Ein schonender Kaiserschnitt in Deutschland üblich?

vom 07.05.2019, 13:42 Uhr

Ich habe vor kurzem zum ersten Mal vom so genannten "schonenden Kaiserschnitt" gelesen. Ich weiß aber nicht so recht, was man sich darunter vorzustellen hat. Was ist ein schonender Kaiserschnitt? Welche Merkmale und Eigenschaften hat er? Worin unterscheidet er sich von ienem normalen Kaiserschnitt? Werden schonende Kaiserschnitte auch in Deutschland durchgeführt oder ist das hierzulande eher unüblich?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Eine kleine Exkursion zum Kaiserschnitt: Vor rund 140 Jahren kam der Kaiserschnitt schon einem Todesurteil nahe, man versuchte das Kind zu retten, nur drei von zehn Müttern überlebten. Damals hat man das, was logisch erscheint, wenn man eine Hochschwangere betrachtet: Man Schnitt gerade vom Bauchnabel zum Schambein runter durch die Mittellinie. Genäht wurde im Anschluss gerade mal die Haut.

Ein deutscher Gynäkologe erfand damals den modernen Kaiserschnitt. Er führte den äußeren Schnitt immer noch mittig vom Nabel zur Scham, aber die Gebärmutter eröffnete er mit einem horizontalen Schnitt sozusagen von Beckenkamm zu Beckenkamm. Außerdem vernähte er im Anschluss die Gebärmutter, das Bauchfell und die Haut. Das verbesserte die Situation der Mutter extrem, jetzt überlebten 99 von 100 Patientinnen. In wenigen Ländern wird bis heute so operiert.

Vor 120 Jahren kam dann Johannes Pfannenstiel, der den nach ihm benannten Pfannenstiel-Schnitt erfand. Er setzte den Schnitt, den jeder hierzulande heute als Kaiserschnitt kennt. Knapp oberhalb der Scham geht es horizontal durch Haut und Muskeln. Diese Methode ist bis heute weltweit führend, so wurde ich auch geholt. Gibt halt viel zu nähen.

Dann passierte lange nichts. Vor etwa 25 Jahren erfanden dann Gynäkologen in Israel die Misgrav-Ladach-Methode, die nach dem Krankenhaus benannt ist. Hier wird wenig geschnitten und viel stumpf gerissen und gedehnt. Es gibt einen Bauchschnitt wie gehabt, dann wird eine geschlossene Schere gezielt in Muskulatur und Bindegewebe gestochen und aufgemacht. So entsteht ein Riss, der vorsichtig mit den Fingern und stumpfen Instrumenten erweitert wird. Liegt die Gebärmutter frei, erfolgt ein Minischnitt von etwa zwei Zentimetern, der aufgedehnt wird, bis das Kind entbunden werden kann.

Die Methode gilt als sanft, weil ohne große Schnitte weniger Nerven und Gefäße verletzt werden. Außerdem heilt das Gewebe schneller und schmerzfreier. Dazu kommen weitere Vorteile. Man benötigt weniger Nähte. Die Gebärmutter wird nur mit einer Haut verschlossen statt mit einer doppelten, Bauchfell und Bauchmuskeln heilen von allein, nur Bauchwand und Haut bekommen eine Naht.

Zum Vergleich mal folgende Zahlen: Beim Pfannenstiel-Schnitt ist das Kind nach etwa einer Viertelstunde draußen, das Verschließen dauert dreimal so lange. Misgrav-Ladach ist nach 15 Minuten komplett fertig. Die Methode gibt es schon lange in Deutschland, mein Krankenhaus hätte so operiert, wenn es nötig gewesen wäre. Und es bieten immer mehr Krankenhäuser an, weil es schnell und billig ist und die Liegedauer verkürzt.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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