Sollten deutsche Schulen in Gratis-Tampons investieren?
Geht denn eine Diskussion hier nicht, ohne persönliche Angriffe wie: "In welchem Traumland lebst du denn?" Das ist persönlich und übergriffig. Was kann ich denn dafür, wenn es hier solch Problem nicht gibt? Dann habe ich doch kein Glück gehabt. Dann ist es eben so, dass Eltern sich hier ausreichend um ihre Kinder kümmern und in anderen Teilen des Landes eben nicht.
Das hat mit Glück nichts zu tun. Jetzt sitze ich hier und winke ab und schreibe um des lieben Friedens willen: Das Problem ist sicher auch in Deutschland ein großes. Daher sollte die Schule unbedingt auch hier die Aufgaben der Eltern übernehmen und allen bedürftigen Mädchen Tampons und Damenbinden zur Verfügung stellen, so viel wie sie benötigen.
Was hast du gegen Traumland? Offensichtlich ist dir das Ausmaß der Armut hierzulande nicht ansatzweise bewusst. Und das Schulterzucken der Politik scheint dir auch vollkommen unbekannt zu sein. In meinem Stadtteil werden 33 Kinder gar nicht beschult, weil Lehrer und Räume fehlen. In der ganzen Stadt sind es fast 200.
Hier leben ganze Familien im Auto oder in Bruchbuden ohne Strom und Wasser. Im Schnitt teilen sich da mehr als zehn Menschen 40 oder 50 Quadratmeter. Das interessiert hier weder die Schule, noch das Jugendamt. Wenn schreitet das Bauamt ein und Familien mit Kindern landen innerhalb von Stunden auf der Straße. Da bringt das Reden über notwendige Tampons und Binden ganz viel.
Schon wieder solche Unterstellungen. Geht es denn nicht mal ohne? Ich mache das doch auch nicht. Hat aber auch den Grund, dass ich mich nicht für dich interessiere. Ich bin 55 Jahre alt und war 15 Jahre im Jugendamt tätig. Ich weiß, was Armut ist. Hier lebt ein Kind, das nichts besitzt. Die Hosen sind viel zu kurz, das Kind sieht ungepflegt aus und ist viel zu dünn.
Das Kind ist scheu und traut sich nicht, einen anzuschauen. Was mit diesem Kind los ist, sieht ja jeder Blinde. Aber was soll passieren? Das Kind liebt seinen Vater abgöttisch, der sich einen Dreck um es schert und es stundenlang oder über Nacht völlig allein lässt. Wer saß lange im zugigen Flur vor der verschlossenen Wohnungstür und sprach dem Kind Mut zu, während versucht wurde, den Vater zu kontaktieren?
Wer rief die Polizei, als es vor Verzweiflung aus dem Dachfenster klettern wollte? Wer nahm es mit auf den Spielplatz oder mal auf einen Spaziergang? Wer war stets freundlich und aufgeschlossen zu ihm? So viele Fragen und trotzdem war es nur eine einzige Person im Umfeld von vielen anderen. Nämlich ich allein.
Auch wenn hier Menschen ihre Kinder nicht adäquat versorgen und vernachlässigen, kann ich doch nichts dagegen tun. Das bedeutet noch lange nicht, dass ich das nicht zur Kenntnis nehme. Und wenn ich helfen könnte, die Umstände im Rahmen meiner Möglichkeiten zu verbessern, wäre ich immer dazu bereit. Andere Menschen, speziell Kinder, sind mir nämlich alles andere als egal.
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