Selektive Wahrnehmung bei eigener Betroffenheit?

vom 01.03.2014, 12:51 Uhr

Ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, nach Berlin zu gehen und meinen Haushalt hier komplett aufzulösen. Ich bin schon etwas älter und möchte vor der Rente noch einmal ein paar Jahre etwas ganz Neues anfangen. Ich habe das Gefühl, dass zur Zeit jeder nach Berlin geht. Meine Nachbarn ziehen nach Berlin, weil der Mann eine Professorenstelle dort bekommen hat, meine Untermieterin, die hier in München ein Praktikum macht, ist letztes Jahr zum Studium nach Berlin gezogen, mein Neffe und eine Nichte sind in Berlin .... Alle ziehen nach Berlin. Früher ist mir das nicht aufgefallen.

Habt ihr auch eine selektive Wahrnehmung, wenn ihr selber betroffen seid? Als ich schwanger war, hatte ich das Gefühl, dass überdurchschnittlich viele Frauen schwanger sind. Als mein Vater starb, sind nach meiner Wahrnehmung mehr Leute gestorben als sonst. Habt ihr auch eine solche Wahrnehmung, wenn ihr in einer besonderen Situation seid?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich finde das ganz normal. Erst wenn einem etwas auffällt, kann es einem auch vermehrt auffallen. Ich hatte mal einen Kumpel mit einem hellblauen Auto. Erst dachte ich, dass das sehr außergewöhnlich wäre, aber dann habe ich doch mehrere hellblaue Autos gesehen. Vorher habe ich sie halt nicht beachtet, weil ich keinen Bezug dazu hatte.

Dazu muss man aber gar nicht selber betroffen sein. Es muss nur wirklich durch die äußere Schicht dringen, es muss einem wirklich bewusst werden. Und sobald ein Umstand einem bewusst ist, fällt es einem auf, wenn er an anderer Stelle ebenfalls auftritt. Ansonsten perlt es an einem ab und man kann sich ja auch nicht alles merken.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Natürlich reflektiert unsere Wahrnehmung unser Innenleben. Ich muss da immer an die Episode aus den Harry-Potter-Romanen denken, in der eine Figur geglaubt hat, sie hätte einen Zaubertrank geschluckt, der bewirkt, dass sie den ganzen Tag nur Glück hat. Wenn man wirklich diese Überzeugung hegt, sieht man natürlich überall nur positive Entwicklungen, obwohl es sich nach wie vor nur um Zufälle handelt.

Ich glaube auch, dass es ganz normal ist, dass wir unsere Eindrücke und Erfahrungen quasi filtern, sodass nicht alles gleichberechtigt auf uns einströmt, sondern dass wir nur die Dinge registrieren, die in irgendeiner Form mit uns zu tun haben. Jedenfalls zieht in meiner Umgebung gerade niemand nach Berlin, dafür ist anscheinend gerade alles und jeder (mich eingeschlossen) erkältet. ;)

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Die Wahrnehmung ist doch immer selektiv, egal ob man selbst betroffen ist oder nicht. Jeder Mensch entwickelt eine eigene Wahrnehmung, die abhängig ist von der eigenen Erfahrung, der eigenen Einstellung und so weiter. Das hat mit persönlicher Betroffenheit primär nicht viel zu tun.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Natürlich ist deine Wahrnehmung immer selektiv, aber doch nicht immer auf die gleiche Weise. Persönliche Betroffenheit spielt schon eine Rolle dabei, weil sie steuert auf was sich deine Aufmerksamkeit richtet.

Wenn du mit dem Gedanken spielst dein zukünftiges Auto in Rot zu bestellen fallen dir auf der Straße plötzlich vermehrt rote Autos auf. Vor ein paar Wochen waren nicht weniger rote Autos unterwegs, aber da hattest du dir über die Autofarbe noch gar keine Gedanken gemacht und deshalb sind dir die roten Autos auch nicht weiter aufgefallen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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