Praxisgebühr für häufigere Arztbesuche einführen?
Der Präsident der Bundesärztekammer fordert eine finanzielle Selbstbeteiligung von Patienten, die seiner Ansicht nach besonders häufig und möglicherweise auch unnötig zum Arzt gehen würden. Seiner Ansicht nach würde man bei einer finanziellen Selbstbeteiligung sorgsamer mit der Ressource Arzt umgehen, wovon die Allgemeinheit profitieren würde.
Wie denkt ihr persönlich darüber? Meint ihr, dass es sinnvoll wäre so eine Art "Praxisgebühr" für häufige und vielleicht sogar unnötige Arztbesuche wieder einzuführen? Oder haltet ihr da nichts von? Welche Vorteile und welche Nachteile seht ihr in so einem Konzept?
Ich sehe da als erstes mal Nachteile für Patienten mit chronischen Erkrankungen, die einfach gezwungen sind, häufiger zum Arzt zu gehen. Da fände ich es schon unfair, wenn diese so eine Praxisgebühr zahlen müssten. Niemand sucht sich eine Krankheit aus und geht damit gerne zum Arzt.
Abschreckend könnte es vielleicht auf die Patienten wirken, die wirklich wegen jedem Wehwehchen den Arzt aufsuchen. Aber ich denke, dass es da doch schwierig umsetzbar wäre, dass die Gebühr für manche Patienten fällig würde und für andere nicht. Das wäre sicherlich mit Aufwand verbunden, wenn man chronisch kranke Menschen von Gebühr ausschließen wollte.
Ich würde schon meinen, dass gerade die Patienten das System schon belasten, die bei Kleinigkeiten zum Arzt rennen und dann verstehe ich es schon, wenn über so eine Gebühr nachgedacht wird. Aber trotzdem wüsste ich gerne mal, wie man das regeln möchte und wo man die Grenze ziehen möchte. Chronisch kranke Menschen noch zusätzlich durch eine Gebühr zu belasten, weil sie häufig zum Arzt müssen, kann es meiner Meinung nach auch nicht sein.
Ich kann mir nicht vorstellen, wie das System funktionieren soll, ohne dass man an mehreren Stellschrauben dreht. Wie die meisten konventionellen Arbeitskräfte "renne" ich auch wegen Kleinigkeiten zum Arzt, verstopfe dort das Wartezimmer und verschwende die Zeit des Fachpersonals, weil ich die berühmten "gelben Zettel" brauche.
Eine banale Erkältung dauert im Schnitt eine Woche, und so lange kann ich auf eigene Rechnung nicht daheim bleiben, und noch dazu habe ich einen Chef, der es lieber schwarz auf gelb sehen möchte, dass ich arbeitsunfähig bin. Wenn man hier pauschal einführen würde, dass Arbeitnehmer eine Woche am Stück ihre Infekte auskurieren dürften, und das zur Not auch dreimal im Jahr, wären viele Arztpraxen bestimmt erkennbar entlastet, aber dann kommt wieder der Generalverdacht auf, dass die unvernünftigen Arbeitsdrohnen dieses Privileg schamlos ausnutzen.
Und das Problem mit chronischen Krankheiten wurde ja schon erwähnt. Selbst wenn es nichts Kritisches ist, müssen doch oft irgendwelche Blutwerte überwacht und Medikamente nachjustiert werden, sodass wiederum ich zum Beispiel als nach außen hin relativ junger, gesund wirkender Mensch, je nach Laune meiner Schilddrüse alle vier Wochen zweimal bei meinem Hausarzt aufschlage und auch Fachärzte belästige, obwohl ich daran alleine wohl nicht sterben werde.
Dann bleibt endgültig nur der Bodensatz gelangweilter Rentner übrig, und auch da zweifle ich daran, dass diese immer nur "unnötig" zum Arzt gehen. Außerdem finde ich es schon sehr bedenklich, dass auf diese Art quasi den Patienten die Entscheidung darüber zugeschoben wird, ob zum Beispiel Brust- oder Kopfschmerzen "harmlos" sind und Gebühren kosten oder doch eher medizinische Intervention erfordern.
Da sieht man mal wieder, dass es Sinn macht den ganzen Artikel zu lesen und nicht nur reißerische Überschriften. Es geht nämlich nicht um Leute, die eine Krankschreibung für die Arbeit brauchen, obwohl sie eigentlich wissen, dass sie die Erkältung auch ohne Arztbesuch auskurieren könnten. Und es geht auch nicht um chronisch Kranke oder Menschen, bei denen sich die Arztbesuch häufen weil sie zum Beispiel einen Unfall hatten.
Es ging in dem Interview explizit um Patienten, die mit dem selben Problemchen mehrere Ärzte aufsuchen und zwar regelmäßig. Da muss man sich doch zu Recht fragen ob das wirklich sein muss. Eine Zweitmeinung ist bei größeren Geschichten sicher sinnvoll, aber bei eher banalen Sachen frage ich mich ja schon, ob die Leute einfach zu viel Zeit und niemanden zum Reden haben. Dafür ist ein Arzt aber nicht zuständig und die Krankenversicherung auch nicht.
Die Frage ist aber, ob man das unbedingt über Gebühren regeln muss. Es gäbe ja auch die Möglichkeit, den Hausarzt entscheiden zu lassen wann eine Überweisung oder eine Zweitmeinung sinnvoll sind und wann nicht.
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