Parteiische Informationspolitik in der Ukraine-Krise?
Auch wenn das Thema nicht mehr so "heiß serviert" wird: nach wie vor herrscht in Teilen der Ukraine ein Bürgerkrieg und teilt das Land in zwei Stücke. Aber wenn von diesem Konflikt gesprochen wird, dann ist die Rollenverteilung klar und die "pro-russischen" Rebellen sind als Schuldige des Konflikts ausgemacht, vor denen die "pro-europäischen" Ukrainer fliehen. Und im Hintergrund soll Russlands Präsident Putin das Kommando haben und den Konflikt so steuern.
Was aber auffällt, ist das kaum davon berichtet wird, wie es den Menschen in der Ostukraine geht und das diese auf Grund der Blockade aus Kiew im Grunde ins Elend getrieben werden. Das beginnt mit der Unterbrechung der Strom- und Wasserversorgung und gipfelt aktuell mit dem Stopp der Überweisung von Renten an diese Menschen (das betrifft aktuell über 200'000 Rentner).
Ebenso ausgeblendet wird das Schicksal der Menschen, die vor den Ukrainischen Truppen über die Grenze nach Russland geflohen waren. Es sind im Moment fast 400'000 Menschen aus der Ukraine nach Russland geflohen. Man kann nicht annehmen, dass Russland diese Menschen wie Touristen behandelt.
Vielmehr sind es schlicht Flüchtlinge für die provisorische Notunterkünfte zur Verfügung gestellt werden, so gut es eben geht. Als im Zuge des Tschetschenien-Konflikts in den Jahren von 1999-2003 ca. 100'000 Menschen nach Inguschetien geflohen waren (damals eben vor "den Russen") und ebenfalls in Flüchtlingslager unterkamen, wurde regelmäßig über diese schlimmen Zustände berichtet.
Wiedermal ein kleiner konkreter Hinweis, dass das Interesse der Öffentlichkeit gelenkt werden kann und das hinsichtlich Opfer mit zweierlei Maß gemessen wird.
Das ist interessant, was Du schreibst. Ich mache mir schon seit langem Gedanken darüber, warum das humanitäre Elend in der Ukraine, das ja immerhin in Europa stattfindet, viel intransparenter ist als wenn auf den Philippinen mal wieder ein Erdrutsch passiert ist.
Vor kurzem habe ich einen Bericht gesehen über die Menschen, die bisher auf der Krim gelebt hatten und plötzlich vor der Frage standen, ob sie die russischen Pässe annehmen und dafür in Kauf nehmen sollten, zukünftig in einer Diktatur zu leben, oder ob sie lieber Richtung Westen flüchten, Haus und Hof zurücklassen, aber dafür in Freiheit leben können. Es waren etliche darunter, die sich gegen Russland entschieden haben und dadurch jetzt ihren gesamten Besitz los geworden sind. Wir haben eine Flüchtlingsbewegung in Europa, und keiner schaut hin.
Ich glaube, die Ukraine ist deshalb medial abgehängt, weil die Person Putin viel spannender ist. Der bekommt vielleicht eine Aufmerksamkeit. Die ganze Welt sieht mittlerweile durch seine Augen. Der Westen hier und der Westen da. Was bedeutet dagegen schon das Schicksal der einfachen Leute in der Ukraine gegen den medialen Ertrag, den man durch Putin erzielen kann.
Für die Behauptung mit den Rentnern fehlt mir der Nachweis. War dies überhaupt so? Wurden auch in anderen Landesteilen die Renten zu spät ausgezahlt? Vor allem ist die verspätete Rentenauszahlung für mich kein Kriegsgrund. Wer beim Völkermord im Kosovo den Westen zum Stillhalten verdonnern will, braucht sich dann eben auch nicht wegen angeblich fehlender Rentenzahlungen zu beschweren.
Für mich stellt sich eben auch immer die Frage nach den Folgen eines solchen Eingriffs. Die baltischen Staaten haben im Zuge der Finanzkrise sicher auch massiv die Renten gekürzt. Ist dies nun etwa auch ein Kriegsgrund?
Juri1877 hat geschrieben:Für die Behauptung mit den Rentnern fehlt mir der Nachweis.
Das ist ja das, was ich mit "einseitiger" Berichterstattung meinte. Wobei es schon vereinzelt "Reportagen" gibt, welche auch auf solche Zusammenhänge hinweisen, wenn auch eher selten und nicht sonderlich prominent platziert. Aber wir können dazu z.B. die FAZ heranziehen. Das Blatt kann definitiv nicht als linkes und pro-russisches Kampfblatt gesehen werden. Hier wurde mal über die Situation auch der Rentner im Osten des Landes geschrieben. Was jetzt kommen muss: die Zahlen hier sind so geschätzt, dass sie nicht als Propaganda gegen Kiew genutzt werden können. Es gibt zahlreiche andere Quellen, welche andere Zahlen nennen. Da aber diesen Quellen dann eher ein "pro-russland" Weltbild angedichtet wird, werden sie dir nicht reichen. Fakt bleibt, dass das Problem grundsätzlich real ist.
Juri1877 hat geschrieben:Wer beim Völkermord im Kosovo den Westen zum Stillhalten verdonnern will
Harte Worte, zumal mir bzgl. "Völkermord" im Kosovo nur der Hufeisenplan des Sozialdemokraten Scharpings bekannt ist, was sich als Geschichte noch schlechter gemacht hat, als die Geschihte der Massenvernichtungswaffen im Irak. Zumal man nicht vergessen darf, dass auch schon die Existenz der UCK vom Westen bezweifelt wurde und als Propagandalüge serbischer Behörden gewertet wurde - obgleich auch klar ist, dass diese Terrororganisation von westlichen Geheimdiensten unterstützt bzw. finanziert wurde.
Juri1877 hat geschrieben:Die baltischen Staaten haben im Zuge der Finanzkrise sicher auch massiv die Renten gekürzt.
Hier würde mir jetzt der Nachweis fehlen. Aber glaubst du, dass die Balten es gewagt hätten, nur den Russen die Renten vorenthalten zu wollen?
Juri1877 hat geschrieben:Ist dies nun etwa auch ein Kriegsgrund?
Ich persönlich lehne Krieg ja schon Grundsätzlich ab - übrigens erst recht, wenn es sich um nationalistische Separationskriege handelt! Das gilt für die Ukraine aber auch für Kosovo oder sonstige Regionen. Nur wird im Westen aber der "Faild State" Kosovo weniger thematisiert, als die Vorgänge in der Ukraine und es wird auch nicht klar, wieso Berlin und Washington allein bestimmen dürfen, wo Separatismus gut ist und wo nicht.
Das in den Regionen, wo die Separatisten unterwegs sind, die Renten nicht gezahlt werden, um Separatisten nicht zu unterstützen, sollte einleuchten. Das habe ich mir nämlich schon vor dem FAZ-Artikel gedacht, jedenfalls logisch! Und das diese arme Rentnerin dann sagt, sie wolle von den Faschisten, die sie ja anscheinend nicht mag, auch noch Geld haben, ist auch lustig!
Warum jetzt immer weniger darüber gesprochen wird liegt wohl daran, dass es eine Zeit gab, an der es tagtäglich präsent war und jetzt wird das Thema langweilig! Es ist halt nichts neues mehr, warum darüber berichten?
Aus Russia Today gibt es bestimmt noch viele Informationen! Weiß nur keiner! Muss man wissen! Aber aufpassen, die sind halt sehr pro-Putin.
In der Ukraine kann es aber auch nicht ewig Krieg geben und eine dauerhafte Friedenslösung muss her. Vor dem Kosovo war meines Wissens nach den Ereignissen in Ruanda, wo in kürzester Zeit Hunderttausende abgeschlachtet wurden. Sebrenica war auch kurz vorher.
Dies sollte man in Nachhinein bitteschön auch so erwähnen. Serbien wollte doch überhaupt keine friedliche Lösung dort. Daran ist der Westen nun auch nicht schuld. Gerade der FAZ-Artikel zeigt, dass man durchaus differenziert betrachtet, was Sache ist und die Ukraine keinen Freibrief hat, die russische Minderheit zu benachteiligen oder gar in Leib und Leben zu bedrohen.
Mir erschließt sich nicht, was das zwangsläufig mit der Ukraine zu tun haben soll. Meiner Ansicht nach hängt das eindeutig von den Medien selbst ab. So kenne ich Nachrichtenportale, die grundsätzlich parteiisch informieren, egal worum es geht. Andere wiederum berichten eher neutral und so, dass man sich eben eine eigene Meinung bilden kann und nicht von den Autoren in eine Richtung bei der Meinungsbildung beeinflusst wird. Wer meint, dass nur in Bezug auf die Ukraine parteiisch informiert wird, sollte sich auch mit anderen Themen auseinandersetzen.
Wenn man Kritik an Russlands Politik nicht ertragen kann, findet man alles als parteiisch. Der Bürgerkrieg im Osten der Ukraine dürfte die Zahl der dortigen Rentner drastisch reduziert haben. Das Problem mit der Auszahlung sollte sich also faktisch erledigt haben. Es bestreitet auch niemand, dass es in der Ukraine massive Probleme gibt. Dadurch wird das russische Vorgehen allerdings um keinen Deut besser.
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