Können Raubtiere gezähmt werden?

Ich habe vor einigen Tagen einen sehr interessanten Bericht gesehen. Dort ging es um einen Mann im Ausland, der seine eigenen Löwen zu Hause hatte und sie eben dressierte. Dieser Mann war der festen Überzeugung, dass man alle Raubtiere zähmen könnte und verriet dann auch seinen Trick wie er das am Besten anstellt.

So hat er mehrere Hunde zu Hause und lässt Hunde und Löwen von klein auf miteinander aufwachsen. Er spekuliert darauf, dass die Löwen das Verhalten der Hunde teilweise imitieren, auch weil die Löwen keine erwachsenen Vorbilder haben und als Babys zu diesem Mann kommen. Auch wird die Fütterung immer sehr speziell gestaltet. So gibt es genug Helfer, die dafür sorgen, dass keine Konkurrenz zwischen den Tieren entsteht und jeder einzelne wirklich genug bekommt ohne sich um das Essen streiten zu müssen. Auf diese Weise soll der Jagdinstinkt in Bezug auf die Nahrungsaufnahme gemildert werden.

Das würde er angeblich schon lange machen und seiner Meinung nach funktionierte das. Die Löwen bewegten sich auch zwischen Kindern und taten den Kindern überhaupt nichts. Sie schienen wirklich überhaupt keinen Jagdtrieb zu haben, was ich merkwürdig fand. In dem Bericht äußerten Kritiker dann auch, dass die Tiere möglicherweise auf Drogen oder anders sediert seien, weil es absolut unnormal wäre, dass die so ruhig und "gechillt" sind trotz vieler Hunde und Kinder in der Nähe. Daraufhin kam ein Tierarzt und untersuchte die Tiere, konnte jedoch nichts auffälliges feststellen.

Was meint ihr? Ist es unter bestimmten Voraussetzungen durchaus möglich, ein Raubtier zu zähmen? Warum? Warum nicht? Was haltet ihr von der Zähmmethode dieses Mannes? Kann das langfristig zum Erfolg führen?

Es gibt ja einen ganz bekannten Mann, Kevin Richardson - The lion Whisperer, der mit Löwen zusammenarbeitet. Ich habe mir schon einige seiner Videos auf YouTube angeschaut und das hat mich echt beeindruckt. Tiere haben ja auf jeden Fall von Natur aus erstmal ihren Jagdtrieb in sich. Tiger, Löwen oder Leoparden zählen ja genauso zu den Katzen wie unsere klassische Hauskatze bloß halt in wilder und großer Form.

Deshalb kann es doch schon möglich sein, diese "Katzen" zu zähmen und für Menschen umgänglich zu machen. Es ist da ja wie bei einem kleinen Kind: Bringst du ihm was bei und machst das von Anfang an so, dann ist das so mit ihm verankert, dass es das dann auch so macht und wenn man dann einen Babylöwen oder so mit der Flasche aufzieht und ihm dieses Wilde "austreibt" dann sollte das doch funktionieren.

Der Mann, den du beschrieben hast, macht ja genau das. Das kann durchaus zum Erfolg führen. Ich finde das auch richtig toll, weil ich sowieso ein richtiger "Katzenfan" bin und ich diese Tiere einfach total faszinierend finde.

Ich finde diese Frage wirklich schwierig zu beantworten und gerade, wenn etwas gefilmt und im Fernsehen gezeigt wird, weiß man als Zuschauer ja erst recht nicht, was jetzt wahr ist und was nicht. Es könnte ja auch sein, dass problematische Szenen einfach rausgeschnitten worden sind, um eine Art "Illusion" für den Fernsehzuschauer zu erzeugen.

Ich persönlich denke, dass man den Instinkt eines Raubtieres nicht unterschätzen sollte und dass dieser wie ein Reflex funktioniert, der in bestimmten Situationen ausgelöst wird, egal wie vorher die Erziehung und Konditionierung gelaufen ist. Daher wäre ich immer vorsichtig, wenn es um Raubtiere geht.

Ich sehe nicht, wo hier der "Erfolg" liegen soll, wenn man die natürlichen Verhaltensweisen eines Wildtiers mit allen möglichen Tricks ruiniert und verkrüppelt, nur um damit seine eigenen Defizite zu kompensieren. Oder wieso sonst sollte man sich einen völlig degenerierten und schwer verhaltensgestörten Löwen halten, wenn nicht um sich selber toll vorzukommen? Wenn man "gezähmt" mit "völlig verkorkst" gleichsetzt, kann der Mensch hier sicher Erfolge vorweisen, aber ich finde das Ergebnis eher tragikomisch bis grausam.

Deswegen halte ich auch immer zum Tier, wenn dem bedauernswerten Halbdackel doch irgendwann einfällt, dass er kein Fußabstreifer ist, sondern eine Killermaschine. Siegfried und Roy stellen da ein schönes Beispiel dar, aber auch zahllose Vorfälle in Zoos, Naturreservaten und Safariparks, die in meinen Augen zum Großteil darauf zurückzuführen sind, dass viele Leute glauben, alle Tiere seien auf den Menschen geprägt, "zahm" und stünden gerne für Selfies zur Verfügung. Und Leute, die "Löwen zu Hause haben", tun somit weder den Tieren noch ihren Mitmenschen, die dann gefressen werden, einen Gefallen, weil sie ein völlig perverses und verzerrtes Bild von Wildtieren in die Welt setzen.

Man kann jedes Säugetier zähmen. Auch wenn es schwer zu glauben ist, Löwen sind umgänglicher und freundlicher als Hauskatzen. Mit Löwen geht viel seltener etwas schief als mit der Nachbarskatze. Der Haken ist halt, dass es bei Großkatzen fatal ist, wenn es in die Hose geht. Löwen sind netter als die ebenfalls katzenartigen Hyänen und beide sind einfacher als Zebras, die nun keine Raubtiere sind.

Wobei ich unter zähmen verstehe, dass ein Tier keine Angst vor Menschen hat und kommuniziert und sich anfassen lässt, wenn der Mensch die Signale richtig deutet und das Tier respektiert. Dressur und "lustige" Tricks gehören für mich nicht dazu. Ein Restrisiko besteht natürlich immer. Aber das gibt es auch bei seit Jahrtausenden domestizierten Pflanzenfressern.

Na ja, der Mann arbeitet halt mit Tricks. Die Tiere werden so gefüttert, dass sie immer satt sind. Folglich werden sie träge und faul. Die Frage ist was passiert wenn die Katzen mal nicht gefüttert werden und wirklich hungrig sind? Generell sehe ich aber keinen Sinn darin eine Raubkatze überhaupt zu zähmen. Im Gegenteil. Es will ja niemand, dass so ein Tier nachts in Dörfer kommt und dort die Mülleimer plündert.