Ist die Nato durch Deutschlands Ausgaben gefährdet?
Juri1877 hat geschrieben:Alles, was ich hier lese, macht die Sache noch schlimmer. Ich lese nämlich auch die Kommentare vom SPIEGEL und anderen Klatschblättern. Man merkt klar und deutlich, dass es letztlich nur ein Argument gibt: Wir wollen nicht. Alles andere ist nur vorgeschoben.
Ja und? Hat je ein deutscher Politiker, der etwas zu sagen hat, etwas anderes behauptet? An welcher Stelle hat denn jemand gesagt, wir können auf keinen Fall mehr Geld ausgeben? Wie schon oben gesagt, natürlich ist es das Nichtwollen. Aber es geht doch auch gar nicht um die Frage ob wie mehr Geld für den Verteidigungshaushalt ausgeben können oder nicht. Vielmehr geht es doch um zwei andere Fragen. Zum einen ob wir denn wirklich mehr Geld ausgeben wollen. Denn das zieht ja unweigerlich die Konsequenz nach sich, dass wir woanders weniger Geld ausgeben. Ich weiß dir stellt sich die Frage nicht, du nimmst es Bedürftigen weg.
Aber würdest du auch noch für höhere Verteidungsausgaben plädieren, wenn die Bundesregierung als Konsequenz daraus nicht die Ausgaben für Flüchtlinge und Entwicklungshilfe kürzt, sondern zum Beispiel den digitalen Bildungspakt aufkündigt oder in den nächsten Jahre die Rente nicht anhebt oder dafür Steuern erhöht? Damit muss man ja unweigerlich rechnen und es eben in Betracht ziehen, dass das Geld eben an anderen Stellen eingespart wird als man es gerne hätte.
Und zum zweiten stellt sich ja eben die Frage, wie viel Ausgaben für die Verteidigung des Landes wirklich sinnvoll sind. Länder wie Kanada, Italien, Japan oder Frankreich geben auch weniger als 2 Prozent aus. Auch Großbritannien hat die letzten Jahre nicht immer 2 Prozent ausgegeben. Island als Natomitglied hat zum Beispiel nicht einmal eine Armee. Ist das alles sinnvoll?
Macht es Sinn um die 2 Prozent zu halten Zeitarbeiter als Soldaten einzustellen, damit man in Zeiten schlechter wirtschaftlicher Lage mal schnell 50.000 Soldaten rausschmeißen kann und in Boomzeiten wieder einzustellen? Ich weiß nicht. Das erschließt sich mir nicht so recht. Zumal die EU über eine ähnliche Truppenstärke verfügen dürfte wie die USA. Sollte man da nicht vielleicht eher überlegen, statt viele Truppen doppelt vorzuhalten, noch viel mehr zusammenzuarbeiten? Dann braucht man sich auch nicht über 1,1 oder 1,3 oder 1,5 Prozent streiten, sondern kommt locker mit dem Militärbudget zu recht, dass derzeit alle EU-Staaten haben.
In den letzten Jahren hat sich viel ereignet. Seit 2.000 gibt Deutschland den gleichen Betrag für das Militär aus. Russland hat diesen Betrag verdoppelt. China hat ihn vervierfacht (soweit wir wissen). China agiert sehr aggressiv im Südchinesischen Meer. Russland hat die Krim annektiert und im Osten der Ukraine herrscht Krieg. Alle NATO-Staaten haben sich auf dieses Ziel geeinigt und ausgerechnet das reiche Deutschland agiert wie in der Flüchtlingspolitik gegen alle andere Staaten!
Juri1877 hat geschrieben:Alle NATO-Staaten haben sich auf dieses Ziel geeinigt und ausgerechnet das reiche Deutschland agiert wie in der Flüchtlingspolitik gegen alle andere Staaten!
Ach immer wieder diese Halbwahrheiten. Nur weil man eine Lüge mit einem Fakt kombiniert, wird es dadurch nicht wahrer. Ja klar haben sich alle Nato-Staaten auf dieses Ziel geeinigt, soweit richtig. Was aber falsch ist, ist die Behauptung, dass Deutschland gegen alle anderen Staaten agiert. Je nach dem welches Jahr man bei der Betrachtung wählt, also egal ob 2018, 2017 oder auch 2016 kommen maximal 5 Natostaaten überhaupt auf die 2 Prozent Ausgaben und das hat sich nicht wirklich geändert. Und da ist die USA schon dabei und dann eben zum Beispiel auch Griechenland, wo ich dir ja vorgerechnet habe, wie unsinnig und nichtssagend das 2 Prozent Ziel ist, dass die Griechen da einhalten. Auch wenn man die ganze Nato betrachtet stehen wir im soliden Mittelfeld gemessen am BIP.
Also man sollte da mal halb lang machen mit dem dauernden Zeigen auf Deutschland. Zumal wir ja eben absolut gesehen mit den größten Wehretat weltweit haben. Hier wird ja immer so getan als wenn unsere 40 Milliarden Euro Peanuts wären, im weltweiten Kontext sind sie das aber eben nicht. Was man natürlich bemängeln kann, ist diese Wischiwaschi der Bundesregierung. Hier könnte man natürlich eine klare Position erwarten. Also entweder am 2 Prozent Ziel festhalten und dann auch wirklich dementsprechend mehr Geld in die Hand nehmen oder eben gerne auch bei den gut 40 Milliarden Euro bleiben und nach außen auch klar kommunizieren, dass man sich von dem gesetzten Ziel verabschiedet. Da ist derzeit die Position ja völlig inkonsequent.
Das Schlimme ist die Diskussion. Man bekommt den Eindruck, dass die Deutschen überhaupt keinen Bock mehr haben, wirklich noch zu kämpfen. Welches Vorbild geben wir denn aktuell ab? Ich habe nicht mehr den Eindruck, dass hier in Deutschland eine Mehrheit noch bereit ist, die Freiheit ihrer Mitbürger im Osten auch mit der Waffe in der Hand zu verteidigen.
Und was genau ist daran jetzt schlimm, dass wir keinen Bock auf Krieg haben? Ich würde so etwas jetzt auch als Stück weit Evolution und Lernen aus der Vergangenheit nennen. Es ist ja nun nicht wirklich so, dass wir uns jetzt überall heraus halten. Die Bundeswehr ist derzeit in 14. Auslandseinsätzen aktiv. Da sollte man mal schon bei der Wahrheit bleiben.
Was genau würdest du dir denn vorstellen? Einen Krieg der Nato gegen Russland wegen der Ostukraine? Was würde das bringen und was würde uns eine Bundeswehr da jetzt nutzen, die zum Beispiel über 300.000 Mann verfügen würde? Glaubst du wirklich, dass das irgendwen auf russischer Seite abschreckt? Ich denke, da bringt es mehr einfach mal den Gashahn zuzulassen, wenn man da irgendetwas erreichen will und einfach kein russisches Gas zu kaufen. Klingt sicherlich einfacher als es ist, aber da könnte man in meinen Augen das Geld sinnvoller einsetzen als in irgendwelche Kriegsgebaren.
Das Nato-Bündnis ist doch schon längere Zeit brüchig und das wissen auch die darin involvierten Länder. Ursache dafür sind aber nicht Deutschlands Ausgaben, sondern wohl eher Spannungen einzelner Länder untereinander im Bündnis. Nicht umsonst werden ja die Rufe nach einer europäischen Armee immer lauter, aber die braucht meiner Meinung nach auch kein Mensch.
Klehmchen hat geschrieben:Und was genau ist daran jetzt schlimm, dass wir keinen Bock auf Krieg haben? Ich würde so etwas jetzt auch als Stück weit Evolution und Lernen aus der Vergangenheit nennen.
Ich rede von Verteidigung und nicht von Krieg. Und wer aus der Vergangenheit lernen will, sollte auch an das Münchner Abkommen denken und wie sehr es Hitler zum Krieg gegen Polen getrieben hat. Der hat die englischen und französischen Versprechungen an Polen nicht mehr geglaubt. Und ich bin mir sicher, dass Frankreich damals in vielen Ländern stationiert war und einen der höchsten Militärhaushalte weltweit hatte. Nur hat dies eben Hitler nicht abgeschreckt. Ermuntert Deutschland mit seiner Politik nicht die Falschen und schreckt seine Freunde ab?
An der Stelle kann man ja auch wieder ein einfaches Gegenbeispiel bringen. Wie viele Soldaten haben die USA? Wie viel Geld geben sie aus und in wie vielen Ländern haben sie Soldaten stationiert? Wenn es so einfach wäre, dürfte sich doch niemand trauen irgend etwas gegen die USA zu sagen. Komischerweise ist die USA aber in viele Konflikte auf der Welt verwickelt und dabei nicht nur der Aufpasser für alle, sondern vielerorts auch die erste Zielscheibe und das größte Feindbild.
Und weder die Russen, noch die Chinesen lassen sich ja wirklich abschrecken von den USA und ihrem Militärbudget. Irgendwie führt da Aufrüsten auf der einen Seite nur zu Aufrüstung auf der anderen Seite. So einfach ist es also wohl irgendwie doch nicht. Zumal wie schon einmal gesagt die EU ja grundsätzlich über ein riesiges Militärbudget und eine riesige Streitmacht verfügt, die je nachdem was man betrachtet, durchaus auf Augenhöhe mit den großen Militärmächten dieser Welt steht.
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