Durch minimalistischen Lebensstil glücklicher sein?

vom 02.01.2019, 07:55 Uhr

Ich habe einen ziemlich minimalistischen Lebensstil und bin damit sehr glücklich und zufrieden. In meinem Elternhaus war eher das Gegenteil der Fall, sodass ich eben auch die andere Seite kennengelernt habe und in diesem Lebensstil eher Nachteile als Vorteile gesehen habe. Auf mich trifft es also definitiv zu, dass ein minimalistischer Lebensstil mich glücklicher macht.

Aber wie ist das bei euch? Meint ihr, dass man das pauschal sagen kann oder hängt das eher vom Typ Mensch ab? Wie minimalistisch lebt ihr und wie zufrieden und glücklich seid ihr damit? Habt ihr auch schon einen anderen Lebensstil kennengelernt, sodass ihr Vergleichsmöglichkeiten habt? Oder führt ihr den Lebensstil nur aus reiner Gewohnheit und vielleicht sogar Familientradition?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich habe keinen Krempel, habe nicht unendlich viel Deko und dennoch habe ich sicherlich mehr Dinge als man haben müsste, wenn man minimalistisch lebt. Ich erfreue mich an den Dingen, die ich habe und finde jede einzelne Sache wichtig. Ich glaube dass es wichtig ist von Dingen umgeben zu sein, die man mag, die einem ein Gefühl der Zufriedenheit geben. Ob das dann nun viele Gegenstände sein müssen oder wenige ist wohl eher eine Typfrage.

Wobei ich mir meine Eltern nicht als Vorbild nehme. Die haben einen ganz anderen Geschmack und mögen es einfach anders gestaltet als ich zu Hause. Meine Mutter hat auch Kleidung in 5 Größen im Schrank, so etwas würde es bei mir nicht geben. Meine Schwiegereltern haben die ganze Wohnung voller Deko und schränken sich damit sogar beim Wohnraum ein, so etwas finde ich auch nicht erstrebenswert. Man sollte für sich das Passende finden.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Pauschal kann man das mit Sicherheit nicht sagen. Die Nachkriegsgeneration, die wahren "Minimalismus" bis hin zu "Kleidung am Leib plus Luftschutzkoffer" noch kennengelernt hat, hätte der heutigen Wohlstandsgeneration schön den Vogel gezeigt, wenn man ihnen mitten im Wirtschaftswunder geraten hätte, doch mit "weniger" auszukommen.

Und der Charakter des Einzelnen spielt mit Sicherheit auch eine Rolle. Wenn Menschen ein Sammelhobby haben, steht dies einem minimalistischen Lebensstil diametral entgegen, aber das heißt ja nicht, dass jemand mit 1000 Gummienten nicht glücklich und zufrieden sein kann, und umgekehrt jemand seine Probleme auch dadurch nicht loswird, dass er mit Marie Kondo alles wegschmeißt, was keine Socken sind.

Ich schwanke wild zwischen "Nur kaufen, was man braucht" und "Immer her damit". Für meine Hobbys kaufe ich gerne Zeug und habe auch Freude daran. Langweilige Sachen wie Kleidung oder Geschirr habe ich dagegen nicht im Überfluss, und auch in Sachen Deko habe ich einerseits kein Problem, etwa eine schöne Vase vom Flohmarkt heimzuschleppen, andererseits kann ich sie aber auch problemlos wieder loswerden, wenn mich wieder der Ausmist-Rappel packt. Generell bin ich immer vorsichtig, wenn jemand einen Lebensstil quasi zur Ersatzreligion erklärt und sein Lebensglück direkt von der Anzahl der Gegenstände im Besitz abhängig macht.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Es gibt ja eine ganze Reihe Studien, die darauf hindeuten, dass weniger Entscheidungen zufriedener machen und zu besseren Entscheidungen führen, wenn sie nötig werden. Und ein Überfluss an Dingen führt in der Regel dazu, dass man mehr Entscheidungen treffen muss. Wenn du zwanzig verschiedene Tassen hast überlegst zu zumindest kurz, welche du nehmen sollst. Wenn du sechs gleiche hast greifst du zur erstbesten.

In Bereichen, wie der Einrichtung, in denen es nicht um Entscheidungen geht, weil das Zeug halt einfach herum steht oder eben nicht, hängt die Zufriedenheit aber wahrscheinlich schon vom Typ Mensch ab. Ich fühle mich in voll gestopften Räumen nicht wirklich wohl, wo jede horizontale Fläche voll gestellt ist bis zum Anschlag. Aber es gibt sicher Leute, die sich meine Kommode anschauen, auf der nur eine Lampe und eine Pflanze stehen, und denken, dass das total leer und ungemütlich aussieht. Für sie müssten da mindestens noch zwei Deckchen drunter, fünf Bilderrahmen drauf und ein paar Figürchen zur Abrundung dazu.

Die Minimalisten, die in "wer besitzt am wenigsten" Wettbewerbe treten, sind glaube ich hauptsächlich ein Phänomen der sozialen Medien und absolut nicht repräsentativ für die Bewegung. Ich kenne im realen Leben niemanden, der sein Zeug durchzählt.

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich habe im Laufe der letzten Monate einige Male extrem ausgemistet, so dass sehr viel von meinem Besitz aussortiert und weggeschmissen wurde. Mittlerweile bin ich schon minimalistisch, wie ich sagen würde, zumindest im Gegenteil zu früher. Jetzt habe ich nur noch ein Drittel von dem ganzen Kram, den ich früher so hatte und fühle mich auf jeden Fall besser. Weniger Zeug zu haben, hat in meinen Augen jede Menge Vorteile.

Wenn ich bei meinen Eltern bin, fühle ich mich tatsächlich oft richtig erdrückt, vor allem im Keller. Sie können sich von kaum etwas trennen, so dass sich da wirklich unfassbar viele Sachen befinden. Wenn es nach mir ginge, könnte so gut wie alles davon weggeschmissen werden, da man nichts mehr davon braucht und da die meisten Sachen früher mir gehörten. Meine Eltern horten meine alten Spielzeuge aber und weigern sich, etwas wegzuschmeißen.

Ich finde es angenehm, dass man nicht mehr so lange nach etwas suchen muss, wenn man nicht so viel hat und direkt weiß, wo alles ist. Zudem ist es beim Aufräumen und Putzen deutlich leichter, wenn nicht überall etwas herumsteht. Man hat keine überfüllten Schränke mehr und weiß immer direkt, wohin man seine Einkäufe verräumen soll.

Benutzeravatar

» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Ich denke nicht das Minimalismus zwangsläufig glücklich macht weil man dazu auch ein wenig der Typ sein muss. Aber ich glaube das Minimalisten generell die glücklicheren Menschen sind. Das Glück das man erfährt wenn man sich beispielsweise eine neue Tasche oder ein neues paar Schuhe gekauft hat ist erwiesenermaßen nur von sehr kurzer Dauer. Wenn man aber in der Lage ist dieses Glück in anderen Dingen (bzw. eben außerhalb des Konsums) zu finden kann man dieses Glück für einen längeren Zeitraum bewahren und ist somit logischerweise glücklicher als Menschen die immer nur dieses kurzzeitige Glück erfahren.

Viele Menschen die dem Konsumwahn verfallen sind oder die Ihren Selbstwert von Gegenständen abhängig machen sind meiner Erfahrung mach meistens nicht sonderlich glücklich. Menschen die jedoch auch ohne viele Dinge glücklich sind bzw. generell zufrieden mit ihrem Leben sind, gehen viel fröhlicher und gelassener durchs Leben. Deshalb glaube ich das Minimalisten die glücklicheren Menschen sind einfach weil Sie zufrieden mit dem sind das Sie haben.

Ich selbst pflege (noch) keinen minimalistischen Lebensstil versuche jedoch nun seit einigen Jahren nur noch Dinge zu kaufen die ich wirklich brauche oder die mir wirklich Freude bereiten. Jedoch falle ich oftmals noch in alte Verhaltensmuster zurück in denen ich denke das ich ein Teil brauche das sich jedoch im Nachhinein als reiner Impulskauf heraus stellt. Jedoch werden die Impulskäufe immer weniger und auch mit dem Entrümpeln komme ich mit der Zeit gut voran. Zwar ist meine Wohnung selbstverständlich nicht bis oben hin zugestellt. Aber ich besitze trotz allem noch zu viele Dinge die ich eigentlich gar nicht brauche.

» Anijenije » Beiträge: 2730 » Talkpoints: 53,02 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Der Minimalismus sollte nach meiner Definition eigentlich die Antwort auf den völlig überzogenen Konsumismus der vergangenen Jahre sein, der im Internet zelebriert wurde. Dabei lockt er mit denselben falschen Heilversprechen: Wende dich mir zu, und du wirst glücklicher, dein Leben einfacher. Beides ist Quatsch. Ich habe sicher in den letzten Jahren mindestens über tausend Dinge aussortiert und erfreue bzw. erfreute mich an einem nahezu leeren Keller und luftigen Schubladen.

Aber natürlich bin ich jetzt nicht glücklicher, mein Leben ist auch nicht einfacher. Ich muss nicht einmal weniger putzen, wie es immer überall versprochen wird. Wo ist der Unterschied, ob man 50 oder 150 Bücher entstauben muss, so oft macht man das doch sowieso nicht. Es ist dem Putzplan auch völlig egal, wie viele Gegenstände im Keller oder in einer Schublade lagern. Und nein, ich spare auch kein Geld, indem ich fast alles entsorge und in eine kleinere Wohnung ziehe. Das macht doch kaum jemand. Immer wieder höre ich, all das Zeug müsse verwaltet werden, kostet Geld, ist arbeitsaufwendig, aber so ganz erschließt sich mir das nicht und ich habe auch mit wesentlich weniger Sachen nicht das Gefühl, dass sich in dieser Hinsicht etwas verändert hat. Die Wohnung putzt sich immer noch nicht allein und ich bin auch nicht die ständige Verwalterin meines Zeugs.

Das erstmal zu den meiner Meinung nach falschen Heilversprechen. Ungeachtet dessen finde ich das grundsätzliche Konzept, das reine blanke Gerüst ohne den pseudopsychologischen Firlefanz drumherum, sehr gut. Nämlich infrage zu stellen, was man wirklich braucht, wie man zu Konsum im Generellen steht und die Wertigkeit und Notwendigkeit seines Besitzes einer Neuprüfung zu unterziehen. Es hat mir zwar nicht das Putzen abgenommen und mich auch nicht in eine neue Glückseligkeit entführt, aber ich finde es schon schön, wenn ich weiß, dass der Keller fast leer ist und alle Schränke und Schubladen übersichtlich gefüllt und nicht bis oben hin voll sind.

» Verbena » Beiträge: 4938 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^