Wird Deutschland zunehmend "entchristlicht"?
@cooper75: Ich philosophiere einfach und stelle mir die Frage, ob das Miteinander tatsächlich so gut funktionieren würde, wenn wirklich niemand mehr an irgend etwas glauben würde. Das ist ganz eine einfache Rechnung. Denn einen Halt braucht meiner Meinung nach jeder Mensch.
Es gibt Menschen, die können das einfach für sich selber. Aber es gibt auch Menschen, bei denen ich mir nicht sicher bin, was passieren würde, wenn sie keinen Glauben hätten. Ich möchte das gar nicht pauschalisieren. Ich selber bin auch nicht mehr bei der Kirche und verstehe auch deinen Unmut und auch den Unmut anderer Leute darüber.
Aber ich muss jetzt etwas anderes einwerfen: Mir hat der Religionsunterricht beispielsweise in der Schule immer sehr gut gefallen. Dort war einfach Platz um Mensch zu sein. Wir hatten dort wirklich sehr viel Raum, für die Klassengemeinschaft etwas zu machen. Ich wäre dafür, dass das nicht ganz abgeschafft wird und dass, wenn einmal niemand mehr der Kirche angehört, wenigstens ein "Ethikunterricht" für alle eingeführt wird.
Vielleicht wäre ja genau das zielführend. Aber die Kinder müssen doch auch gerade heutzutage irgendwie zu den richtigen Werten heran gezogen werden nicht? Und gerade in unserer Zeit, wo die Kinder fast den ganzen Tag fremd betreut werden, scheint es mir noch wichtiger, die Eltern in einer moralischen Erziehung im Kindergarten oder in der Schule zu unterstützen.
Werte und Moral funktionieren aber auch ohne oder neben dem Glauben. Nach deiner Logik dürfte es mich gar nicht so geben, wie ich bin. Ich gehöre nicht nur keiner Glaubensgemeinschaft an, noch glaube ich an einen Gott oder eine andere höhere Macht. Trotzdem engagiere ich mich ehrenamtlich und werde als Mensch mit festen Wertvorstellungen und hoher Integrität wahrgenommen.
Das dürfte ohne den Glauben nach deiner Auffassung gar nicht gehen. Nur Werte und Normen funktionieren eben auch ohne höhere Macht. Acht der zehn Gebote haben überhaupt nichts mit dem Glauben zu tun. Sie regeln lediglich die wichtigsten Konfliktpunkte im menschlichen Zusammenleben. Warum sollte ein Gott dazu führen, dass Menschen andere Menschen besser behandeln?
Ich bezweifle, dass es in einem islamisierten Deutschland besser wäre. Frauen mit Kopftuch und bis zu vier Ehefrauen wären nicht schlecht. Vor allem hätten Frauen nichts zu sagen. Wäre doch richtig, wenn hier Multikulti endlich mal was Positives bewirken würden. Was beim Christentum scheinheilig kritisiert wird, wird im Rahmen der Toleranz sogar noch beklatscht.
Entchristlicht und moslemisiert sind aber meiner Ansicht nach zwei Paar Stiefel. Unter einem entchristlichten Deutschland würde ich vorrangig eher ein säkulares Land verstehen, das sich überwiegend gar keiner Religion intensiv zugehörig fühlt, bzw. wo Religionsausübung Privatsache ist. Das muss meiner Ansicht nach keineswegs weniger Empathie bedeuten, weil meiner Ansicht nach Empathie und Religiosität nur in einem losen Verhältnis zueinander stehen.
Realität und Wunschdenken sind meiner Ansicht nach auch 2 Paar Schuhe. In der Realität entsteht hier eine Moschee nach der anderen, während immer mehr Kirchen leerstehen. Im Islam wird der Abfall vom Glauben bestraft. Kein Moslem wird so lebensmüde sein und öffentlich seine Abkehr vom Glauben bekennen.
Ah, Juri hat soeben den Grund für die massenhaften Kirchenaustritte gefunden. Das hat nichts mit einem lückenhaften Angebot bei zu hohen Abgaben zu tun, absolut christlicher und emphatischer Missbrauch ist ebenso wenig ein Grund wie die Stellung der Frau in der katholischen Kirche oder der fehlende Glaube an einen Gott. Nein, die rennen jetzt alle in die Moschee.
Wenn man natürlich keine Ahnung hat und sich nicht informieren will, kann man diesen Blödsinn glauben. Früher habe ich auch gedacht, man bräuchte einfach nur etwas Geduld und die Muslime würden sich automatisch anpassen. Leider ist es eher umgekehrt. Ich habe ausdrücklich auch nirgendwo behauptet, die Leute würden dann massenhaft zum Islam übertreten. Auch hierzu gibt es schöne Videos von Pierre Vogel mit der Antwort. Aber bitte nicht ansehen oder selber Nachforschen. So etwas könnte dann doch irgendwann mal die Illusionen zerstören.
Muss dieses Off-Topic hinsichtlich der Muslime und der Überfremdung Deutschlands wirklich in jeden Thread gespült werden? Vielleicht sollten einige mal bei sich selbst nachgucken, was sie mit dieser Fixierung auf ein Feindbild kompensieren möchten. Es geht hier nicht um den Islam, es geht um das Christentum und inwiefern die Abkehr davon, die Gesellschaft beeinflusst.
Natürlich wird der Einfluss der Kirche in diesem Land kleiner, zumindest vor allem im Leben des Einzelnen, das hat aber gar nichts mit anderen Religionen zu tun, sondern mit der Aufklärung und Freiheit der Menschen zur Wahl. Wie man sieht, bin ich der Kirche gegenüber durchaus kritisch eingestellt. Das heißt nicht, dass ich alles schlecht finde, aber es ist eben auch nicht alles eitel Sonnenschein. Und waren die Menschen früher wirklich christlicher und humanistischer eingestellt? Ich könnte analog zu Gerbera jetzt auch einige Anekdoten beisteuern, wie gerade katholisch geprägte Regionen mit ihren "schwarzen" Schafen umgingen.
Dass ältere Menschen einem vielleicht fälschlich manchmal freundlicher vorkommen, liegt daran, dass das soziale Korrektiv früher noch viel stärker gegriffen hat. Wer morgens beim Bäcker die Verkäuferin muffelig begrüßte, wurde nachmittags gefragt, warum er schlechte Laune hat. Mit der Kirche hat das wenig zu tun. Der sonntägliche Kirchenbesuch war oft auch nur ein Aspekt dieser sozialen Kontrolle.
Freundlichkeit und Empathie am Glauben festzumachen, ist doch wohl sehr weit hergeholt. Auch der Vergleich zwischen den älteren Menschen und der Jugend hinkt, da es weder etwas mit dem Alter zu tun hat, noch mit dem christlichen Glauben. Denn diese Erfahrung mache ich täglich in meinem Geschäft.
Gegenüber befinden sich zwei Schulen. Eine Grundschule und eine Oberschule. Von beiden Schulen kommen Schüler zu mir. Und ob diese freundlich agieren, hängt eher davon ab, wie man ihnen begegnet. Denn auch ein Erstklässler mit seinen sechs oder sieben Jahren hat den gleichen Respekt und die Höflichkeit verdient, wie die Oma von nebenan mit ihren 80 Jahren.
Was ist das Ergebnis davon? Die Kinder sind genauso freundlich, wie man ihnen begegnet und freuen sich, wenn sie älteren Menschen auch die Tür aufhalten und sogar ein Danke dafür zu hören bekommen. Und so erzieht man die Jugend zu Empathie. Nicht durch den christlichen Glauben.
Wenn man das Entchristlichen auf die schwindenden Mitgliederzahlen der Kirchen beziehen will, dann ist es dem geschuldet, dass heute weniger Menschen an einen Gott glauben. Auch die Kirchensteuer wird eine Rolle spielen und nicht zuletzt die Arbeit der Pfarrer/Pastoren. Wobei auch die mittelalterliche Denkweise der Kirche selbst in vielen Angelegenheiten eine Rolle spielt. Auch die Dinge, wie der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch die Kirche, spielt eine Rolle, dass sich immer mehr Menschen davon abwenden.
Viele der angeblich christlichen Werte sind eigentlich humanistische Werte, die erst mit der Aufklärung von den christlichen Kirchen übernommen wurden. Früher war es mit "Nächstenliebe und Barmherzigkeit" nicht weit her, vor allem gegenüber den Menschen, die man als Outgroup definiert und damit entmenschlicht hatte.
Und nein, dieses Gebot aus der christlichen Bibel, das immer so gerne zitiert wird, ruft nicht zur bedingungslosen Nächstenliebe auf. Der "Nächste" war damals ein Mitglied des eigenen Stamms. Für Mitglieder von anderen Stämmen galten andere Regeln. Für die liefert die Bibel auch eine Anleitung wie man sie versklavt und wie man diese Sklaven dann behandeln soll. Außer totschlagen ist fast alles erlaubt.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass Menschen von "christlichen Werten" reden und diese Fakten nicht kennen. Denn die sind ja sehr leicht zugänglich, ich habe nicht Theologie oder irgendwas in die Richtung studieren müssen um das zu wissen.
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