Erhaltenes Geld auf die Straße werfen da viel zu wenig?
Ich habe schon mehrere Gerüchte von einer Dame gehört, die bei uns am U-Bahnhof hausen soll. Interessanterweise muss ich immer zu diesem Bahnhof, weil ich mit der Linie zur Arbeit und wieder nach Hause fahren muss. Diese Frau soll auch immer in "meiner" Linie fahren und das seit Jahren, dennoch bin ich ihr nie begegnet.
Jedenfalls meinte eine Bekannte von mir, dass die Dame wohl vermutlich obdachlos wäre und den ganzen Tag mit der Linie hin und her fahren würde oder aber am U-Bahnhof um Geld betteln würde. So hätte sie vor einigen Tagen etwas Kleingeld bekommen, weil sie eben Hunger hatte, aber da ihr das viel zu wenig gewesen ist, hätte sie das Geld einfach auf die Gleise geworfen.
Das kann ich so nicht wirklich nachvollziehen und ich kenne auch niemanden, der Geld einfach so "wegwirft", wenn es eben subjektiv genommen zu wenig ist. Dann wird eben gespart und gut ist. Mit ein bisschen Geduld kann man ja sparen, wenn man das möchte. Kennt ihr Menschen, die sich so verhalten würden? Meint ihr, das ist für bestimmte Charaktere durchaus "normal"? Oder ist anzunehmen, dass eine psychische Erkrankung vorliegt und das Verhalten deswegen nicht normal sein kann?
Dankbarkeit ist nun keine Krankheit. Manch einer ist halt mit nichts zufrieden und auch nicht alle die bettelnd durch die Verkehrsbetriebe ziehen, am Rand sitzen und Co sind dankbar wenn sie ein paar Cent in die Hand oder in den Becher gemacht bekommen. Da gab es hier auch schon Szenen, dass die Leute die ihnen etwas gegeben haben hinterher bespuckt und beleidigt worden sind, sie mehr geben sollen da sie auch mehr haben und von Dankbarkeit für das Almosen gar keine Spur.
Gut irgendwie kann ich beide Seiten hier verstehen. Zum einen werden die Menschen die Betteln doch immer von oben herab angesehen und niemals auf die gleiche Stufe gestellt wie man selbst. Die Kritischen und Mitleidigen Blicke die dort kommen, das Gerede, das Lästern und Co irgendwann reicht es und sie flippen dann auch mal aus, wenn das 100 Leute am Tag zu einem selbst gesagt haben. Das ist dann nur menschlich und nicht eine Krankheit oder direkt darauf zu schieben, wenn diese Grenze mal überschritten worden ist. Denn manche sind schon sehr Anmaßend wenn sie etwas geben und bestimmend über den Bettler der das erhält und das muss sich nun auch niemand bieten lassen der zur Gattung Mensch gehört oder als Mensch der dritten Klasse betiteln lassen oder so behandeln.
Aber zum anderen auch diejenigen, die das ernsthaft meinen. Das sind Gutmenschen die das vielleicht nur gut meinen und man ist dann auch einer unter vielen, aber wenn vor dir selbst 50 Idioten da waren die dir das Geld vor die Füße geworfen haben, damit sie sich darüber lustig machen konnten wie schnell der Bettler auf einmal kriecht und diesen eher wie ein Tier behandelt haben, dann ist es mit dem Differenzieren auch schwer. Wird das dann missverstanden und man denkt, es steht wieder solch ein Depp vor einem, dann kann das auch schon reichen mit dem ausrasten. Und wenn man ausrastet, dann läuft nicht alles kontrolliert ab und ja, dann wird auch mal das Geld auf die Gleise geworfen. Zu wenig oder zu viel mal dahin gestellt, spielt auch weniger eine Rolle ich denke es kommt hier auf die Gesamtheit darauf an.
Klar kenne ich auch welche, die den Hals nicht voll genug bekommen. Das ist dann aber eher das linke Pack was zu faul zum arbeiten ist und hier auf der Straße gammelt mit ihren 4-5 Bechern. Selbst wenn du in jeden 100 Euro stecken würdest, würden diese dir immer noch sagen, dass das zu wenig ist, dich beleidigen, blöd anmachen und solche Dinge aber nicht Dankbar sein. Da wird lieber mehr gefordert anstatt sich mit dem zu begnügen was sie bekommen. Leider gibt es genug dumme Gutmenschen, die dann noch mehr in die Dosen machen und sich davon nötigen lassen. Sagt da mal jemand nein, nimm was du bekommen hast und sei glücklich darüber, der wird auch direkt blöd von der Seite angemacht und beschimpft.
Die Vorstellung, dass man von einer obdachlosen Person tatsächlich erwartet, dass sie die erhaltenen Centbeträge tatsächlich "spart" und dass so mit "ein bisschen Geduld" auch etwas zusammenkommt, halte ich schon für reichlich weltfremd. Betteln ist für viele Leute schon schlimm genug, und gerade wenn man entweder wirklich Hunger hat oder eben auch an seine tägliche Dosis Alkohol und/oder Zigaretten kommen muss, weil es sonst noch viel schlimmer wird, kann ich mir schon vorstellen, dass einem dann der Gaul durchgeht und man die paar Öcken, die man gnadenhalber in die Hand gedrückt bekommt, voller Frust und Wut von sich schmeißt.
Ein Leben auf der Straße ist den gutbürgerlichen Tugenden wie Sparsamkeit, Rationalität und sozial angepasstes Verhalten auch nicht gerade zuträglich. Sprich, wenn man durchgehend wie Dreck behandelt wird, bekommt man auch einen Knacks, selbst wenn man bis dahin noch keinen hatte.
In welcher Welt muss man außerdem leben, dass man erwartet, dass sich ein obdachloser Mensch tatsächlich über einen Centbetrag freut und das Geld dann "spart" mit dem Gedanken: Toll, noch drei großzügige Mitbürger, die mir ihr Kupfergeld hinwerfen, dann kann ich mir eine Tasse Kaffee leisten!"?
Auch unter Bettlern gibt es natürlich solche und solche, wie man so schön sagt. Ich habe auch einen wiederkehrenden Kandidaten, der von mir garantiert keinen Cent mehr bekommt, nachdem er trocken festgestellt hatte, dass der eine Euro, den ich gerade lose in der Tasche hatte, schon ein bisschen wenig sei. Aber ich werde den Teufel tun und mich dazu drängen lassen, den Geldbeutel zu zücken. Dann ist der nämlich weg, und ich bin die Dumme! Aber ich würde nie erwarten, dass mir jemand tatsächlich dankbar ist, wenn ich der Person ein bisschen Kleingeld zustecke, um mein soziales Gewissen zu erleichtern.
Ich kann mir schon vorstellen, dass es für eine obdachlose Person nicht leicht ist, sich das Geld zusammenzusparen, aber es sollte einem doch auch in der Situation klar sein, dass man dann erst recht nichts mehr bekommt, wenn man sich so verhält. Ich zumindest würde einem Menschen dann sicher kein Geld und auch nichts zu essen geben, wenn ich so eine Situation mitbekommen würde.
Natürlich ist es nicht leicht, wenn man von den Passanten von oben herab betrachtet wird und dann noch für einige Cents dankbar sein muss. Aber trotzdem kann ich es nicht verstehen, dass man das Geld dann wegwirft und auch noch auf die Gleise, damit niemand mehr heran kommt. Das kann es doch nicht sein und ich denke nicht, dass das noch normal ist.
Normalerweise sagen viele, dies ist undankbar. Würde auch ich sicherlich so unterschreiben, aber Dankbarkeit, das musste ich auch lernen, ist sehr subjektiv. Natürlich muss man auch mal zur Erkenntnis nehmen, dass obdachlose Menschen, das weiß ich aus beruflichen Gründen, meist den Hang zum richtig und falsch verändert haben. Wenn für jemanden 0,50 Cent viel sind, ist das auf der Straße, je nach Lebensart nichts.
Ich kenne zwei Obdachlose durch meinen Beruf bedingt, die sich am tag in etwa 20 bis 30 Euro zusammenschnorren. Die sind äußerst dankbar und was sie davon machen, ist der Wahnsinn. Sie kaufen sich Toast, Wurst, 1-Euro-Plastikbesteck und Essen. Auch ihre zwei Hunde kriegen noch essen für zwei bis drei Tage, ehe sie sich mit Trinken wie Alkohol versorgen. Wenn ich sie sehe, kaufe ich meist etwas zu essen und Hundefutter kriege ich ganz oft geschenkt und gebe es an beide weiter.
Normal ist mein Beruf vielschichtig, aber ich habe mich auf einen Bezirk verleiten lassen. Nur selten komme ich daher noch in den Genuss mit Straßenkids oder Obdachlose zu agieren. Doch dort ist vieles anders, als wir es uns vorstellen können und die Medien uns gerne weiß machen wollen. Ilka Bessin, alias Cindy aus Marzahn, hat das mit Stern TV schon teilweise äußerst korrekt dargestellt.
Die Gesellschaft geht sowieso an denen vorbei, behandelt jeden Obdachlosen teilweise wie einen Penner, Junkie und faules Schwein. Das man verroht, wenn man auf der Straße mit all der Gewaltspirale, Süchte & Co lebt, ist klar. Die Dame, die Du beschreibst, scheint aber offenbar trotzdem noch zu viel zu haben, um Geld, weil es zu wenig sei, wegzuwerfen. Geht für mich gar nicht und andere Obdachlose würden das auch entsprechend verbalisieren, wenn sie so etwas sehen.
Manch einer ist wirklich undankbar, auch wenn das ein Menschen gemachtes Wort ist. In diesem Fall hat die Dame aber für die Schenkung dankbar zu sein, weil man sie auch mit nichts da stehen lassen kann.
Eine gewisse Wut kann ich schon verstehen und sicherlich war das eine schnelle Reaktion, die einen dann wieder leid tat, weil man das Geld eigentlich doch braucht. Ich kann es aber schon irgendwie verstehen, dass sie sich gekränkt gefühlt hat. Es gibt Leute, die geben im Zug zig Euro für Getränke und Essen aus und wenn dann jemand um Geld betteln, geben sie 5 Cent. Das ist lächerlich und gleichzeitig unglaublich abwertend der Person gegenüber, denn was will man damit anfangen? Wie lange soll man da sitzen?
Ich denke dennoch, dass diese aggressive Kurzschlusshandlung keine Art ist und man nicht einfach Geld wegwerfen sollte, was man eigentlich benötigt. Man sollte auch Kleinstbeträge zu schätzen wissen, denn jeder Cent ist besser als gar nichts und daher sollte man es lieber mit einem Meckern annehmen als es wegzuwerfen und sich dann zu ärgern.
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