Maybrit Illner: Leiden für den Klimaschutz
Am Donnerstag diskutierten bei Maybrit Illner eine gut besetzte Runde darüber, ob Einschränkungen in unserem Alltag kommen, weil wir sonst den Klimawandel nicht mehr kontrollieren können.
Zu Gast waren unter anderem:
- der Physiker und Wissenschaftsmoderator Rangar Yogeshwar, der aus der ARD sicherlich vielen aus Wissenschaftssendungen bekannt ist
- die junge Umweltaktivistin und Autorin Hanna Poddig
- Hans-Joachim Schellnhuber, unter anderen Berater der Bundesregierung in Klimafragen und ebenfalls Naturwissenschaftler
- der neue Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), dessen größte Aufgabe, der Klimagipfel in Kopenhagen, gleich am Beginn seiner Amtszeit steht
- und als Vertreter der Energiewirtschaft der Chef der E.ON AG Wulf Bernotat
Diese Mischung versprach schon im Vorfeld eine muntere Runde und daher war der Sendetermin am Donnerstag nach dem heute-journal auch fest in meinem Programmplaner vorgesehen.
Und so kam es dann auch, es war jedenfalls für mich, endlich mal wieder eine unterhaltsame, muntere Runde, in der viele Argumente ausgetauscht wurden und es zu sehr überraschenden Bündnissen kam.
Schon in den Eingangsstatements der Akteure wurde klar, dass der E.ON-Chef Bernotat auf einsamen Posten in Sachen Klimaschutz dasteht. Seine Darstellung des gemäßigten Umbaus und Brüche, wie er im Laufe der Sendung bei jeder seiner Äußerungen immer wieder wiederholte, kam bei den anderen Teilnehmern nicht sonderlich gut an.
Die Wissenschaftler Yogeshwar und Schellnhuber blieben sehr hart an den Fakten und konnten anhand von sehr konkreten Einzelbeispielen gut belegen, wie viel CO2 letztlich jeder noch auf seinem Umweltkonto zur Verfügung hat, damit das Ziel von maximal zwei Grad Erwärmung erreicht wird und nicht überschritten wird.
Die junge Autorin und extrem engagierte Umweltaktivistin Hanna Poddig sorgte für immer frischen Wind und erhielt für ihre Statements jedesmal breiten Beifall aus dem Publikum. Ihre Forderungen nach mehr Selbstverantwortung der Bürger, aber auch nach mehr Möglichkeiten für den Bürger aktiv am Verhindern des Klimawandels teil zu haben kam beim Publikum besonders gut an. Und auch Yogeshwar war es, der ihr in der Diskussion nicht nur Sympathie für ihr Engagement bekundete, sondern auch ihre Thesen teils wissenschaftlich untermauerte. Einzig bei der Frage, das Atomstrom eben auch nicht komplett CO2-frei ist, wie Bernotat behauptet und dem Poddig sofort widersprach gab es keine Unterstützung der Wissenschaftler. Letztlich sehr schade, denn dies hätte den Erbauer von vier neuen Kohlekraftwerken komplett an die Wand gestellt.
Norbert Röttgen schließlich überraschte alle. Ein Umweltminister der Union, der es wagt der Wirtschaft zu widersprechen, der konkrete Pläne vorlegt, wie die deutsche Stromversorgung im Jahr 2050 komplett aus Ökostrom besteht, der einen Bruch und ein radikales Umdenken fordert, das übersteigt beinahe schon Trittin und Gabriel. Zu Röttgen muss man aber natürlich auch wissen, dass zu den jungen wilden der Union gehört, die sich schon in den neunziger Jahren zusammen mit jungen Grünen in einer Pizzeria getroffen haben, daraus resultierte dann die sogenannte "Pizza-Connection".
Direkt zum Thema auf was wir in Zukunft verzichten müssen, um das Klima zu retten wurde leider nur sehr selten eingegangen, allerdings waren sich auch alle Teilnehmer einig, dass man das Rad nicht zurückdrehen kann und Reduktion nur durch technologischen Fortschritt zu machen ist.
Interessant wurde es dann nochmal als Hanna Poddig auf generelle gesellschaftliche Ansätze zu sprechen kam und versuchte zu erklären, dass man Wachstum und Umweltverbrauch voneinander entkoppeln muss. Diese Vorlage wurde von Röttgen nicht nur aufgenommen, sondern sogar übernommen. Er forderte ganz klar, dass die deutsche Wirtschaft sich davon verabschieden muss Wachstum ausschließlich auf Umweltverbrauch zu erzielen. Diese beiden Punkte müssen entkoppelt werden. Auf dieser Linie waren auch Yogeshwar und Schellnhuber, damit stand der E.ON-Vertreter auch in diesem Punkt alleine da.
Ähnliches dann auch bei der kurzen Atomdebatte, wie bei der Frage der Kohlekraftwerke und dem generellen Energiemix.
Es war eine sehr gelungene Runde, Illner hatte die Diskussion sehr gut geführt (hat man ja in letzter Zeit auch schon mal anders erlebt) und die Teilnehmer, allen voran Hanna Poddig, lieferten sich einen guten Schlagabtausch mit Argumenten, aus dem der E.ON-Chef Bernotat - zumindest beim Studiopublikum - als klarer Verlierer hervorging.
Offenbar hat die Welt noch nicht genug gelitten, im Gegenteil, jetzt fängt das Leiden für den Klimaschutz nicht an, sondern das aufgrund des beginnenden Wandels. Wenn man überlegt, dass diese Sendung, die hier geschildert wurde, schon zehn Jahre her ist, kann man konstatieren, dass sich nicht mal annähernd genug geändert hat.
Einiges, was heute groß in den Medien ist wie Schiffs- und Flugreisen wurde hier offensichtlich nicht mal am Rande thematisiert. Vielleicht war man damals noch der Überzeugung, dass eine Beschränkung bei diesen Themen zu weit ginge.
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