Sehtest beim Optiker generell zu hohe Dioptrieneinstellung?
Ich war heute nach Jahren wieder einmal beim Augenarzt um meine Sehstärke zu kontrollieren. Da meine Augen oft sehr oft und rasch müde werden, habe ich befürchtet, dass sich meine Sehkraft um einiges verschlechtert hat. Der Augenarzt hat mich demnach untersucht und bereits während dem Sehtest hat er mich gefragt, ob ich die letzten Male bei einem Optiker einen Sehtest gemacht habe. Immerhin bieten das ja auch sehr viele Optiker an und ich gestehe, dass ich dieses Angebot auch in der Tat genutzt habe, da ich mir so einen Gang zum Augenarzt ersparen wollte.
Im Endeffekt kam dann heraus, dass ich mit meiner Brille deswegen "so schlecht" sehe, da die Dioptrien, die mir vom Optiker berechnet wurden viel zu hoch waren. Die Brillen die ich habe sind also zu stark, sogar gleich um rund eine ganze Dioptrie, was ja nicht wenig ist. Der Augenarzt meinte dann, dass fast alle Optiker bei einem Sehtest im Durchschnitt rund 0,5 Dioptrien zu hoch einstellen.
Könnt ihr diese Aussage bestätigen, oder habt ihr diese Erfahrung auch gemacht? Warum ist das so? Wie kommt es dazu? Habt ihr schon einmal einen Sehtest bei einem Optiker gemacht? Gefühlsmäßig muss ich ja sagen, dass ich beim Optiker sogar eher den Eindruck hatte, dass er noch genauer misst und sich mehr Zeit nimmt. Trotzdem kam es zu einem ziemlich falschen Ergebnis.
Ich kann dir das eher genau anders herum bestätigen. Ich bin lange Zeit immer nur zum Optiker gegangen und war dann einmal wieder bei einem Augenarzt. Nun bin ich kein Fan von Ärzten und der hat mich total nervös gemacht, mit diesen ständigen "besser oder schlechter" - Fragen und Augendingenskirchenuntersuchungen.
Auf jeden Fall bin ich dann mit dem Rezept zu meinem Stammoptiker, der daraufhin aus allen Wolken fiel und sich weigerte eine Brille zu bestellen. Er machte erneut einen Sehtest und erklärte, er können sich solche schlechten Werte bei mir einfach nicht vorstellen. Der Sehtest beim Optiker war wesentlich entspannter und lieferte viel schwächere Ergebnisse. Also rief der Optiker den Arzt an und ich musste da noch mal hin. Der zweite Test beim Arzt entsprach dann den Werten des Optikers.
Der Arzt erklärte, dass die Sehkraft halt auch immer ein wenig von der akuten körperlichen Verfassung oder auch von der Tagesform abhängen kann. Deshalb würde ich an deiner Stelle einfach noch mal die Unstimmigkeiten abklären und noch einmal testen lassen.
Ich habe auch eher umgekehrte Erfahrungen machen können. Bei mir war das schon ein paar Mal so, dass der Augenarzt Werte aufgeschrieben hat und beim Nachtesten beim Optiker dann herausgekommen ist, dass die Werte falsch waren und ich damit verschwommener und schlechter sehen kann. Abgesehen davon können Menschen Fehler passieren, sodass man sich als Kunde/ Patient absichern muss. Eine zweite Meinung einzuholen schadet sicherlich nicht.
Beim Sehtest muss sich der Arzt oder Optiker auf die doch recht subjektiven Angaben des Patienten verlassen. Die Angaben, "besser", "schlechter" sind so einfach für den Arzt selbst nicht ohne "Tricks" feststellbar. Mein Augenarzt hat mir das einmal verdeutlicht. Er hat bei einem Sehtest, der nur die Refraktionsfähigkeit abtesten sollte, nach stärkeren Linsen, wieder die um zwei Stufen schlechtere in den Tester eingesetzt, und ich meinte, es wäre besser. Also, wer hat nun recht?
Es reicht also nicht aus, beim Sehtest nur einen Parameter abzutesten. Da gibt es noch wesentlich mehr, die den Gesamteindruck des besseren Sehens beeinflussen. Zum Beispiel Astigmatismus, Achsenfehler, Linsentrübungen und so weiter. Dann kommt es darauf an, den Sehtest bei vergleichbarer Umgebungshelligkeit zu machen, weil bei größerer Helligkeit durch den Iris-Engerstellung mehr Schärfe entsteht. Das kennen die Besitzer von Fotoapparaten ja vom Begriff Tiefenschärfe her. Je kleiner man die Blende da wählt, desto größer ist die Tiefenschärfe.
Dann lassen Sie einmal einen Sehtest machen, wenn vorher Atropin eingeträufelt wurde. Dann kommen Sie zu einem vollständig anderen Ergebnis, was die Sehschärfe anbelangt. Dann wird die Sehschärfe nämlich so schlecht, dass man das auch mit den dicksten Gläsern nicht mehr korrigiert bekommt. Leider werden Sehschärfebestimmung und Augenhintergrunduntersuchung in der Augenarztpraxis oft bei ein und demselben Termin, sozusagen in einem Aufwasch, gemacht. Dann kommt es ganz leicht zu Fehlern in der Augenglasbestimmung, wenn der "Patient" schon halbwegs weite Pupillen hat.
Einfach den Augenarzt zu verteufeln und dem Optiker mehr Sachkompetenz zuzuschanzen, finde ich nicht der Sache angemessen. Bin mir ziemlich sicher, dass ein Augenarzt im Labor des Optikers unter Verwendung dessen Apparaturen zu ziemlich genau demselben Testergebnis wie der Optiker selbst kommen würde.
Andererseits besteht bei Optikern ein erhöhtes Geschäftsinteresse am Verkauf möglichst teurer, Brillengestelle, die gerade im Modetrend liegen. An den Brillengläsern selbst verdienen sie meistens so gut wie nichts, eher der Hersteller, der die Gläser schleift. Insofern ist es dem Optiker ganz egal, welche Gläser nun bestellt werden, Hauptsache, die älteren Gläser passen nicht mehr in das Gestell der vorigen Brille. Dann kann er einem wieder eine vielleicht 600 Euro teure Brille aufschwatzen. Und da können auch Unterschiede entstehen, weil die "Dioptrien" beim Brillenglashersteller nach einem anderen Verfahren umgesetzt werden. Da können sich teilweise ganz gewaltige Fehler einschleichen. Gerade bei der Achsenbestimmung.
Deswegen würde ich auch von einer Onlinebestellung von Brillen absehen. Welcher Kunde kennt sich mit dem genauen Vermessen der Brillen denn so gut aus, dass er die kompetenten Optiker oder Augenärzte nicht nötig hat?
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