Arbeitszeugnis ewig hinterherrennen oder aufgeben?
Eine ehemalige Kollegin von mir hat letztes Jahr im Juli eine andere Stelle angenommen und hat unseren Betrieb verlassen. Jedenfalls hat sie bis heute das Arbeitszeugnis nicht bekommen und rennt da ziemlich hinterher. Ich habe mich gefragt, wann ich auf das Arbeitszeugnis (nach so langer Zeit vor allen Dingen) bestehen würde und wann ich einfach entnervt aufgeben würde.
Wie ist das bei euch? Wie lange würdet ihr persönlich eurem fehlenden Arbeitszeugnis hinterherrennen? Oder wäre euch das die Mühe gar nicht wert und ihr würdet aufgeben? Wo ist für euch persönlich die Grenze?
Es ist schon irgendwie blöd kein Arbeitszeugnis bekommen zu haben, da dies ja auch durchaus hilfreich für neue Bewerbungen ist, aber wenn man dem Ganzen so lange hinterher rennt, wird man entweder nichts mehr bekommen oder man bekommt etwas was einem nicht weiterhilft und zu allgemein gehalten ist. Man kann es also auch sein lassen, wenn man da vielleicht auch nicht ewig gearbeitet hat. Ein halbes Jahr würde ich es aber schon versuchen.
Ich finde, dass einem ein Arbeitszeugnis auf jeden Fall zusteht und dass man das Recht hat, dieses auch mit Nachdruck einzufordern. Gerade, wenn man vielleicht im Schulabschluss oder auf dem Uni-Zeugnis nicht die beste Note hat und bei zukünftigen potentiellen Arbeitsstellen auf lobende Worte und bescheinigte Kompetenzen aus bisherigen Beschäftigungsverhältnissen angewiesen ist, finde ich es ziemlich lästig, wenn man ewig auf ein Arbeitszeugnis warten muss. Mein Freund hat diese Situation an seiner ersten Arbeitsstelle nach der Ausbildung erlebt und war sogar kurz davor, gerichtlich die Ausstellung einzufordern. Erst, als die Drohung dazu im Raum stand, kam seine alte Chefin in die Pötte.
Ich denke, ich würde es vom Job und von der Notwendigkeit abhängig machen, wie sehr ich mich in die Aktion hineinknie. Bei einem Studi- oder Aushilfsjob, der für mein späteres Berufsleben relativ irrelevant wäre, würde ich mich nach ein paar Anfragen vielleicht damit abfinden, wenn keine Antwort kommt. Bei einem langfristigen Beschäftigungsverhältnis, in dessen Rahmen ich wichtige Qualifikationen erworben habe, die mir am nächsten Arbeitsplatz gegebenenfalls Aufstiegschancen ermöglichen, sähe die Sache aber schon anders aus. Ob ich bis vors Gericht ziehen würde, weiß ich nun nicht, aber ich hätte zumindest kein Problem, Telefon- und Briefterror auszuüben, um mein Recht durchzusetzen.
Ein Arbeitszeugnis ist sicher nicht für jede neue Stelle relevant und manche Personalleiter interessiert das nicht. Aber verlassen würde ich mich darauf nicht und gerade dann, wenn man länger im Betrieb war, dann sieht das bei einer zukünftigen Bewerbung nicht so gut aus, wenn das Zeugnis fehlt, auch wenn es den jetzigen Arbeitgeber deiner früheren Kollegin vielleicht nicht interessiert, wie ihr Arbeitszeugnis bei euch gewesen ist.
Deswegen muss ich sagen, dass ich da schon weiter hinterherrennen würde, auch wenn es lästig ist. Wenn man mit dem nötigen Nachdruck immer wieder nachfragt, dann werden die zuständigen Leute vielleicht mal reagieren, um davon nichts mehr hören zu müssen. Ein Arbeitszeugnis steht einem ja auch zu und so würde ich schon darauf bestehen.
Wenn es nicht gerade eine Anstellung von 2-3 Monaten war, dann würde ich auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses bestehen und zwar so lange und mit soviel Nachdruck wie eben nötig ist um, es zu erhalten. Jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf die Ausstellung eines Zeugnisses und dem muss der ehemalige Arbeitgeber auch nachkommen. Ich bin doch nicht irre und verpasse mir eine absichtliche Lücke in meinen Dokumenten, damit mein Ex-Arbeitgeber keine Arbeit hat, den Nachteil habe nämlich im Zweifel ich selber und niemand anderes.
Jedoch muss man sich bewusst machen, das man das Arbeitszeugnis anfordern muss, eine Bringschuld hat der Arbeitgeber da nicht. Deshalb würde ich grundsätzlich im Kündigungsschreiben schon aufnehmen, das ich um die Ausstellung eines qualifizierten und wohlwollenden Zeugnisses bitten.
Damit habe ich den ersten Schritt getan und meine Holschuld erbracht. Schafft es der Arbeitgeber nicht innerhalb von 2-3 Monaten nach Austritt mein Zeugnis zuzusenden, dann erfolgen weitere Aufforderungen und das niemals mündlich, sondern Minimum per E-Mail. Am Besten auch nicht nur mit einem Empfänger, das ganze würde ich dann in regelmäßigen Abständen wiederholen und auch Eskalationsstufen inklusive Fristsetzungen einbauen, bedeutet Teamleiter, Personalleiter mit in Kopie der E-Mail aufnehmen, im Zweifel und je nach Unternehmensgröße auch bis hin zum Geschäftsführer. Briefe als Einschreiben kann man im Zweifel auch direkt an den Geschäftsführer senden.
Wenn auch das alles nicht hilft, dann eben ein nettes Schreiben von einem Anwalt, selbst wenn man keine Rechtsschutzversicherung hat, so eine Aufforderung kostet nicht die Welt, jedoch können fehlende Zeugnisse durchaus hinderlich sein, wenn man einen neuen Job sucht oder in Gehaltsverhandlungen steht und Qualifikationen nicht nachweisen kann, da hat sich die Ausgabe für einen Anwalt schnell amortisiert.
Ich würde deshalb deiner ehemaligen Kollegin empfehlen ein letztes Schreiben beispielsweise als E-Mail an die Personalabteilung, Sachbearbeiter und Personalleitung, sowie an die Geschäftsführung zu senden. Hierdrin auch aufzuzeigen, wie oft und wann sie bereits jeweils das Zeugnis angefordert hat und dann eine Frist von vier Wochen setzten und weitere rechtliche Schritte anzukündigen, wenn das Zeugnis bis dahin immer noch nicht ausgestellt wurde.
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