Wie Freund helfen, der sich von Arbeit sehr überlastet fühlt
Der Wunsch jemanden zwangseinweisen zu lassen, offenbart aber auch, wie viel verzweifelter Zwang in einem selbst steckt, um solche Gedanken zu haben. Du bewertest ihn und sein Verhalten ziemlich stark und willst unbedingt, dass sich jetzt sofort etwas ändert, dass er sich ändert. An seinen Wertvorstellungen wird sich aber nichts gravierend wandeln, das ist das Wesen von verinnerlichten Werten. Bis man auf so etwas eine andere Sicht bekommt, dauert lange.
Es könnte auf ihn sogar kontraproduktiv wirken, wenn du ihm immer wieder vermittelst, was du hier über ihn für ein Bild zeichnet: Er redet sich raus, er handelt schädlich für sich, er ist nicht empfänglich, er ist nicht belehrbar, er hört nicht, er sieht nichts ein. Er will das alles offenbar überhaupt nicht. Irgendwie seid ihr da schon einem Karussell, wo du auf ihn einredest und er nur noch blockt. Auf die Weise wird die Freundschaft nur noch mehr belastet. Wenn du ihm helfen willst, grenz dich ab und klammer das Thema aus. Es ist doch schon alles unzählige Male gesagt.
Frag ihn als Freundin, ob du ihm, wo er zur Zeit nichts ändern kann oder will, irgendwie auf andere Weise helfen und unterstützen kannst. Vielleicht macht ihr einen Ausflug oder kocht etwas zusammen, irgendetwas, was dich aus der Rolle der Bezwingerin und ihn aus der des zu Belehrenden wieder rausholt und ihr einfach nur mal wieder Freunde seid.
Täubchen hat geschrieben:Um ehrlich zu sein bezweifle ich stark, dass die Threaderstellerin tatsächlich beruflich als Therapeutin arbeitet oder eine entsprechende Ausbildung genossen hat. Denn wenn das der Fall gewesen wäre, würde die Person doch deutlich professioneller agieren und sich nicht so obsessiv in das Leben ihres Freundes einmischen. Ein Therapeut sollte wissen, dass Selbsterkenntnis der erste Schritt zur Besserung ist und dass man niemandem helfen kann, der gar keine Hilfe möchte. Dass vde angeblich Therpeutin ist, ist doch nur eine Behauptung, damit wir Laien die Taten nicht anzweifeln und in Frage stellen.
Ich habe im Eingangsthread nicht erwähnt, dass ich Therapeutin bin, das hat irgendwer in den Antworten geschrieben "Bist du nich Therapeutin" und die Information aus einem anderen Thread herausgesucht, warum auch immer derjenige dachte, das tun zu müssen. Daher habe ich den Eindruck gehabt, mich rechtfertigen zu müssen, warum ich als Therapeutin eine private Frage zu einem privaten Problem stelle.
Es ist wirklich sehr unangemessen und schon unverschämt, meine berufliche Qualifikation in Frage zu stellen, nur weil ich auch mal ein privates Problem habe. Das tut man nicht. Soll ich dir mein Diplom schicken, damit du mir die berufliche Qualifikation nicht absprichst? Und was hast du denn für einen Beruf, dass du dir herausnehmen kannst, mich als Lügnerin darzustellen?
Es gibt einen sehr guten Grund, warum ich normalerweise nie in Gesprächen mit Fremden oder in Foren erwähne, was ich beruflich mache, nämlich weil dann genau solche Kommentare kommen wie "aber als Therapeut müsstest du doch" oder "Therapeuten sollten doch..." usw. Machst du das auch bei anderen Fachrichtungen und kommst einem Tischler, dessen Schrank schief steht mit "aber als Tischler müsstest du doch"?
Solche Aussagen kotzen mich ehrlich gesagt an. Ich bin auch nur ein ganz normaler Mensch, wie alle anderen auch und ich nehme es mir heraus, ein Privatleben zu haben und als Privatperson auch mal die Meinung andere einholen zu dürfen, zu einem Problem, bei dem ich keine Lösung aus dem Ärmel schütteln kann.
Wenn du andere Threads von mir liest wirst du feststellen, dass ich auch wie andere Menschen ebenso mal Konflikte mit anderen habe oder mal eifersüchtig bin usw. Die komische Erwartung, dass man als Therapeut ein perfektes Leben führt und immer alles weiß, ist absoluter Unsinn und ich frage mich auch, woher diese Ansicht kommt. Und dann aus der Tatsache, dass man mal nicht weiter weiß, gleich zu machen "ach die kann ja gar nicht Therapeutin sein" ist genauso unverschämt.
Ich schreibe hier im Forum als private Person und nicht als Therapeut und es geht um eine private Freundschaft und nicht um einen Patienten und ich möchte darum bitten, dass man sich alle Kommentare in Richtung "aber du müsstest doch" verkneifen möge. Das macht mich echt sauer, wenn ich sowas andauernd hören muss.
vde hat geschrieben:Es ist wirklich sehr unangemessen und schon unverschämt, meine berufliche Qualifikation in Frage zu stellen, nur weil ich auch mal ein privates Problem habe. Das tut man nicht.
Ich glaube nicht, das die Kritik daher rührt, das du ein privates Problem hast und deshalb um Meinungen bittest, sondern, das du das Problem schilderst, deine Herangehensweise schilderst und wider besseren Wissens, wissen müsstest, das deine Herangehensweise einfach völlig kontraproduktiv ist und dich wundest, warum er sich nicht helfen lässt. Das was du machst ist nämlich keine Hilfe anbieten, sondern deinen Freund in den Weg zu zwingen, den du als richtig erachtest, dabei aber verkennst, das er noch gar nicht bereit ist diesen Schritt zu gehen. Deine übrigen Patienten haben diesen Schritt bereits überwunden, er noch nicht. Solange er noch nicht bereit ist, wirklich etwas zu unternehmen, so lange wird er auch keine Bewerbung verschicken, die du geschrieben hast.
Der korrekte Weg von deiner Seite wäre erstmal gewesen ihm zuzuhören, ihm Optionen aufzuzeigen und dazu gehört in diesem Stadium auch, das er mit dem Chef spricht, das die Arbeit auf Dauer von dem kleinen Team nicht zu bewältigen ist. Vielleicht sucht der Chef ja schon längst jemand neues, nur das weiß noch keiner, dann würden sich die Arbeitszeiten automatisch wieder reduzieren und das Licht am Ende des Tunnels wäre schon da. Vielleicht sieht der Chef auch noch gar nicht, das das restliche Team so überlastet ist und das auf Dauer nicht stemmen kann. Da hilft auch nur ein Gespräch, so lange die Arbeit erledigt wird und alles noch klappt ist es immer schwierig.
Der nächste Schritt ist im Endeffekt erst, das er erkennen muss, wann sein Leidensdruck zu hoch ist und erst dann wird er sich um einen neuen Job kümmern, da kann ihn niemand hinzwingen, da hilft es nicht Bewerbungen zu schreiben oder ähnliches. Er will nicht bevormundet werden, aber genau das passiert im Moment. Wenn von ihm der Wunsch kommt sich etwas neues zu suchen, dann ist die Unterstützung bei Stellensuche, Bewerbungen schreiben angemessen und bis dahin. Zuhören, reden, ihn in anderen Dingen entlasten, für Zerstreuung sorgen, in dem ihr was zusammen unternehmt und ähnliches. Alles andere ist eindeutig kontraproduktiv.
StarChild hat geschrieben:Das was du machst ist nämlich keine Hilfe anbieten, sondern deinen Freund in den Weg zu zwingen, den du als richtig erachtest, dabei aber verkennst, das er noch gar nicht bereit ist diesen Schritt zu gehen. Deine übrigen Patienten haben diesen Schritt bereits überwunden, er noch nicht. Solange er noch nicht bereit ist, wirklich etwas zu unternehmen, so lange wird er auch keine Bewerbung verschicken, die du geschrieben hast.
Also man kann darüber vielleicht schon diskutieren, aber dass ich mich völlig kontraproduktiv verhalte, würde ich so nicht sagen und auch nicht, dass ich wider besseren Wissens handeln würde. Meine Erfahrung ist es durchaus, dass man Menschen manchmal mit einem leichten Druck in eine bessere Richtung schubsen muss und dass man mit einfach nur Zuhören und keinerlei Vorgaben machen, oft nicht weit kommt, weil Menschen dann in ihrem Zustand verharren und nicht in den Modus kommen, mal was zu verändern. Druck ist nicht per se negativ.
Es ist also nicht so, dass ich mir denke "ich darf keinen Druck ausüben" und es dann aus irgendwelchen Gründen doch tue, sondern dass ich schon finde, man muss auch mal etwas schubsen und es entspricht meiner Erfahrung, dass das nicht unbedingt falsch sein muss. Abgesehen davon mache ich mir aber nicht bei allem, was ich privat sage oder tut immer Gedanken darüber, ob das nun aus fachlicher Hinsicht empfehlenswert ist oder nicht, sondern ich mache einfach manchmal das, was mir eben gerade in den Sinn kommt.
Der korrekte Weg von deiner Seite wäre erstmal gewesen ihm zuzuhören, ihm Optionen aufzuzeigen und dazu gehört in diesem Stadium auch, das er mit dem Chef spricht, das die Arbeit auf Dauer von dem kleinen Team nicht zu bewältigen ist. Vielleicht sucht der Chef ja schon längst jemand neues, nur das weiß noch keiner, dann würden sich die Arbeitszeiten automatisch wieder reduzieren und das Licht am Ende des Tunnels wäre schon da.
Das habe ich alles schon gemacht. Er spricht immer eher abstrakt darüber, wenn man dann konkret nachfragt, dann merkt man, dass er das gar nicht so im Detail thematisieren will. Man kann insofern die Strategie des Zuhörens wenig zur Geltung bringen, eben weil er gar nicht viel darüber redet und auch nicht reden will. Er ist eher jemand, dem man jeden zweiten Satz aus der Nase ziehen muss und da funktioniert das Zuhören nicht gut. Wenn jemand nicht sprechen mag, kann man nicht zuhören. Manche Menschen profitieren auch nicht davon, wenn man zuhört. Man kann ja auch im Gespräch, wenn jemand erzählen würde, jemanden durch bestimmte Fragen in eine Richtung bringen, aber das geht halt nur, wenn auch was erzählt wird.
Mit dem Chef hat er schon gesprochen, das brachte nichts und nochmal will er nicht mit dem Chef sprechen. Der Chef sucht neue Mitarbeiter, es will aber keiner in der Firma arbeiten. Wenn neue Leute zum Praktikum kamen, haben die nach ein paar Tagen immer wieder hingeschmissen. Da würde ich sagen, müsste man sich als Chef doch Gedanken machen, passiert aber nicht. Also alle diese gängigen Methoden funktionieren eben nicht oder wurden schon versucht und hatten keine Erfolg.
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