Beim Vorstellungsgespräch duzen weil man sich in Firma duzt

Frau Dusie (41 Jahre alt) hatte ein Vorstellungsgespräch in einer Firma in der sie sich als Vorzimmersekretärin beworben hat. Sie wurde sehr herzlich begrüßt und es wurde sofort gesagt, dass man dieses Gespräch per "Du" führen möchte, weil sich alle in der Firma mit "Du" ansprechen. Frau Dusie war das sehr unangenehm, weil sie einfach Schwierigkeiten hat fremde Menschen mit "Du" anzusprechen und sie weiß ja auch nicht, ob sie die Anstellung auch bekommt. Sie versuchte das "Du" in dem Gespräch zu umgehen.

Beim Abschied hieß es dann, dass man sich bei ihr meldet, egal ob es klappt oder auch nicht. Nun hat sie gestern bei einem Stadtfest einen getroffen, der sie wohl in der Firma gesehen hat und dieser, den sie gar nicht kennt, kam auf sie zu und meinte "Na, hast du die Anstellung bekommen? Habe dich beim Chef im Zimmer gesehen als Bewerber". Frau Dusie war das auch unangenehm und sollte sie die Anstellung bekommen, weiß sie jetzt nicht, ob sie diese annehmen soll. Aber sie braucht die Arbeit. Aber derart persönlich in einem Betrieb mit mehr als 150 Mitarbeitern ist sie noch nie angesprochen worden, ehe sie überhaupt die Arbeit zugesagt bekommen hat.

Frau Dusie ist verunsichert. Sollte man nicht wenigstens beim Vorstellungsgespräch das "Sie" bewahren" und erst einmal abwarten, ob man in die Firma passt? Wie würdet ihr reagieren?

Naja grundsätzlich fange ich Gespräche immer mit dem Sie an, aber wenn der Gegenüber einem zügig das Du anbietet, dann finde ich das in Ordnung, wenn man das Gespräch so weiter führt. Ich würde mir dann irgendwie auch blöd vorkommen, wenn mein Gegenüber immer wieder Du sagt und ich ihn jedesmal mit Sie anspreche. Das kann dann ja auch schnell falsch verstanden werden. So nach dem Motto man möchte sich gar nicht auf die gleiche Ebene mit dem Gegenüber begeben.

Also an sich denke ich schon, dass es doch eher unüblich ist, wenn man schon beim Bewerbungsgespräch auf das Du wechselt. Aber es gibt eben auch Unternehmen, die haben solche flachen Hierarchien. Und dann würde ich da auch darauf einsteigen.

Ich finde es höflicher, wenn man beim Vorstellungsgespräch das Sie verwendet. Sollte einem aber das Du angeboten werden, wäre man ja schön blöd das nicht anzunehmen. Gerade, wenn es so gehandhabt wird in der Firma, muss man sich ja eh daran gewöhnen. Für mich wäre das kein Problem. Meinen Geburtsnachnamen habe ich immer gehasst, daher war mir vor meiner Hochzeit immer lieber mit dem Vornamen angesprochen zu werden, aber auch nun finde ich es schöner und verbundener, wenn man sich duzt. Das soll ja auch eine gewisse Verbundenheit ausdrücken.

Ich bin auch gerade nebenbei ein bisschen auf Jobsuche und obwohl ich auch eher konservativ bis altmodisch bin, was das Duzen/Siezen angeht, weiß ich sehr wohl, dass man sich als Bewerber nicht nur hinter seinen Qualifikationen verschanzen darf, sondern auch die Unternehmenskultur akzeptieren muss.

Gerade bei den hippen, jungen Start-Ups gehört Duzen mittlerweile zum guten Ton, ebenso wie die berühmten "flachen Hierarchien" und generell eine familiäre Atmosphäre. Das sieht man in der Regel schon am Webauftritt, wenn das Gründerteam im Schnitt 24 ist und hemdsärmlig in die Kamera grinst. Ich kann verstehen, dass das nicht jedermanns Sache ist, aber wenn der Job sonst passt oder dringend gebraucht wird, wird eben geduzt und gekumpelt auf Teufel komm raus.

Ich würde daher zumindest meine Bewerbungsunterlagen normal-formell abformulieren und mir das Du im Zweifelsfall anbieten lassen, um nicht allzu kumpelhaft und plump-vertraulich aufzulaufen. Aber als Bewerberin hast du eben zwei Möglichkeiten - anpassen oder weitersuchen. Mit Sauregurkenmiene dransitzen und das Du knallhart abzulehnen bringt nichts außer einer Absage. Die Zeit kann man sich ebenso gut sparen.