Immer beide schuld, wenn Beziehung schlecht läuft?

Ich höre oft, dass immer beide Partner schuld daran sind, wenn eine Beziehung schlecht läuft. Ich muss sagen, dass ich das aber gar nicht so empfinde. Natürlich kann es schon sein, dass sich beide nicht genug für die Beziehung einsetzen oder dass beide sich bei Streitereien regelmäßig hochschaukeln, wobei ich schon finde, dass auch nur einer "schuld" sein kann, wenn man überhaupt von Schuld schreiben kann.

Es kann ja sein, dass einer auf stur schaltet und überhaupt kein Verständnis für die Interessen oder Wünsche und Bedürfnisse des Partners hat, selbst aber egoistisch ist und nicht mit sich reden lässt. Und es gibt ja auch Leute, die ihren Partner schlagen oder auf irgendeine andere Weise misshandeln - dass der Partner das in irgendeiner Weise verdient hat und quasi auch schuld daran trägt, finde ich gar nicht. Wie seht ihr das?

Ich sehe es absolut wie du. Beziehungen können auch einseitig schlecht beeinflusst werden. Immerhin gibt es, wie du schon erwähnt hast, Menschen die schlagen, die ignorieren und schlecht behandeln. Wenn sich einer bemüht und der andere Partner nicht, dann ist das nun mal nur einseitig und dann haben auch nicht beide Schuld.

Bei Gewalt zu sagen, dass der geschlagene Partner Schuld daran trägt, finde ich armselig und nicht nachvollziehbar. Das ist doch nur eine Ausrede und der feige Versuch von jemandem der gewalttätig ist, den anderen dafür verantwortlich zu machen. Da kann man wirklich nicht davon sprechen, dass beide Partner die Schuld tragen, wenn es zu häuslicher Gewalt kommt.

Bei anderen Dinge denke ich schon, dass auch nur einer Schuld haben kann. Bei zu wenig Rücksichtnahme, Verständnis oder auch, wenn nicht auf den anderen eingegangen wird. Manchmal muss man eben Kompromisse machen und wenn sich da einer strikt weigert, ist das sicherlich schwierig. Aber oftmals ist es ja schon so, dass keiner in einer Beziehung ganz schuldlos ist, wenn es schlecht läuft.

Im Normalfall lebt man sich einfach auseinander. Da würde ich auch nicht von Schuld sprechen. Schlagen geht allerdings überhaupt nicht. Dann sollte jede Beziehung sofort zu Ende sein. Meistens dürften es allerdings eher verbale Attacken sein. Hier würde ich auch von Schuld sprechen.

Wenn man von den brüllend offensichtlichen Aspekten wie Gewalt oder Untreue mal absieht, bin ich mir nicht so sicher, ob man wirklich immer von "Schuld" sprechen kann, wenn eine Beziehung nicht gut läuft. In vielen Fällen liegt die Ursache meiner Meinung nach in äußeren Auslösern, an denen in dem Sinne niemand "schuld" ist.

Beispielsweise würde ich es nicht als meine Schuld ansehen, wenn ich die Hobbys meines Partners nicht teile, oder umgekehrt. Und wenn ich jedes Wochenende auf einem Yoga-Workshop wäre oder der gute Mann ständig zum Segelfliegen möchte, kann das eine Beziehung durchaus belasten. Oder auch komplett externe Faktoren wie das liebe Geld stellen Hindernisse für eine Beziehung dar.

Zwar schreit jeder gerne, dass es darauf absolut nicht ankäme, solange man sich liebt, aber wenn eine Partei einen gewissen Lebensstandard gewohnt ist und der/die PartnerIn eben nicht mitziehen kann - ist dann die Person mit dem geringen Einkommen schuld oder die mit den hohen Ansprüchen? Für mich gibt es hier viel zu viele Grauzonen.

Natürlich ist das Opfer nicht Schuld daran wenn ihm Gewalt angetan wird, aber in unserem Land ist niemand verpflichtet in einer Beziehung zu verbleiben. Ich verstehe schon, warum manch einer bei Gewalt nicht direkt die Koffer packt. Ein Bekannter wurde zum Beispiel jahrelang von seiner Ex-Frau mit dem Entzug des gemeinsamen Kindes erpresst wenn er auf die Idee kommen sollte sich zu trennen. Aber möglich ist eine Trennung eben schon, man muss eine Beziehung, die dermaßen schlecht läuft nicht tolerieren.

Im Normalfall scheitern Beziehungen ja aber einfach daran, dass das Paar in einem oder mehreren Bereichen unterschiedliche Vorstellungen hat. Ich weiß nicht, ob ich da überhaupt vom Schuld sprechen würde. Ich will zum Beispiel keine Kinder und würde deshalb nicht zu einem Mann passen, der sich seine Zukunft mit zwei Kindern im Reihenhaus ausmalt. Ein Kompromiss ist in dem Bereich nicht möglich und mein Lebensentwurf ist objektiv betrachtet ja nicht besser oder schlechter als seiner, sondern einfach nur anders. Wie wollte man da eine Schuld bei jemandem finden?

Wenn eine Frau oder ein Mann geschlagen werden, hat natürlich nicht das Opfer schuld. So auf keinen Fall. Zwiegespalten bin ich dann, wenn man im Vorfeld schon schlägt und angreift. Da bin ich auch als Frau der Typ Frau, der sagt, das Echo muss man dann irgendwann auch ertragen können. Nicht nach dem Motto, haha ich bin eine Frau, klatsch dir die ganze Zeit ein paar und erwarte, dass du mir nicht mal eine Backpfeife gibst. Sollte man nicht tun, sondern lieber die Polizei rufen, aber das Echo ist man dann auch in meinen Augen selbst schuld.

Ansonsten ist immer jemand mit dafür verantwortlich, wenn es nicht läuft. Das fängt doch schon in der Sexualität an. Man ist da unzufrieden, aber kriegt den Mund oftmals nicht auf. Dann ist man unglücklich, es läuft nicht und auch Streitereien kommen vor. Wenn ich in meinem Freundeskreis mal frage, kommt dann immer direkt, aber angesprochen wurde das Thema nie.

Wenn im Allgemeinen etwas nicht in Ordnung ist, wird auch gerne solange gefressen, ehe die sprichwörtliche Bombe platzt. Wieso es immer erst bis zum Streit oder schlecht laufen bringen, wenn man im Vorfeld einfach mal den Mund aufmachen muss? Das erspart viel Ärger, hilft ungemein und kann etwaige Probleme klar differenzieren sowie klären.

Es gibt aber auch all jene, die gerne das Angesprochene vollkommen ignorieren. Die sind mir auch sehr lieb. Dann wird das übergangen, nicht ernst genommen und sich dann gewundert, wenn man sich trennt, es zur Diskussion kommt und mehr. Man muss sich schon irgendwo treffen.

Ich bin immer der Meinung, jeder trägt in einer Beziehung sein Päckchen. Außer, wenn Frau oder Mann geprügelt werden. Dann muss man wirklich zurückstecken, weil der Schlagende hier die Schuld trägt. Soll aber eben auch nicht heißen, dass Mann oder Frau alles dürfen und der Gegenüber sich alles gefallen lassen muss. Manchmal ist es dann auch schwer, statt eine Backpfeife als Antwort zu geben, die Polizei rational einzuschalten. Ich weiß, wovon ich rede.