Auslandssemester verbieten, damit Kind nicht auswandert?
Eine Kommilitonin von mir möchte gerne ein Auslandssemester machen und hat sich diesbezüglich schon sehr umfangreich informiert. Offenbar wird daraus aber nichts, da die Eltern sich dagegen sperren. Sie möchten nicht, dass ihre Tochter in die Schweiz geht. Die größte Befürchtung die sie haben, ist die das es ihrer Tochter dort zu gut gefallen könnte und sie dann auswandert.
So ist das auch bei einer anderen Bekannten von mir passiert. Generell kenne ich viele Studenten die sich nach einem Auslandssemester dazu entschieden haben in einem anderen Land zu leben. Sowas kann man aber niemandem verbieten und so eine Entscheidung kann man auch später fällen.
Findet ihr es in Ordnung, dass man als Eltern einem Kind das Auslandssemester verbietet, weil man Angst vor einer Auswanderung hat? Könnt ihr die Angst der Eltern nachvollziehen und würde es euch ähnlich gehen? Würdet ihr das Auslandssemester ohne die Unterstützung eurer Eltern antreten?
Das ist aber ein sehr verzweifelter Versuch. Klar ist es schade, wenn das Kind auswandern sollte. Wenn das Kind wirklich passieren sollte, hätte das weitreichende Folgen. Sollten irgendwann mal Enkel da sein, würde man die nur ein paar Mal im Jahr sehen. Ich kann die Sorgen ja total nachvollziehen.
Aber man kann doch nicht dermaßen klammern und das Kind an einen binden. Eltern müssen lernen, loszulassen und nach dem Auszug des Kindes auch mal ihr eigenes Leben leben. Man kann sein Glück nicht von einer anderen, eigenständigen Person abhängig machen.
Das ist dem Kind gegenüber total unfair. Wie fühlt man sich denn da, wenn man selber in der Schweiz glücklich ist, aber weiß, dass die Eltern traurig auf der Couch sitzen bis man zu Weihnachten kommt.
Ob man es ohne die Unterstützung der Eltern schafft, muss man sich eben ausrechnen. Vorher sollte man aber noch das Gespräch suchen, um den Eltern klar zu machen, dass sie da einen Fehler begehen. Im Endeffekt würde mich so eine Klammeraktion nur weiter wegtreiben.
Ich hatte nach dem Abitur auch erst überlegt, ob ich ein FSJ im Ausland mache, wogegen sich meine Eltern total gesperrt haben. Irgendwann verlor ich dann das Interesse daran und es kam für mich nicht mehr in Frage, auch weil ich eben anfing zu studieren.
Über ein Auslandssemester habe ich mit meinen Eltern nie gesprochen, auch weil es mich nie gereizt hat. Vermutlich wären die sowieso dagegen gewesen, weil sie sehr klammern können, was nervig ist. Aber bei mir ist es auch so, dass ich mich weiter weg distanziere, je mehr sie versuchen zu klammern und mich am Rockzipfel festzuketten. Ich brauche eben auch Freiräume, was die offenbar nur schwer begreifen können oder wollen wobei meine Mutter da viel schlimmer ist als mein Vater, der ist im Vergleich zu ihr nur ein Pups in einem Hurricane.
Wenn mich das jedoch gereizt hätte, ins Ausland zu gehen, dann hätte ich das so oder so durchgezogen. Ich brauche dafür weder den Segen noch die Erlaubnis meiner Eltern. Aktuell spreche ich mit meinem Freund sehr oft über das Thema und wir ziehen ernsthaft in Erwägung, auszuwandern für eine Zeit. Wohin wissen wir noch nicht genau, aber es würde uns schon reizen zumindest für 1-2 Jahre wegzugehen und auszuprobieren wie das Leben in einem anderen Land ist. Wenn es nicht gefällt, kann man ja immer noch zurückkehren.
Für mich selbst kam ein Auslandssemester eigentlich nie in Frage, wobei ich mir schon gut vorstellen kann, dass meine Eltern da auch dagegen gewesen wären und versucht hätten, mir das Ganze schlecht zu machen. Meine Eltern sind auch sehr klammernd und neigen dazu, alles schlecht zu machen, was neu für sie ist. Sie sind absolute Gewohnheitstiere, wobei sie es auch nicht möchten, dass jemand anders lebt. Ich denke, dass sie mir so etwas auf jeden Fall "verboten" hätten.
Im Endeffekt kann man ja als Student trotzdem noch machen, was man möchte, ohne auf die Eltern zu hören. Man ist ja erwachsen und wenn man sich für ein Auslandssemester entscheidet, dann haben die Eltern da gar nichts zu sagen. Allerdings ist es natürlich alles andere als schön, wenn man miterleben muss, dass die Eltern kein Stück zu einem stehen, einen nicht unterstützen wollen und einem eine Entscheidung sogar verbieten wollen. Immerhin ist das kein schöner Start in ein Auslandssemester und ich kann schon gut verstehen, dass da einem auch schnell die Lust dran vergeht.
Wenn man etwas aber wirklich möchte, dann sollte man das auch tun. Und auch wenn man später auswandern wollen würde, dann müssen es die Eltern eben auch akzeptieren, auch wenn es schwer ist. Sie können ja nicht über das Leben ihrer erwachsenen Kinder bestimmten. Immerhin würde sonst ja niemand glücklich dabei werden.
Wie alt sind denn die Studenten, dass die Eltern das verbieten können? Dann würde ich halt ein, zwei Semester abwarten und dann ins Ausland gehen, wenn ich volljährig wäre. Da könnten die Eltern dann verbieten was sie wollen. Bliebe nur noch die Frage der Finanzierung. Zur Not muss man da halt sehen, wie man das ohne Eltern finanziert.
Ich verstehe ehrlich gesagt derartige Ängste so gar nicht. Es kann doch auch genauso sein, dass das Kind vom Auslandsaufenthalt eher abgeschreckt ist und sich dann so gar nicht vorstellen kann, im Ausland dauerhaft zu leben, wobei es da natürlich drauf ankommt, um welches Land es sich handelt und wie da die infrastrukturellen und sonstigen Unterschiede zu Deutschland sind.
Was wäre denn so tragisch daran, wenn Leute in einem anderen Land ihr Glück oder einen guten Job finden? Mit dem Flieger ist man in einem halben Tag auf der anderen Seite der Welt, und beispielsweise von Süddeutschland ist man schneller im "Ausland" als in Hamburg oder sogar Berlin. Verbieten die Eltern das dann auch, weil der Nachwuchs mehr als zwei Fahrstunden entfernt lebt?
Und wenn die lieben Kleinen mal 18 sind, gibt es für Eltern sowieso nicht mehr viel zu verbieten. Maximal können sie den Geldhahn zudrehen, aber es gibt gerade für Studierende genug Fördermöglichkeiten, um zumindest ein bescheidenes Auskommen im Auslandssemester zu bekommen. Und Jobben ist ja auch nicht verboten.
Ich würde mir da auch Gedanken machen, dass sich der Nachwuchs schon aus purem Trotz heraus auf die Reise macht, wenn ich mit "Solange du die Beine unter meinen Tisch streckst, fährst du mir nirgendwohin!" komme. Irgendwann ist es vorbei mit Verboten, und je schneller die Eltern das einsehen, desto besser das Verhältnis zu ihren erwachsenen Kindern.
Meine Frau meint auch öfter mal, dass sie eigentlich eher ein ungutes Gefühl hätte, wenn unsere Kinder später mal ein Jahr ins Ausland gehen aus genau der gleichen Angst. Ich bin da eher entspannt. Wenn es so ist, dann ist es halt so. Sollte der unbedingte Wille bestehen, kann man da als Eltern eh nicht viel machen, dann finden die Kinder schon einen Weg irgendwie ihr Auslandssemester zu finanzieren.
Und wer weiß denn schon, ob es nicht vielleicht nachher wieder zurück kommt und sagt, so etwas kommt gar nicht mehr in Frage, weil man gelernt hat seine Heimat zu schätzen? Auch sonst würde ich denken, kommt man doch relativ schnell an viele Orte der Welt. Und sofern man nicht gerade dicht bei einander wohnt, fährt man doch eh nicht jeden Tag zu den Kindern, wenn die woanders wohnen. Am Ende ist das doch eher nur der Verlust des Gefühls, dass man jederzeit mal vorbeikommen könnte, obwohl man das nie machen wird.
Neandertaler hat geschrieben:Wie alt sind denn die Studenten, dass die Eltern das verbieten können?
Das habe ich mir beim Durchlesen hier auch gedacht. Die Tochter meines Mannes hat ihr Masterstudium komplett in den USA gemacht. Finanziell konnte weder mein Mann noch ihre Mutter viel zusteuern und das wusste sie. Sie hat sich dann auch einen Job gesucht und hat wohl auch ein Stipendium gehabt. Mittlerweile ist sie 37 Jahre alt und ist immer noch in den USA. Sie ist dort schon viel umgezogen und hat in Chicago, Arizona, Dallas und ich weiß nicht mehr wo noch alles, gewohnt. Mittlerweile wohnt sie in Indianapolis und kommt ab und an auch mal nach Deutschland. Sie hat die Greencard und irgendwann wird sie wohl auch die amerikanische Staatsangehörigkeit bekommen. Ich würde so etwas nie verbieten.
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