Wann ist Diversität keine gute Sache mehr?
Vor einiger Zeit hörte ich von jemandem, dass die Vielfalt nicht immer eine gute Sache sein muss, wie es gemeinhin angenommen wird. Genauer begründet hat er das leider auch nicht und ich war zu beschäftigt mit Nachdenken, um selbst noch einmal nachzufragen. Aber alles Nachdenken und selbst eine Suche via Google brachte für mich keinen richtig validen Punkt, an dem Diversität eine schädliche Sache könnte.
Hat und gibt es bei der Vielfalt Grenzen? Wenn ja, wo und auf welchen Gebieten? Oder ist das eine versteckte, rückständige Haltung, welche sich in so einer Aussage Bahn bricht? Kann Diversität das Individuum oder eine Gesellschaft auch überfordern? Ist das möglicherweise eine Erklärung für die aufflammende Ausländerfeindlichkeit?
Ich glaube für viele fängt "keine gute Sache mehr" da an, wo sie selber vielleicht ein bisschen etwas an ihrem Verhalten oder ihrer Denkweise ändern müssten. Integration und Inklusion wird ja immer nur von den anderen erwartet. Habe ich gerade gestern wieder erlebt. Man hat ja nichts gegen die "Behinderten" (Down Syndrom) im Supermarkt, natürlich nicht, aber die sind ja so langsam an der Kasse. Als wäre es jetzt so ein Drama wenn man zwei Minuten länger warten muss.
Ich musste auch erst sorgfältig nachdenken. Es ist einfach zu behaupten, dass Diversität immer eine gute Sache sei, dass wir alle voneinander lernen können, und die Welt umso interessanter sei, je bunter und vielfältiger wir sie erleben. Aber das ist eben das Ideal, welches viele Menschen, die es aus unterschiedlichen und oft auch nur zu verständlichen Gründen lieber geordnet und übersichtlich haben, schnell überfordert.
Ich könnte mir vorstellen, dass "Diversität" ein Problem werden kann, wenn die Mehrheit nicht bereit ist, sich die zusätzliche Arbeit zu machen, die sie auch von den "Minderheiten" immer verlangt. Wenn dafür nicht die nötigen Ressourcen oder Reserven zur Verfügung stehen, entsteht schnell der Eindruck, dass Diversität nur bremst oder mehr Arbeit macht als dass sie Vorteile bringt. Mit Idealismus ist hier wenig geregelt, im Endeffekt läuft alles wie so oft auf das liebe Geld hinaus.
Beispielsweise ist es schön und gut, Menschen mit Behinderungen in ganz normalen Betrieben und Unternehmen zu beschäftigen, aber dann muss eben auch Rücksicht auf ihre Bedürfnisse genommen werden, z.B. nach mehr Pausen oder ergonomische Anpassungen oder ganz banal - Behindertentoiletten, die tatsächlich zugänglich sind. Aber was das kostet! Und oft wird dann von den unmittelbaren KollegInnen erwartet, dass sie diese zusätzlichen Aufgaben abfangen, aber ihre eigentliche Arbeit nicht vernachlässigen dürfen. Und dass es denen dann zu viel wird, ist ja auch verständlich.
Oder noch banaler - wenn Djamal und Harun zwar als Mitarbeiter top geschätzt sind, aber dafür beim Betriebgsgrillfest nicht nur Bier und Schweinernes gereicht werden kann. Wenn die Bereitschaft für Anpassungen nicht nur von den "diversen" Minderheiten erwartet wird, entsteht schnell der Eindruck einer zusätzlichen Belastung, die abgefangen werden muss und kann.
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