Wirbel um „drittes Geschlecht“ und nun will es keiner sein?

Laut einer DPA Umfrage gibt es bundesweit bisher nur sehr wenige bis gar keine Anträge von Personen, die als Geschlecht „divers“ eingetragen haben möchten. Da muss man sich doch schon fragen, warum da erst so eine Riesenwirbel um dieses Thema gemacht wird, sich sonst wie viele Gerichte damit befassen mussten und letzten Endes interessiert es gar keinen. Habt ihr da eine Erklärung dafür, warum auf einmal so gut wie niemand mehr als „divers“ gelten möchte und war es denn diesen Aufstand überhaupt wert?

Wieso sollte es keinen interessieren? Meinst du die betroffenen Menschen können sich nun eher als weiblich oder männlich einordnen? Ich finde nicht, dass man das einfach so herunter reden kann nur weil sich nichts geändert hat. Meiner Meinung nach ist es eine Frechheit, dass man sich auf einem Formular entscheiden muss, welches Geschlecht man hat und man nicht diverses angeben kann. So kenne ich eine Person, die beide Geschlechter hat.

Nun wurde mit vielen Operationen im Kindesalter entschieden, dass es ein Junge werden soll. Er selber kommt damit aber nicht gut klar, nicht weil er unbedingt ein Mädchen sein will, sondern weil diese Entscheidung nicht von ihm getroffen wurde. Dementsprechend finde ich es schlimm, dass es auch von Behörden quasi eingefordert wird sich in so einem Fall zu entscheiden.

Es gibt nun mal Menschen, die nicht nur ein Geschlecht haben, die nicht einzuordnen sind in die Bürokratie unseres Landes. Es ist schlimm, dass man entsprechende Formulare nicht einfach geändert hat und ich frage mich, wie sehr man so etwas noch einfordern muss, damit es endlich mal umgesetzt wird. Betroffene Menschen haben es eh schon nicht so leicht.

Empathie? Es gibt Babys, die bei ihrer Geburt keine eindeutigen Geschlechtsmerkmale aufweisen. Also, die weder eindeutig männlich, noch eindeutig weiblich sind. Hier bestimmten früher die Eltern das Geschlecht des Kindes und ließen dieses auch operieren. Aber halt nicht ausschließlich. Wer möchte bestimmen, ob das unschuldige Kind ein Junge oder ein Mädchen ist?

Also ich würde es nicht bestimmen wollen. Wir leben zum Glück in einer recht aufgeklärten Zeit. Somit würde ich das Kind großziehen, ohne es in eine Richtung zu drängen. Und für u.a. solche Kinder gibt es eben das Geschlecht divers. Es handelt sich bei der Entscheidung des hohen Gerichts keineswegs um eine Modeerscheinung oder etwas, was niemand braucht.

Ich persönlich finde es richtig und wichtig. Vielleicht auch hält das viele Eltern solcher Kinder davon ab, ihr Kind ungefragt ihn eine Geschlechterrolle zu pressen. Vor Jahren sah ich mal eine sehr gute Dokumentation im öffentlich rechtlichen Fernsehprogramm. Sachlich und menschlich konnte Jan dort seine Geschichte erzählen. Er wuchs als Junge auf und litt darunter.

Es war sehr anrührend und ich musste auch weinen, obwohl ich sonst nicht so bin. Aber das leidvolle Schicksal dieses Menschen machte mich wirklich sehr traurig. Man kann sich vorstellen, dass es kein Zuckerschlecken war, anders zu sein, gerade Anfang der 50er Jahre.

Nicht gerade die aufgeklärteste Zeit. Und ich glaube, Menschen wie Jan haben auch geweint über diese Entscheidung, das Geschlecht D zuzulassen. Diesmal aber vor Freude.

Ganz genau. Es geht hier nicht primär um die Geschlechtsidentität von erwachsenen Menschen sondern um Neugeborene. Bisher hatte man die Situation, dass die Eltern oft genötigt wurden sich für ein Geschlecht zu entscheiden, was dann oft mit unnötigen Operationen und Hormonbehandlungen verbunden war. Und wenn man Pech hatte, haben sich die Eltern für das falsche Geschlecht entschieden und was das für die betroffenen Kinder bedeutet kannst du dir vielleicht vorstellen.

Zumindest die Leute, die sich mit dem Thema auskennen, haben in der ganzen Debatte nie behauptet, dass diverse Kinder zwangsläufig auch zu diversen Erwachsenen werden. Es war immer klar, dass sich ein Teil später mit dem männlichen oder weiblichen Geschlecht identifizieren wird und den Eintrag dann entsprechend ändern lassen wird. Das ist dann aber ihre eigene Entscheidung, die sie über ihr eigenes Leben und ihren eigenen Körper treffen. Verstehst du den Unterschied?

Davon abgesehen - ab wie vielen Personen wäre es für dich "diesen Aufstand wert"? Ich meine, das ist eine Entscheidung, die niemandem schadet, von der aber Menschen profitieren, ist es da nicht völlig irrelevant wie viele Menschen davon nun betroffen sind?

Und was kostet uns der ganze Spaß? Haben wir nun eine Umkleide D in allen Turnhallen und Schwimmbädern? Welche Gesetze und Formulare müssen neu erstellt werden? Wir hatten im Saarland zuletzt die Klage eines jungen Herrn, der sich im Rahmen der Inklusion die Gelder für Beförderung von 7.500 auf 12.000 Euro IM MONAT erhöhen lassen wollte. Da gab es dann doch einige wütende Gegenstimmen. Für die Heimbetreuung eines Schwerstkranken bekommt man 2.500 Euro und muss 2.000 Euro dazubezahlen oder Insolvenz anmelden. Da bekommt man schon mal so richtig Wut, wenn andere den Hals nicht voll genug kriegen.

Was hat das jetzt mit Babys zu tun, deren Geschlecht nicht eindeutig ist? Ich halte es nicht für Spaß aber jeder wie er mag. Der Beitrag ist völlig am Thema vorbei und hat gar nichts mit dem zu tun, was hier diskutiert werden soll. Manchmal denke ich kurz, wie es wohl sein muss, so schrecklich unzufrieden und wütend zu sein.

Auch interessant, wie es sich so lebt, wenn man denkt, man bezahlt Dinge, die es noch gar nicht gibt. Und niemand muss sich in einem Schwimmbad im öffentlichen Bereich umziehen, dafür gibt es abschließbare Kabinen. Und es ist doch kein Akt, wenn an Männer- und Frauenumkleiden jeweils noch ein Schild mit Diverse angebracht ist. Glaube nicht, dass man dafür einen Sonderetat beantragen muss.