"Kritik" immer gleich negativ auffassen?
Letztens hatte in unserer Klasse jemand ein Referat, worauf uns die Lehrerin bat, eine Kritik abzugeben. Man hörte von jedem Schüler jedoch nur Schlechtes, bis die Lehrerin sagte, dass Kritik ja auch etwas positives sein kann und ein erstaunter Laut durch die Klasse ging.
Ich hab am Anfang eigentlich auch gleich an etwas Negatives gedacht, als die Lehrerin Kritik "sagte". Seht ihr das Wort "Kritik" auch immer gleich als etwas Negatives an, oder einfach als Synonym für "Bewertung"?
Also bei uns in der Schule gab es immer die Regel, dass wir bei Kritik bzw. Feedback immer die 2:1 Regel anwenden sollten. Also quasi eine negative Kritik wie ein Sandwich in zwei positive Kritiken verpackt. So fühlt sich der Referent auch nicht gedemütigt oder so und es geht noch vergleichsweise human zu.
Ganz ehrlich, bei Kritik fühle ich mich im ersten Moment auch angegriffen und ich denke eher an negative Dinge. Aber das passiert leider aus Gewohnheit, da man selten, besonders im Internet, eine sachliche Kritik bekommt.
Von der Definition des Wortes her kann eine Kritik ursprünglich auch positive Aspekte beinhalten. Zumindest habe ich den Begriff immer so ausgelegt. Wenn jemand beispielsweise als "Theaterkritiker" arbeitet oder eine Kritik über einen Film oder ein Buch verfasst, muss der Inhalt ja nicht zwangsläufig einen Verriss darstellen, sondern kann auch voll des Lobes sein oder eine ausgewogene Mischung aus positiven und negativen Urteilen darstellen.
Aber da der Begriff "Kritik" generell eher negativ konnotiert ist, wird statt dessen auch die Bezeichnung "Feedback" immer häufiger verwendet, die ein neutraleres Gefühl hinterlässt und sowohl Kritik im engeren Sinne als auch Lob, Ergänzungen und Verbesserungsvorschläge umfassen kann. Ich selber bin es aus Schule, Studium oder Job eher gewohnt, dass man mir Feedback gibt oder mich zu Feedback auffordert als dass man meine Arbeit kritisiert, egal ob positiv oder negativ.
Kritik ist, sofern sie konstruktiv ist, eigentlich nie etwas negatives, sondern immer etwas positives. Oft ist Kritik jedoch nicht konstruktiv und wird mit persönlicher Kritik vermischt. In diesem Fall ist Kritik etwas negatives, selbst dann wenn sie den Referenten o. Ä. lobt.
Ich denke, dass eine gute Kritik davon lebt, dass man sowohl positive Dinge nennt als auch negative Dinge. Immer muss eine Kritik sicherlich nicht negativ sein. Bestes Beispiel ist eine Filmkritik. Wenn der Film gut ist, dann wird man das auch so schreiben und nicht nur negative und nicht vorhandene Aspekte nennen. Man kann denke ich auch nur gut etwas daraus lernen, wenn man auch positive Dinge zu hören bekommt vom Kritiker.
Es scheint mittlerweile tatsächlich so, dass man unter "Kritik" etwas grundsätzlich negatives versteht - auch wenn sie nett und konstruktiv gemeint ist. Meinem Eindruck nach wird "positive Kritik" eher abgrenzend als Feedback bezeichnet. Gut, das kann in anderen sozialen Umfeldern anders sein, aber so werden die Begriffe eben in meinem Umfeld verwendet.
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