Jemanden Jahrelang kennen und kaum etwas über ihn wissen?
Es ist ja nicht selten, dass man mit Menschen schon Jahrelang zu tun hat, die man vielleicht von der Arbeit her kennt oder durch irgendwelche Dienstleistungen wie den Friseur oder ähnliches. Oftmals ist es dann ja so, dass man auch zwangsläufig irgendwann etwas über die Person erfährt und da etwas mitbekommt oder auch erzählt. Ich denke, dass es schon wirklich selten vorkommt, dass man jemanden Jahrelang kennt und dann so gut wie nichts über diese Person weiß. Das klappt sicherlich nur, wenn die Person ganz strickt das Privatleben heraus hält.
Ich habe es dennoch meist erlebt, dass auch von Arbeitskollegen das ein oder andere aus dem Privatleben durchsickert und das gar nicht ganz vermieden werden konnte. Schlimm finde ich das aber auch nicht. Es kommt ja auch immer darauf an, was man da mitbekommt und wie privat es ist.
Meint ihr, dass man durchaus jemanden Jahrelang kennen kann, ohne wirklich etwas über ihn zu wissen? Geht es euch bei Arbeitskollegen da so? Oder habt ihr die Erfahrung schon mit anderen Menschen gemacht? Meint ihr, dass es schon anstrengend sein kann, wenn man sein Leben so unter Verschluss halten will, dass niemand etwas erfährt?
Wenn man ein bisschen etwas weiß, kennt man eine Person ja nun noch nicht wirklich. Ein kleines Beispiel. Weiß ich über einen Arbeitskollegen, dass er ein Kind hat, weil das eben mal zur Sprache kam, weiß ich dennoch nicht wie er seine Freizeit verbringt, was er mag, was er nicht mag und vor allem wie er so drauf ist. Ich weiß eine absolute Kleinigkeit, aber eine Person kennt man nicht durch so eine Kleinigkeit, die man über sie weiß und natürlich kann man über Jahre wenig von sich erzählen, so dass nie ein gesamtes Bild entsteht.
Kann man behaupten, jemanden zu "kennen", ohne etwas über die Person zu wissen? Oder ist es dann nur ein vertraut aussehender haarloser Primate, der dir regelmäßig über den Weg läuft? In meinem Leben gibt es etliche Menschen, die mir quasi täglich begegnen und über die ich außer den Namen nichts weiß. Sie sind einfach Randfiguren in meinem Alltag, so wie ich eine Randfigur in ihrem Alltag darstelle. Diese Leute sind für mich Unbekannte, auch wenn ich weiß, wo sie arbeiten oder dass sie immer die gleiche Strecke wie ich mit dem Zug fahren. Für diese Kategorie gibt es schließlich auch die Aussage "Kenne ich vom Sehen!"
Ich selber empfinde es als ganz normal, wenn ich von den meisten Menschen, die so um mich herum kreiseln, relativ wenig weiß. Nicht jeder Mensch, der physisch in meiner Nähe ist, wird dadurch automatisch zu einem Bekannten oder gar Freund, auch wenn das natürlich auch vorkommt. Ich finde auch nicht, dass ich mein Leben "unter Verschluss halte", wenn ich irgendwelchen Mitarbeitern nicht mein Privatleben von der Kinderlosigkeit bis hin zu den Musicaltickets für November unter die Nase reibe. Als anstrengend empfinde ich eher die Leute, die hier wenig Hemmungen kennen, weil ich im Regelfall gar nichts über das Privatleben irgendwelcher Fremder wissen will.
Was du beschreibst ist wohl jahrelang mit einer Person zu tun zu haben, ohne diese zu "kennen". Wobei kennen schon auch ein weiter Begriff wäre, was hier wieder zu weit führen würde. Aber oftmals bringt es das "miteinander zu tun haben" mit sich, dass eben keine private Kommunikation möglich ist. Sei es der Verkäufer, bei dem man seit zig Jahren die Zeitschriften kauft, der immergleiche Briefträger, den man zwar sofort in der Stadt erkennt - aber nicht mal seinen Namen weiß oder eben auch die Kollegin aus dem Nachbarbüro, mit der man eben nie ein Wort spricht, wenn es nicht notwendig ist.
Anders wenn man mit Leuten täglich zu tun hat. Hier ist es eher "normal", wenn auch "privates" ausgetauscht wird. Aber manchmal gibt es eben auch Leute, denen gesagt wird, dass man verheiratet ist oder Kinder hat. Es aber als unnötig empfindet, zu sagen ob es ein Junge oder Mädchen ist, wie alt das Kind ist oder wie die Frau heißt. Das mag verschlossen wirken - wäre aber nichts Ungewöhnliches.
Ich verstehe nicht, wie man in diesem Kontext vom "kennen" sprechen kann, wenn man diese Person nur ab und zu "gesehen" und ansonsten nicht wirklich ein Wort mit ihr gewechselt hat. Nach meinem Verständnis kennt man eine Person erst dann, wenn man mehr mit ihr zu tun hat und dann nicht nur Details aus dem Leben weiß (müssen ja nicht alle Details sein), sondern auch den Charakter einigermaßen einschätzen kann und das kann ein oberflächlicher Bekannter nicht, den man nur im Vorbeigehen grüßt.
Es gab mal eine junge Frau in meinem Bekanntenkreis die man gekannt hat, mit der man auch etwas gemeinsam gemacht hat, sprich Konzerte besucht, zusammen feiern gehen, einen Stadtbummel machen oder einfach über einen Messenger chatten, jedoch war sie mit ihren Aussagen so aussagelos, dass man praktisch nichts über sie wusste, obwohl sie nichts verschwiegen hatte.
Von der mysteriösen Dame kannte man auch keine Hintergründe zur Familie, man kannte nicht ihren genauen Wohnort und andere Informationen. Für mich war das okay, sie wird vielleicht ihre Gründe gehabt haben und man hatte einen netten Kontakt zusammen. Sie war eine angenehme Person und sie war auch nicht auffällig, sprich sie hat nicht nach Geld gebettelt und keine merkwürdigen Geschichten erzählt.
Von daher würde ich schon sagen, dass man jemanden für Monate oder Jahre kennen kann, aber praktisch nichts über diese Person weiß. Sicherlich kann man so einen Kontakt nicht mit einer tiefgründigen Freundschaft gleichsetzen, jedoch gibt es diese Menschen auch und meiner Meinung nach ist es auch akzeptabel. Ich muss nicht alles über eine Person wissen, ich muss sie auch nicht richtig kennen.
Ich würde auch sagen, dass man eine Person dann eben nicht wirklich kennt, wenn man kaum etwas über diese weiß. Man hat dann eben durch die Arbeit oder wodurch auch immer miteinander zu tun, lernt denjenigen aber nicht wirklich kennen, so würde ich das beschreiben. Von Arbeitskollegen kenne ich das auch und da hatte ich in kurzer Zeit zwei Kolleginnen, die das Privatleben strikt aus der Arbeit herausgehalten haben und auch nicht viel erzählt haben, wenn man gefragt hat.
Da wir in der Belegschaft sonst eher familiär und zum Teil auch freundschaftlich miteinander umgehen, war das ehrlich gesagt schon etwas komisch für mich und ich musste mich daran auch erst gewöhnen. Schlimm finde ich das allerdings nicht und jeder möchte einfach unterschiedlich viel über das Privatleben preisgeben und da es eben das Privatleben ist, sollte man das dann auch so akzeptieren, finde ich.
Ich glaube auch, dass es durchaus öfters mal der Fall ist, dass man Leute kennt, die man eigentlich gar nicht wirklich kennt beziehungsweise von denen man eigentlich gar nicht so viel weiß, einfach, weil man im realen Leben vielleicht nicht viel miteinander zu tun hat. Wenn man sich zum Beispiel einmal die Woche bei einem Arzttermin sieht, dann kann es durchaus sein, dass man über die andere Person nichts weiß. Oder wenn man auf der Arbeit regelmäßig aneinander vorbeiläuft beziehungsweise die gleiche Umkleide habt.
Ich selbst finde es nicht schlimm, wenn man nicht jeden kennt beziehungsweise nicht viel über die Leute weiß. Man kann nicht jede Person so richtig "kennen" und muss da irgendwo mal Einschränkungen machen, da man ansonsten ja nur damit beschäftigt wäre, mit anderen Leuten zu kommunizieren, um Sachen über sie in Erfahrung zu bringen. Ich denke deshalb, dass es reicht, wenn man die wichtigen Dinge über seine Freunde weiß und nicht über Fremde.
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