Habt ihr schon mal beim Lebenslauf geschummelt?
Ich schreibe gerade diverse Bewerbungen und helfe auch meinem Cousin beim Bewerbungen schreiben, indem ich ihm bei der Formulierung zur Seite stehe. Dabei ist mir so aufgefallen, dass man ja eigentlich bei solchen Lebensläufen auch schummeln könnte und sich in ein besseres Licht stellen könnte. Denn für jeden Punkt hat man ja meist sowieso nicht mehr die Nachweise, wenn man schon einige Jahre Berufserfahrung hat oder wenn man schon mehrere Stellen hatte.
Ich selber habe nur meine schulische Laufbahn, wo man einfach nicht schummeln kann oder braucht. Meinem Cousin geht es genauso. Aber es gibt ja bestimmt Bewerber, die schon einige Jahre Berufserfahrung haben, mehrere Stellen hatten oder auch längere zeit arbeitslos war. Habt ihr da schon mal geschummelt oder seid ihr immer ehrlich in den Lebensläufen? Kontrolliert ein potentieller Chef wirklich jeden Punkt im Lebenslauf?
Ich habe bisher bei keiner Bewerbung im Lebenslauf geschummelt. Ich habe da nichts zu verbergen und bin da auch ganz ehrlich zu den Firmen und den Vorgesetzten. Wenn ich schummeln würde, würde es später sowieso ans Licht kommen, von daher würde mir das eigentlich garnichts bringen. Wenn ich Falschangaben mache und der Chef mich darüber ausfragt, weil es für ihn eventuell außergewöhnlich klingt, stehe ich blöd da und habe keine Antwort parat. Man wird es schon als Chef herausbekommen, da bin ich mir ziemlich sicher.
Wenn man beispielsweise angibt, dass man bereits dort und dort Berufserfahrung sammeln konnte, das aber garnicht getan hat, ist es natürlich fraglich, ob das so clever ist. Der Chef durchschaut einen sofort, er weiß auch ohne Nachweise in fast jedem Fall ob das stimmt oder nicht. Diese Menschen haben meist jahrelange Erfahrung mit Bewerbern, die kennen sich da wirklich aus. Ein Freund von mir hat mal eine Falschangabe im Anschreiben gemacht, schon beim Vorstellungsgespräch hat der Chef es gemerkt, auch wenn es unauffällig war. Einfach ehrlich sein, dann kann nichts passieren, im schlimmsten Fall eine Absage, aber es gibt nicht nur 1 Betrieb auf dieser Erde.
"Schummeln" ist schon deshalb ein falsches Wort, weil natürlich nur die Punkte im Lebenslauf wirklich ins Gewicht fallen, die auch zu belegen sind. Es wird keinen Personalchef beeindrucken, wenn der Bewerber schreibt, dass er schon zigfach Olympiasieger war und bezogen auf den ausgeübten Beruf schon zahlreiche Auszeichnungen entgegen nehmen konnte, wenn nichts davon zu belegen ist. Eher ist davon auszugehen, dass alle Angaben (positiver Natur) zu Misstrauen führen, wenn diese nicht unterlegt werden (können).
Was aber natürlich geht und legitim ist, ist das herausheben bestimmter Tätigkeiten. Man kann auch in einem Lebenslauf "Schwerpunkte" setzen, so dass sich gewisse Entwicklungen widerspiegeln. Das geht auch dann, wenn man bislang "nur" eine schulische Laufbahn vorweisen kann. Will man sich z.B. in einer künstlerischen Richtung sehen, so hebt man im Lebenslauf die zahlreichen außerschulischen Aktivitäten hervor. Ebenso kann man eben zur Schulkarriere schreiben, dass der entsprechende Kunstkurs bei dem Lehrer Sowieso es einem besonders angetan hat und da dann insbesondere eine (oder mehrere) bestimmte Richtung. So muss sich der Lebenslauf einer Person nicht gleichen, wenn dieser einmal für eine Bewerbung für A und einmal für eine Bewerbung bei B geschrieben wird. Das ist dann definitiv kein Schummeln, sondern ein Setzen von Akzenten. Bewerbe ich mich für einen technischen Beruf, dann kann ich die schulischen Stationen an der Theater AG ja auch eher klein halten - ohne zu Schummeln.
Ein (guter) potentieller Chef wird natürlich den Lebenslauf auf seine Plausibilität hin prüfen und wirklich jeden Punkt, der NICHT nachzuweisen ist, hinterfragen. Evtl. wird der sich sogar hier besonders schlau machen wollen. Und der Zufall kann einem Schummler dann einen besonders unschönen Streich spielen - wie wenn z.B. fälschlicher Weise angegeben wird, dass man sich bei der Freiwilligen Feuerwehr in der Stadt X engagiert aber der Personalchef selbst dort zufällig jemanden kennt. Daher ist "Schummeln" eher gefährlich.
Ich denke auch, dass der Lebenslauf so ziemlich nicht zum Schummeln da ist. Was möchte man da auch großartig schummeln. Natürlich, man kann ein paar Praktika dazu schreiben, die man niemals absolviert hat oder man kann natürlich Hobbys oder Kenntnisse hinzufügen, die zum Unternehmen selbst passen. Aber so welche Lügen bleiben natürlich nicht immer unentdeckt. Am Ende fragt der Arbeitgeber nach einem Nachweis, den man letztendlich nicht hat. Dann wird sich der Arbeitgeber schon seinen Teil denken und euch nicht einstellen.
Ansonsten würde mir im Grunde genommen gar nichts einfallen, wo man großartig schummeln kann. Am Alter kann man nichts tun und auch an den schulischen Ausbildungen nicht. Und ich glaube auch nicht, dass sich ein Arbeitgeber dafür interessiert, dass man tolle Schwimmabzeichen hat (die man nicht besitzt) und sonst irgendwelche Fähigkeiten, die total irrelevant sind. Der Lebenslauf ist schließlich eigentlich nur dafür gedacht, dass der Arbeitgeber die wichtigsten Daten auf einen Blick hat.
Ich habe in meinem Lebenslauf bei meiner Bewerbung nicht geschummelt und mir würde das auch niemals in den Sinn kommen. Immerhin wäre das Drama groß, wenn herauskommen würde, dass man geschummelt hat und das Risiko würde ich niemals eingehen wollen. Wichtig ist im gesamten Bewerbungsverlauf, das man einfach ehrlich ist, ob das nun bei dem Lebenslauf, dem Bewerbungsschreiben oder beim Vorstellungsgespräch so ist.
Denn es ist ja auch so, dass es nicht nur auf die Leistungen ankommt, sondern auch allgemein darauf, ob der Personalchef denkt, dass der jeweilige Bewerber zu dem Unternehmen passt und wenn man irgendetwas daher lügt, dann bekommt er einen falschen Eindruck und das wäre letztendlich für beide Seiten schlecht. Denn man selbst möchte ja auch nur in einem Unternehmen arbeiten, wo man gut hinein passt.
Der Lebenslauf stellt eine verkürzte und auf die wesentlichen Punkte reduzierte Übersicht des eigenen Lebens dar. Allein aus diesem Grund ist dringend davon abzuraten den eigenen Lebenslauf aufzupolieren oder gar Unwahrheiten zu verbreiten.
Natürlich kann es passieren, dass Entscheidungsträger und Personaler auf einen gefälschten und geschönten Lebenslauf besonders aufmerksam werden und im ersten Moment darauf herein fallen. Spätestens aber beim ersten Aufeinandertreffen und beim Bewerbungsgespräch werden Ungereimtheiten und Falschaussagen auffallen.
Häufig geschieht dies sogar, ohne, dass der Bewerber viel davon mitbekommt. Geschönte Stellen fallen oftmals insofern ins Auge, als das sie nicht zu den restlichen Angaben passen. Dies müssen keine großen Abweichungen sein, es reichen leichte Auffälligkeiten. Diese werden von geübten Interviewern im Laufe des Gesprächs von verschiedenen Positionen durchleuchtet und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit entlarvt.
Ist dies geschehen wird zwar das Gespräch normal beendet, eine positive Rückmeldung kann allerdings nicht erwartet werden. Es ist also für einen Bewerber allemal besser, authentisch zu sein. Aufgeblähte Lebensläufe, die im Laufe des Gesprächs in sich zusammen fallen helfen nur selten bei Suche nach einer geeigneten Stelle.
Stellt sich eben die Frage, wie "schummeln" in diesem Kontext definiert wird. Natürlich werden im Lebenslauf nur die relevanten Schwerpunkte gesetzt und hervorgehoben, die für die jeweilige Stelle auch relevant sind. Ich habe insofern "geschummelt", dass ich in der Vergangenheit dann mal Berufspraktika weggelassen habe, da die Angabe derselben mir keinen Vorteil verschafft hätte, sondern sogar eher zum Nachteil gewesen wäre.
Die Grenze zwischen "Schummeln" und, sagen wir mal, "redaktionell Bearbeiten" ist in meinen Augen sowieso fließend. So ein ähnliches Thema hatten wir doch schon mal bei "gestellten" Fotos im Internet. Ist es schon "Fake", wenn man sich vorher die Pickel abdeckt oder wenn man den Putzeimer mit dem tropfenden Mopp im Hintergrund schnell wegräumt?
Ähnlich sehe ich es bei Bewerbungsunterlagen. Ich würde nichts komplett dazu erfinden, aber je nach Anforderungen unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen, halte ich sogar für eine gelungene Strategie. Bevor ich immer treudoof die gleichen Hobbys und Praktika angebe, würde ich eben auswählen. Für den erzkonservativen Arbeitgeber packe ich mein kirchliches Engagement dazu, bei den eher flippigen vielleicht nicht gerade, um nicht zu bieder und altmodisch zu wirken.
Bei meiner letzten Bewerbungsrunde hatte ich beispielsweise drei vorgefertigte Lebensläufe am Start: konservativ, flippig und ein Joker, bei dem ich alles untergebracht habe, was mir helfen könnte. Welcher dieser Lebensläufe war nun "geschummelt", und welcher echt? Die Fakten haben immer gestimmt.
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