Ablehnung ohne es ausprobiert zu haben?
Ich bin normalerweise eher der Typ Mensch mit der Ansicht, dass man viele Sachen erst einmal ausprobieren sollte, weil man sonst nie erfahren würde, ob das etwas für einen ist oder nicht. Das könnte man auf Nahrungsmittel beziehen. Wenn man bestimmte Nahrungsmittel nie probiert hat, dann verpasst man vieleicht etwas. Mein Freund zum Beispiel hat früher nie Brokkoli gegessen und wollte das auch nicht. Aber seitdem er das mal probiert hat, ist er mehr oder weniger verrückt danach und möchte nicht darauf verzichten. Er meint, er ist froh darüber, es probiert zu haben, sonst hätte er etwas verpasst und würde es nicht mal wissen.
Ich finde aber, dass man das nicht auf alles beziehen kann. Er hat zum Beispiel auch Höhenangst und boykottiert deswegen alles, was mit Höhe zu tun hat. Mit Fahrstühlen geht es mittlerweile, solange er eben nicht sieht, wie hoch über dem Boden er wirklich ist. Ich weiß aber, dass er es von vorne herein ablehnen würde, Fallschirm zu springen. Das lehnt er ab auch wenn er es nie ausprobiert hätte.
Eine Bekannte kritisiert das jedoch und meint, dass man grundsätzlich nichts ablehnen sollte, was man nie vorher ausprobiert hat. Wie seht ihr das? Lehnt ihr auch manche Dinge ab, ohne sie vorher ausprobiert und getestet zu haben? Welche sind das? Sollte man mit Höhenangst überhaupt Fallschirm springen ausprobieren müssen?
Irgendwie werden zwei verschiedene Themen in deiner Frage angesprochen. Zum einen, ob man irgendetwas verurteilen darf, ohne es jemals ausprobiert zu haben, und andererseits Dinge vor denen man Angst hat. Das sind zwei verschiedene Dinge, wie ich meine.
In die erste Kategorie fallen Dinge wie die Ablehnung veganer Nahrung, ohne es jemals probiert zu haben. So etwas finde ich verwerflich. Man kann nicht über etwas urteilen, ohne es probiert zu haben. Das geht nun mal gar nicht. Entweder, man weiß worüber man spricht und darf seine Meinung dazu äußern, oder man hält sich einfach raus. Ich zum Beispiel habe schon oft vegane Nahrungsmittel probiert, und kann deshalb sagen, dass es mir nicht schmeckt.
Die andere Sache, die du angesprochen hast bezieht sich auf eine Angst. Da liegt die Sache doch vollkommen anders. Wenn Jemand Höhenangst hat, dann ist das eben so. Nur dann, wenn die Person selbst diese Angst verlieren möchte, muss sie sich dem stellen. Ansonsten ist es eben so, wie es ist: Die Person hat Angst vor einer bestimmten Sache und Niemand hat das Recht ihn dazu zu zwingen, diese Angst auf irgendeine Weise zu bewältigen.
Ich denke auch, dass man hier differenzieren muss und nicht wollen von Angst unterscheiden muss. Denn wenn ich keine veganen Sachen probieren will, dann ist das etwas anderes als wenn ich bestimmte Handlungen aus Angst nicht mache und darauf auch schon vor der Vollendung körperliche Symptome äußere.
Daher finde ich die Meinung deiner Bekannten albern, die meint man muss alles ausprobieren egal aus welchem Grund heraus die Ablehnung kommt. Man muss sicherlich nicht mit Höhenangst aus dem Flugzeug springen mit einem Fallschirm um dann festzustellen, die Höhenangst ist noch vorhanden.
Aber man kann schon erwarten, dass jemand die vegane Wurst mal probiert bevor er darüber ablästert und abzieht. Wenn man es dann probiert hat und es nicht schmeckt, dann ist das so, aber man kann auch darüber anders Urteilen als wenn man es nicht probiert hat und einfach nur nach Hörensagen am lästern ist.
Durchaus lehne ich Dinge ab ohne sie probiert zu haben. Ich weiß, dass ich keine Schnecken essen würde wie auch Muscheln, einfach weil mir der Anblick schon die Kotze im Hals aufsteigen lässt. Da brauche ich nicht probieren um zu wissen, dass es nicht besser wird und ich vermutlich erst recht anfangen würde mich zu übergeben wenn es im Mund ist. Selbst wenn es super toll schmecken würde, wie mir andere auch immer versichern, werde ich es nicht probieren. Da passt die Optik einfach nicht und warum sollte ich mich zwingen diese zu essen? Verhungern tue ich damit nicht, es gibt genug Alternativen und somit bleibt auch mehr für andere übrig die das gerne essen.
Ich finde auch, dass ich sowohl das Recht habe, Dinge nicht toll zu finden (aus welchen Gründen auch immer) als auch das Recht darauf, zu entscheiden, ob ich etwas tue oder nicht (ebenfalls aus beliebigen Gründen), solange es nicht teil meines Jobs ist. Und ich werde, um die vorherigen Beispiele aufzugreifen, weder fürs Fallschirmspringen noch fürs Austernessen bezahlt und habe daher in meinen Augen jedes Recht der Welt, es nicht zu tun, mit oder ohne Begründung.
Ich finde die Argumentation auch albern. Würde deine Bekannte also von Bungeejumping bis hin zu gerösteten Maden im Brotteig wirklich alles zuerst ausprobieren, bevor sie sich eingesteht, weder im Haikäfig noch mit einem Ziegenkopf auf dem Teller wirklich Spaß zu haben? Oft fällt mir nämlich auf, dass gerade die Leute, die von sich behaupten, wirklich alles einmal gemacht haben zu müssen, dennoch recht klare Präferenzen und Abneigungen haben.
Meistens sind es die Typen, die auch wirklich jede Extremsportart zumindest testen würden (das flößt mir auch Respekt ein), aber beispielsweise einen roten Presssack sauer angemacht mit Zwiebeln und Brot (ein Hoch auf die bajuwarische Kochkunst!) ablehnen würden, OHNE diese Spezialität zu probieren, weil sie z.B. Vegetarier sind oder schon den Anblick eklig finden.
Deshalb halte ich es schon für reichlich naiv, auf Leute herab zu sehen, die sich selber eben gut genug kennen und genügend Lebenserfahrung gesammelt haben, um einschätzen zu können, ob ihnen etwas gefällt oder nicht. Das können oft sogar schon Kinder, weswegen ich generell skeptisch bin, ob es überhaupt eine gute Idee ist, jemanden zu seinem vermeintlichen "Glück" zwingen zu müssen, nur weil man selber gerne aus einem Flugzeug fällt oder roten Presssack mag.
Ich denke auch, dass man da doch unterscheiden sollte. Bei vielem kommt eine Ablehnung sicherlich durch Vorurteile oder weil sie sich strikt und einfach weigern, etwas auszuprobieren und zu stur sind. So denke ich, ist das auch bei vielen Speisen. Das da eben oftmals bestimmte Vorurteile bestehen und die Person dann schon im Kopf hat, dass dies einfach gar nicht schmecken kann. Da habe ich nur bedingt Verständnis. Es ist für mich nachvollziehbar, wenn jemand manche Fleischsorten einfach nicht essen mag, weil er eben an die Tiere denkt oder es einfach komisch fände, diese zu essen.
Bei Höhenangst oder anderen Ängsten ist es sicherlich nicht einfach, irgendwas auszuprobieren, was diese Angst dann zum Vorschein bringt. Da würde ich nie sagen, dass die Person es wenigstens ausprobiert haben sollte. Da muss jeder selbst entscheiden, wie weit er geht und was er ausprobieren möchte. Da jemanden zu verurteilen finde ich auch nicht richtig.
Man muss da auf jeden Fall unterscheiden. Wenn man etwas aus einer Angst heraus nicht machen möchte, kann man das eben auch nicht und das hat dann nichts mit stur stellen oder so etwas zu tun, sondern es ist wirklich der Angst geschuldet. Aber auch sonst, darf man ruhig auch Dinge mal ablehnen und muss nicht zwingend immer alles sofort probieren wollen und gut finden.
Ich denke auch, dass es etwas anderes ist, ob ich einen Bungeesprung ablehne und das gar nicht erst ausprobiere, weil ich einfach Bedenken dabei hätte oder ob ich eine Speise oder ein Getränk nicht probiere und direkt ablehne. Bei dem genannten Bungeesprung ist es bei mir so, dass ich ein extrem ungutes Gefühl dabei hätte, wenn ich es machen würde und das muss ich mir einfach nicht antun.
Aber bei Speisen ist es bei mir schon so, dass ich alles probiere und so wurde ich auch erzogen. Ich finde es dabei sogar wichtig, dass man immer wieder mal probiert, weil es bei mir bei dem Beispiel mit dem Brokkoli zum Beispiel so ist, dass ich den als Kind nicht mochte und ihn mittlerweile richtig toll und lecker finde.
Also muss ich sagen, dass ich bei dem Beispiel mit Speisen und Getränken der Meinung bin, dass man schon probieren sollte, wenn nicht irgendwelche anderen Gründe dagegen sprechen, als der Geschmack. Sonst weiß man ja nicht, was man verpasst und ob man das Lebensmittel vielleicht doch mögen würde.
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