Keine Wahlmöglichkeit bei WG-Suche?
In Wohnen in WG - Lebt es sich mit Frauen oder Männern besser? wurde geschrieben, dass es durchaus Städte gibt, in denen man sich seine Wohngemeinschaft nicht aussuchen kann, weil es zu viele Bewerber gibt.
Nun kenne ich durchaus auch die dort genannten WG-Castings. Und ich glaubte auch schon in München zu verzweifeln, da ich größtenteils nicht einmal Antworten bekam. Und München gehört vermutlich zu den Städten mit den größten WG-Castings- manch einer wollte sogar Bewerbungsvideos haben.
Dennoch bin ich nicht der Meinung, dass man nicht auch selbst wählen kann. Denn zum einen bieten die großen Uni-Städte natürlich auch eine viel größere Auswahl als jene in einem kleinen Dorf, wo es nur zwei Wohngemeinschaften gibt. Man hat also keine zwanzig Anzeigen aus denen man auswählen kann, sondern eher zweihundert, bzw. weitaus mehr.
Und wenn man denn eingeladen ist,kommen häufig nicht nur zwei Bewerber, sondern das höchste was ich hier erlebt habe, waren fünfzig. Allerdings waren dort dann auch Leute dabei, die einfach nicht passten. Wenn Berufstätige eine WG mit anderen Berufstätigen suchen, so ändert auch ein sonnabendliches Kellnern nichts an der Tatsache, dass man Student ist.
Doch auch als Suchende habe ich mir durchaus die Freiheit genommen abzusagen, wenn ich das Gefühl hatte, dass es nicht passte. Was nicht bedeutet, dass man nicht unter Umständen in manchen Orten Abstriche machen muss. Aber ich sehe mich keinesfalls gezwungen irgendwo einziehen zu müssen und das wären für mich auch falsche Voraussetzungen.
Auch das was geboten wurde, war hier durchaus manchmal mehr als ich erwartet habe. Es gab durchaus WG-Angebote mit Schwimmbad im Haus, Partykeller, großem Garten (dann musste man allerdings Abstriche in anderen Bereichen machen und größere Entfernungen in Kauf nehmen), usw. Und auch die Nachfrage regelt meiner Meinung nach den Preis. Wer nur 200 Euro zahlen möchte oder kann wird in München sicherlich nicht fündig. Wem der Preis egal ist, der findet hier durchaus exklusive Angebote mit Gleichgesinnten.
Deshalb denke ich nicht, dass man meine Wahlmöglichkeit hat. Man muss vielleicht länger suchen. Doch wer nicht von sich überzeugen kann, hat es unter Umständen auch in Städten mit kleinerem Angebot und weniger Bewerbern schwierig. Bekannte von mir leben in einer WG auf dem Land. Bewerber gibt es wenige, wenn mal ein Zimmer frei ist. Dennoch würde sie nicht jeden einziehen lassen und so mancher Bewerber sagte auch dort, dass es einfach nicht passt und lehnte ab.
Wie seht ihr das? Meint ihr etwa auch, dass man in manchen Städten nehmen muss, was man kriegen kann? Oder achtet ihr dennoch darauf, dass es passt?
Wenn es zum Semesterbeginn (Wintersemester) hin geht und die Städte bzw. Universitäten Notunterkünfte anbieten, was bedeutet, in einem Schlafsack in einer Halle schlafen zu können, dann vergeht einem der Wille zur Wahl. Es gibt tatsächlich ganz real Situationen, bei denen es auch nicht darum geht, "selbst" zu überzeugen. Wenn auf ein WG-Zimmer mehr als hundert Bewerber da stehen, dann beginnt das Spiel absurde Züge anzunehmen. Hier ist dann oft auch eine Grenze erreicht, wo man sich als "Bewerber" für eine Wohnmöglichkeit gänzlich entwürdigen muss.
Natürlich kann man seinen Grundsätzen folgen und ein WG-Zimmer ausschlagen. Aber wenn man dann weiß, dass man u.U. wirklich NICHTS anderes mehr finden wird und ins Umland ziehen muss (was dann u.U. bedeutet, 40 Km täglich pendeln zu müssen, um studieren zu können), dann verliert man (vernünftiger Weise) seine Angewohnheit, wählerisch zu sein.
Besonders lustig finde ich die Vorstellung mancher, die kein WG Zimmer finden, einfach eine eigene WG aufmachen zu wollen. Dabei wird verkannt, dass es einen Zusammenhang zwischen fehlenden WG-Zimmern und freien Wohnungen geben könnte.
Ich bin fest davon überzeugt, dass in den Zuzugsgebieten - gerade aktuell - mit einem mittleren Einkommen alles genommen werden muss, was angeboten wird. Wählen ist z.Z. nicht drin, außer man hat die Möglichkeit, sich im oberen Preissegment was zu suchen.
Es mag durchaus sein, dass eine gewisse Wahlmöglichkeit besteht, diese sehe ich aber teilweise nur in der Fantasie der Prinzipien gegeben, da es gewisse Stoßzeiten gibt, zu denen eine Wahl einfach nur schwer zu realisieren ist. Wer beispielsweise Anfang September die Zusage seiner Wunschuniversität bekommt und bis Mitte Oktober eine Wohnung gefunden haben muss, dem steht die Zeitknappheit entgegen, ebenso wie er zu bedenken hat, dass gerade zu dieser Stoßzeit mehr Studenten auf der Suche sind, als es rentable Angebote gibt. Wenn dann zusätzlich noch ein knappes Budget sowie mangels Führerschein eine Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel Grundvoraussetzung ist, dann glaube ich schon, dass man in der Regel das erstbeste Angebot nimmt, um nicht mit dem Studium warten zu müssen.
Hinzu kommt, dass man im Vorhinein ja auch gar nicht so genau einschätzen kann, was man nun überhaupt gewählt hat. Ich habe schon Geschichten von aufgeräumten Wohngemeinschaften gehört, die nach der Besichtigung wieder fröhlich zumüllten, ebenso von ruhig und sympathisch wirkenden Leuten, die dann abends doch wilde Partys feierten. Das Problem sehe ich eben gerade darin, dass man mit wildfremden Leuten zusammenzieht, die sich für eine kurze Besichtigung von ihrer besten Seite zeigen können. Natürlich gibt es Extremfälle, in denen man von Anfang an erkennt, dass es nicht passt, meistens mietet man aber die Katze im Sack und muss sich ohnehin überraschen lassen.
Dass es schwer ist, habe ich ja selbst erlebt. Ich habe im September eine Bleibe zum ersten Oktober in München gesucht. Also nicht nur Studienbeginnzeit in einer der teuersten Städte Deutschlands, sondern auch Oktoberfest. Da gab es durchaus Angebote für 200€ für ein Wochenende auf einer abgewetzten Matratze im Studentenwohnheim. Vermutlich musste man dort aber lediglich seinen Geldbeutel und sich selbst davon überzeugen.
Ich scheiterte bei meiner ersten Suche und fand nach langer Suche nur etwas vorübergehendes für einen (für mich) hohen Preis außerhalb. Vorab habe ich Massenbesichtigungen, kurzes Kennenlernen mit Steckbrieferstellen, Skype-Interviews, viele Absagen und Leute, die nicht einmal absagten, kennengelernt. Ich habe Aushänge gesehen, dass Leute sogar Prämie bezahlen, wenn sie ein passendes Zimmer finden. Also entschied ich mich für tagtägliches Pendeln und damit aber auch die Freiheit vier weitere Wochen suchen zu können.
Da sah es dann schon bedeutend besser aus, auch wenn ich natürlich nicht meine Maßstäbe aus früheren Wohnorten ansetzen konnte. Aber ich war in der Stadt und hatte dadurch auch mehr Möglichkeiten. Während mir im September nur etwa 10% der WG-Anbieter antworten, waren es im Oktober über 50%. Manche mit einer Absage, aber dafür gab es sogar auch Angebote auf mein eigenes Gesuch. Und da waren dann auch Leute dabei, wo ich merkte, dass es nicht passte. Bei zweien von ihnen beruhte dieses Gefühl nicht auf Gegenseitigkeit und man war enttäuscht, als ich absagte.
Mag sein, dass ich auch Glück hatte, aber ich sehe mich nicht als die perfekte Bewerberin an. Keineswegs. Aber es ist doch niemanden mit WG-Hopping geholfen (außer vielleicht den Umzugsunternehmen) und gerade wenn man länger irgendwo verweilen möchte, sollte man schon bewusst entscheiden. Was bringt es dem Allergiker, sich einzureden, dass er mit den vielen Haustieren schon zurecht kommt? Oder dem ruhigen Studenten in der Party-WG, wo er nicht lernen kann, weil die Wände wackeln?
Mir erschließt sich nicht, was das primär mit Wohngemeinschaften zu tun haben soll. Denn so gesehen hat man doch grundsätzlich nicht wirklich eine Wahlmöglichkeit, wenn man ganz dringend eine Unterkunft braucht. Das kann sein, weil man sich vergrößert oder der Vermieter Eigenbedarf hat oder weil man in eine andere Stadt ziehen muss, um dort zu arbeiten. Wenn man enormen Zeitdruck hat und der Wohnungsmarkt dann noch angespannt ist, hat man nicht viel Zeit um wählerisch zu sein.
Davon kann ich tatsächlich ein Lied singen. Ich habe selbst fünf Jahre studiert und weiß, wie hart es ist, eine WG zu finden. Eine Einzimmerwohnung zu finden, war hingegen ein Ding der Unmöglichkeit. Ich hatte aber tatsächlich unendlich viele WG-Besichtigungen gehabt und war auch schon bei vielen Castings. Ich will gar nicht wissen, wie viele "Bewerbungen" und Anfragen ich schon geschickt habe.
Tatsächlich hatte ich oft keine andere Möglichkeit und musste dann etwas zur Zwischenmiete nehmen, obwohl ich das nicht wollte. Trotzdem hatte ich ja eine Bleibe gebraucht und musste dann öfter was für einige Monate oder für ein Jahr nehmen, um mich dann eben auf die Suche nach etwas Neuem zu machen. Auswahl hatte ich da aber auch nie, sondern ich war froh, wenn es überhaupt mit etwas geklappt hatte.
Ich wohne jetzt auch in einer WG, mit der ich aber voll und ganz zufrieden bin und in der ich auf unbestimmte Zeit bleiben kann. Das Zimmer ist zwar verhältnismäßig sehr teuer, allerdings hatte ich damals auch keine andere Option. Da es mir hier aber so gut gefällt und der Preis auch irgendwo gerechtfertigt ist, werde ich hier auch erstmal bleiben, zumal ich definitiv auch keine Lust habe, mir den Stress noch einmal zu geben und etwas anderes zu suchen.
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