Freunden Loyalität nur durch Zustimmung zeigen?

vom 12.06.2017, 04:45 Uhr

Ich hatte mal eine Freundin, die in dieser Hinsicht eine ziemlich seltsame Angewohnheit und auch Einstellung hatte. Sie war bzw. ist der Ansicht, dass Freunde ihre Loyalität dadurch zeigen, dass sie im Prinzip ständig zustimmen und Ja und Amen sagen, wenn die Freundin ein Problem hat. Also wenn Freundin A zum Beispiel ein Problem mit ihrem Verlobten B hat, dann muss Freundin C A zustimmen und B im Prinzip als unsensiblen Macho hinstellen, auch wenn C vielleicht anderer Meinung ist und den Streit etwas differenzierter sieht und teilweise findet, dass A sich je nach Situation hätte besser gegenüber B hätte verhalten können.

So erging es mir auch bei einer Freundin. Wenn sie mir Konfliktsituationen schilderte, wo ich durchaus Verständnis für ihren Partner hatte und die Situation eben neutraler gesehen habe, durfte ich ihr das bloß nicht sagen, weil ich sonst einen übelsten Shitstorm kassiert habe, von wegen ich wäre ihre Freundin und müsste auf ihrer Seite sein und nicht auf der Seite ihres Partners. Das empfand ich auf die Dauer als viel zu anstrengend und die Freundschaft zerbrach irgendwann.

Ich finde ja, dass wahre Freunde sich die Wahrheit sagen sollten. Ein Mensch, der immer nur Zustimmung und Bestätigung gibt, ist für mich kein wahrer Freund. Ein wahrer Freund ist trotz Kritik loyal, hält einem aber auch den Spiegel vor, wenn man abhebt und auf dem Holzweg ist. Ich zumindest bin dankbar für Freunde, die mir den Spiegel vorhalten, wenn ich falsch liege. Leider sah meine frühere Freundin das ganz anders. Findet ihr, dass man seinen Freunden immer zustimmen und diese bestätigen sollte, egal was auch passiert? Ist nur so ein Verhalten gegenüber Freunden mit Loyalität gleichzusetzen?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Meiner Meinung nach hilft man der Person doch vor allem kein bisschen, wenn man nur Ja und Amen sagt. Das mag im ersten Moment oft genau das Richtige sein, wenn die Person noch stinksauer ist und Dampf ablassen muss. Aber irgendwann geht es doch an die Problemlösung.

Und wenn dann der Partner immer noch einfach nur ein Arsch ist, ist die Lösung des Problems wohl schlichtweg die Trennung. Sieht man es aber etwas differenzierter, könnten die beiden zu einem Kompromiss finden und den Streit beilegen. Und genau dabei sollte doch die Freundin dann helfen, weil doch ein Ende des Streits das ist, was gewollt wird.

Von daher finde ich den Begriff der Loyalität hier schwierig. Wenn die beiden sich trennen und der Mann meine Freundin sehr verletzt hat, dann bin ich so loyal und hasse ihn mit ihr. Aber sich in solchen Momenten mit dem wütenden Selbst der Freundin zu sehr zu verbünden, ist falsch. Denn das ist sie nicht für lange.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich finde das man gerade Freunden immer die Meinung sagen sollen können muss. Ich stimme da niemanden zu, der es nicht verdient hat. Wobei ich schon pauschal einem Freund beistehen würde, wenn dieser beispielsweise bedrängt wird und angegangen wird. Wenn es dann körperlich wird, würde ich eingreifen, auch wenn es nur mit Worten ist. Loyalität zeigt man denke ich auch, wenn man seine eigene Meinung vertritt und einem Freund in der Not beisteht.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Das ist wieder so etwas, was ich gar nicht verstehen kann. Sicher wird man deswegen befreundet sein, weil man in vielen Dingen einer Meinung ist, aber das kann doch auch nicht zwingend bei wirklich allem der Fall sein. Und wenn ich Freunden von meinen Problemen erzähle, dann möchte ich doch Hilfe haben und wenn die Freunde dann zu allem was ich sage nur ja und Amen sagen, dann bringt mich das doch selber auch nicht weiter.

Darum kann ich es gar nicht verstehen, dass man das in einer Freundschaft von den Freunden verlangt, dass sie allem zustimmen, was man selber macht und sagt. Das ist für mich keine Grundlage einer Freundschaft, wenn man das erwartet und mir ist Ehrlichkeit sehr wichtig. Wenn ich meine ehrliche Meinung in einer Freundschaft dann nicht äußern dürfte, wenn sie der Freundin nicht passt, dann würde die Freundschaft auch nicht lange halten.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Das ist wieder eine dieser Sachen, wo man das so pauschal für alle und jede Situation gar nicht sagen kann. Wenn jemand immer nur widerspricht und kritisiert und sich auf die Seite des Mannes stellt, kann das im Laufe der Zeit als Affront gesehen werden oder als eine unbewusste Aggression. Ich habe auch eine Freundin, bei der ich weiß, dass sie, wenn sie schlechte Laune hat, alles "anti" sieht und man dann mit ihr gar nicht reden braucht, weil reflektorisch alles falsch ist, was ihr jemand erzählt.

Oder eine andere Freundin redet immer dagegen, weil sie sich zu sehr mit Männern solidarisiert und grundsätzlich nichts Negatives an einem Mann sehen kann. Auch hier weiß ich, dass ich, egal um was es geht, nie in irgendeiner Form Recht bekommen könnte. Das alles nützt einem aber genauso wenig wie Leute, die immer zu allem Ja und Amen sagen. Vielleicht wollte die Freundin auch nur ihren Emotionen Lauf lassen und sich auskotzen und war an Lösungen nicht interessiert, zumindest nicht in dem Moment. Es bedarf schon etwas Fingerspitzengefühl, zu wissen, wann Rationalität angezeigt ist und wann nicht.

Und dann gibt es die Leute, die einfach nur klagen wollen und sich als Opfer inszenieren. Das wäre dann die andere Extremvariante. Da kann der Partner sowieso machen was er will, frau ist das Opfer und sieht sich schlecht behandelt oder zurückgesetzt. Meiner Erfahrung nach haben solche Leute null Interesse an einer ehrlichen Meinung. Das ist sehr anstrengend, weil man sich nur zu einem verbalen Claqueur degradiert sieht.

» Verbena » Beiträge: 4938 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Verbena hat geschrieben:Und dann gibt es die Leute, die einfach nur klagen wollen und sich als Opfer inszenieren. Das wäre dann die andere Extremvariante. Da kann der Partner sowieso machen was er will, frau ist das Opfer und sieht sich schlecht behandelt oder zurückgesetzt. Meiner Erfahrung nach haben solche Leute null Interesse an einer ehrlichen Meinung. Das ist sehr anstrengend, weil man sich nur zu einem verbalen Claqueur degradiert sieht.

Zu der Sorte gehörte leider auch die damalige Freundin. Da wurde in einer Tour durchgejammert und alles und jeder war Schuld an ihrem Elend, nur sie nicht. Da hat es gar nichts gebracht, den "richtigen" Zeitpunkt abzupassen, um konstruktiv eine neutrale und differenzierte Sichtweise zu vermitteln und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Hinterher kam jedes Mal der Shitstorm und so etwas muss ich mir nicht länger antun als unbedingt nötig. Interessanterweise wurde dieses Verhalten auch nicht von Anfang an gezeigt, sondern erst nach vielen Monaten.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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