst mal Nachrichten, digital, weil ich keine gedruckte Zeitung mehr abonniert habe. Wenn ich später am Tag unterwegs bin und wusste, dass ich länger warten muss, habe ich fast immer ein gedrucktes Buch dabei. Manchmal höre ich aber auch ein Buch oder einen Podcast oder einen Sprachkurs oder irgendwas in der Art.
Cloudy24 hat geschrieben:Und wie willst du wissen, ob die Person auf dem Bahnhof tatsächlich gerade eine Wartezeit überbrückt? Vielleicht ist ja mal wieder ein Zug zu spät dran und sie schaut gerade in der Bahn App nach alternativen Verbindungen? Vielleicht kauft sie gerade ein Ticket? Oder vielleicht wartet sie tatsächlich und hat das Buch oder die Zeitschrift einfach in digitaler Form mitgenommen?
Es kann genauso gut sein, dass ein Angehöriger über WhatsApp oder was auch immer kontaktiert worden ist und man diese Person informiert, dass der Zug Verspätung hat und man nicht pünktlich am Zielbahnhof sein kann. Gerade wenn man abgeholt werden soll ist es doch völlig normal, dass man Kontakt mit seinen Angehörigen hält, damit diese eben informiert sind und sich darauf einstellen können. Wie man das als "Wartezeit" und "Langeweile" interpretieren kann erschließt sich mir nicht.
Ich finde es nicht besonders ungewöhnlich, wenn man Wartezeiten auch mal ohne Smartphone überbrücken muss. Meistens kann man doch einfach seinen Gedanken nachgehen, etwas essen, aufräumen oder vielleicht anderen Tätigkeiten nachgehen, für die man zwei Hände braucht, Außerdem sehe ich immer noch viele Leute in den öffentlichen Verkehrsmitteln, die auch mal eine Zeitung oder ein Magazin lesen.
Aber trotzdem verstehe ich es auch, dass man den Luxus des Smartphones genießt und Wartezeiten mit diesem Gerät überbrücken möchte. Natürlich sollte man das Ding auch nutzen, vor allem wenn man viel Geld dafür ausgegeben hat oder vielleicht auch einen Vertrag mit viel Datenvolumen abgeschlossen hat, welches man natürlich auch aufbrauchen darf, kann oder soll.
Ist das mit dem Vorstellungsgespräch und dem Smartphone überhaupt wirklich so passiert? Aber eigentlich ist es wirklich egal, denn kein halbwegs normaler Mensch stellt sich bei so einer Frage hin und verweist auf seine Neigung zu Kippen, Tratsch, zahllosen Whatsapp-Plaudereien und privaten Telefonpäuschen. Natürlich sagt man dann irgendetwas, was möglichst gewissenhaft und engagiert klingt. Den Satz von dem Personaler empfinde ich nur als Smalltalk oder einen Testballon bei einem zu Interviewenden, der in seinen Augen vielleicht ein wenig zu stark getrommelt hat.
Natürlich kann man Wartezeiten auch ohne Smartphone überbrücken, ich mache das ständig. Wenn ich irgendwo warten muss und nicht weiß, wann es weitergeht, kann ich mich sowieso nicht auf irgendetwas Sinnvolles konzentrieren und gucke blöd in der Gegend rum. Ich beobachte meine Umgebung, die Leute, einen Vogel am Wegesrand oder was mir sonst noch interessant erscheint.
Auch den eigenen Gedanken nachzuhängen finde ich interessanter als den Blick auf ein Display. So interessant und faszinierend ist die Online-Welt für mich gar nicht, als dass ich immer damit verbunden sein müsste.
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