Beleidigungen gar nicht als solche auffassen?
In diesem Beitrag Auf Beleidigung mit Anzeige reagieren, überzogen? habe ich ja schon von einer Bekannten gesprochen, die durch einen Ebay Verkäufer beleidigt wurde. Er hatte sie wohl in einer Nachricht als Homo betitelt. Meine Bekannte meint nun aber, dass sie an Homosexualität nichts schlimmes findet und es für sie eigentlich keine Beleidigung wäre. Allerdings hat der Verkäufer dies in dem Zusammenhang eindeutig als Beleidigung gemeint.
Habt ihr es auch schon mal erlebt, dass ihr oder jemand in eurem Umfeld eine Beleidigung gar nicht als solche aufgefasst hat? Wie würdet ihr solch einem Fall reagieren? Würdet ihr sagen, dass ich euch nicht beleidigt fühlt? Oder gab es da schon Missverständnisse, in die ihr geraten seid?
Wegen sowas Anzeige erstatten, ist einfach nur lächerlich. Da müsste ich ja ständig zur Polizei rennen, wenn mich jemand mal aus Wut heraus eine "Blöde Kuh!" , eine "Schlam*e" oder eben einen "Homo" nennt. So viel Langeweile kann ich gar nicht aufbringen.
Außerdem würde mich die Betitelung "Homo" überhaupt nicht ärgern, weil ich mich nicht damit identifiziere. Es gab einmal ein Interview mit Morgan Freeman, in dem er gefragt wurde, warum er es einfach ignoriert, wenn man ihn einen "Ni**er" nennt. Seine Antwort: "Weil ich keiner bin."
Wenn Du ein Wort als Beleidigung auffasst, liegt das allein an Dir und Deiner eigenen Denkweise Dir selbst gegenüber, es hat etwas mit Deinem Selbstwertgefühl und Deiner Selbsteinschätzung zu tun. Ein Wort ist per se nicht böse oder gut. Die Menschen machen es zu dem, was es ist und wenn Dich ein Wort triggert, dann solltest Du mal in Dich kehren und fragen, warum das so ist.
Die Logik verstehe ich mal wieder überhaupt nicht. Angenommen jemand würde dich als "Schwein" bezeichnen, würdest du das dann nicht als Beleidigung auffassen, weil du an Schweinen nichts schlimmes findest? Es ist doch völlig klar, dass das dann als Beleidigung gedacht war und wie du nun persönlich zu Schweinen stehst ist völlig irrelevant.
Ich kann erwachsene Menschen, die zu solchen Wörtern greifen, nicht wirklich ernst nehmen. Irgendwann ist man doch aus dem Altern, in dem man sich auf dem Schulhof Schimpfwörter an den Kopf wirft, raus. Ich sage solchen Leuten meistens, dass ich mich gerne weiter mit ihnen unterhalte wenn sie wieder in der Lage sind sich ihrem Alter entsprechend zu benehmen.
Und Leuten, die denken, dass "schwul" oder "homo" ein Schimpfwort wäre sage ich gerne mal, dass ich eigentlich nicht wissen wollte, ob sie homophob sind, aber schön, dass das jetzt auch geklärt ist.
Bei mir sind es die hin und wieder aufkommenden "getarnten" Beleidigungen, die ich wirklich nicht ernst nehmen kann. Wenn mich jemand als "fette Sau" oder ein ähnliches Vieh titulieren würde, würde ich auch nicht friedlich lächeln, weil ich prinzipiell Tiere mag. Dann kann ich auch mal deutlich werden und mir derlei Bezeichnungen ausdrücklich verbitten. Aber auf jede Beleidigung anspringen ist mir auch zu mühsam, weil ich ja letzten Endes auch der Person, die mich zu einer Reaktion provozieren will, in die Hände spiele.
Ich denke dabei eher an die falschen Komplimente im Sinne von "Ich finde es ja mutig von dir, dass du dich nie schminkst", die eigentlich bedeuten: "Du siehst aus wie der letzte Mensch und solltest dich schämen, deine Fresse im Naturzustand vorzuführen!" Bei dieser Art Beleidigung fällt es mir auch eher leicht, friedlich zu bleiben und der Person gelassen zuzustimmen, dass es nicht immer leicht ist, sich dem gesellschaftlichen Druck zu widersetzen, aber dass sich im Lauf der Jahre in dieser Hinsicht durchaus Routine eingestellt hat. Meistens schwirrt den Weibern schon bei dem Wort "gesellschaftlich" übel der Kopf und sie fragen sich, ob ich jetzt mit einer Beleidigung gekontert habe oder nicht.
Ich verstehe es schon, dass deine Bekannte das Wort selber nicht als Beleidigung versteht, weil sie daran nichts schlimmes findet. Aber das ist für mich nicht relevant in dem Zusammenhang. Wenn mich jemand als blöde Kuh betitelt, dann fasse ich das durchaus als eine Beleidigung auf, auch wenn ich Kühe an sich mag. Aber es ist dann klar, dass es eine Beleidigung sein sollte und als solche verstehe ich das dann auch.
Gerbera hat geschrieben:Ich denke dabei eher an die falschen Komplimente im Sinne von "Ich finde es ja mutig von dir, dass du dich nie schminkst", die eigentlich bedeuten: "Du siehst aus wie der letzte Mensch und solltest dich schämen, deine Fresse im Naturzustand vorzuführen!"
Ich habe auch an solche Aussagen beim Lesen der Überschrift gedacht. Du bist mutig, weil du dich mit deinem Körper im Bikini an den Strand traust und weil du trotz Cellulite kurze Hosen trägst. So etwas sollte man auch nicht an sich heranlassen.
Ansonsten kenne ich es nicht von mir, dass ich Beleidigungen oder abwertende Aussagen aufgrund von der Wortwahl nicht als schlimm empfinde. Wenn mich jemand offensichtlich mit "homo", "lesbisch", "schweinisch" oder sonstigen Wörtern kränken möchte, dann nehme ich das auch so wahr und rede es mir nicht schön, auch wenn es mich nicht treffen oder verletzen wird.
Es kommt eben darauf an, wie man zu bestimmten Beleidigungen steht und wie man mit so etwas umgeht. Es kann ja durchaus sein, dass man etwas zwar als Beleidigung identifiziert, diese aber gar nicht schlimm findet, weil sie einen eben nicht trifft und weil man sich nichts draus macht. Eine Beleidigung muss einen ja nicht zwangsläufig verletzen und bei vielem steht man ja auch einfach drüber.
Man kann ja nicht immer sofort beleidigt, verletzt und gekränkt sein oder gar das Weinen anfangen, wenn jemand etwas gegen einen sagt, was nun vielleicht nicht so nett ist. So etwas kommt ja im Alltag immer wieder vor und da muss man sich eben ein dickes Fell zulegen. So fasse ich vieles selbst zwar auch als Beleidigung an, mache mir aber einfach nichts draus, da es mich nicht interessiert, was die Person von mir hält.
Wenn mich jemand als Schwein oder Kuh oder falsche Schlange bezeichnet, dann finde ich diese Begriffe an sich auch nicht schlimm, da es sich eben einfach nur um Tiere handelt. Es ist ja aber klar, dass es nicht nett gemeint ist. Ob ich mir dann etwas draus mache oder nicht, hängt dann auch von meiner Verfassung, auf die Situation und auf die entsprechende Person an.
Ich empfinde es als sehr reif und erwachsen, wenn man auf überzogene Äußerungen anderer Menschen nicht reagiert und diese eher ignoriert. Was hat man denn davon, wenn man sich beleidigt fühlt? Dann schlüpft man quasi in eine Opferrolle. Und wer will schon ein Opfer sein. Daher finde ich die Reaktion der Bekannten sehr vernünftig. Denn niemandem ist geholfen, sich über eine dämliche Äußerung aufzuregen. Viel Lärm um nichts, denke ich. Solch ein überlegenes Verhalten dagegen, kann ich nur begrüßen.
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