Werden ältere Menschen leichtgläubiger?
Mir fällt schon seit einiger Zeit auf, dass meine Großmutter so ziemlich alles glaubt, was sie in der Zeitung, in Zeitschriften und im Fernsehen sieht. Meine Großmutter wohnt seit einigen Jahren alleine und wir kommen sie nur in den Ferien besuchen. So viel wir wissen, hat sie allerdings viele Freunde und auch oft Besuch, ist also nicht immer nur alleine.
Nun ist es seit einiger zeit wirklich so, dass meine Oma einfach alles glaubt. Ich weiß nicht, ob das früher auch schon war oder ob sich das erst mit der Zeit so entwickelt hat. Als wir sie in diesen Sommerferien besucht haben, fing meine Oma sofort damit an, dass man keine Milch trinken durfte. Sie hatte in einer Zeitschrift gelesen, dass Milch nur gut für Babys sei und man als Erwachsener so wenig Milchprodukte wie nur möglich essen durfte und normale Milch, überhaupt nicht. So kam es dazu, dass wir die ganzen Ferien über keine Milch für unsere Cornflakes kaufen durften, es gab weder Pudding, noch Grieß, keine Joghurts durften wir essen, keinen Käse, in die Soße kam auch keine Sahne mehr und in den Kaffee schon gar nicht. Mineralwasser mit Kohlensäure wäre laut der Zeitschrift auch absolut ungesund und wir sollten nur stilles Wasser oder Säfte trinken, weil das natürlicher sei. Und dabei handelt es sich keineswegs um Zeitschriften wie beispielsweise ''Galileo'', sondern um einfache, billige Zeitschriften wie ''Freundin'' oder ''Brigitte''.
Auch beim Fernsehen ist es nicht viel anders. Meine Großmutter schaut sich polnischen Fernsehprogramme an, deren Seriosität etwa mit der deutschen Bildzeitung zu vergleichen sind und glaubt alles. Eine Fernsehserie, die sich mit dem deutschen ''Gute Zeiten, schlechte Zeiten'' vergleichen lässt, ist ebenfalls nicht erfunden, sondern absolut wahr. Der Höhepunkt für mich wahr, als meine Oma uns davon überzeugen wollte, dass die Begebenheiten des Filmes ''Fluch der Karibik'' keinesfalls ausgedacht, sondern sich nur leicht verändert tatsächlich mal ereignet haben.
Wenn jemand von uns versucht meiner Oma zu erklären, dass sie das nicht alles glauben darf und das alles nur Entertainment ist, kommt es nur zum Streit und wir erreichen am Ende nichts. Meine Oma bleibt bei ihrer Meinung. Gerade liest sie ein Buch eines US-Amerikanischen Arztes und auch das ist für sie wie die Bibel. So stellt sie ihre Ernährung nun nach dem Buch um und glaubt fest an den Erfolg. Das erstaunliche meiner Meinung nach ist, dass sie umgekehrt davon überzeugt ist, dass Sendungen wie ''Die strengsten Eltern der Welt'' ausgedacht sind und das die Jugendlichen das alles nur für Geld machen. Ich gucke wenig Fernsehen und daher ist mir das wirklich egal, aber kann es wirklich sein, dass ein Mensch in diesem Alter ein so ''verkorkstes'' Urteilsvermögen hat?
Kennt ihr auch ältere Menschen, die mit den Jahren ihr Urteilsvermögen ändern und leichtgläubig werden? Woran liegt das eurer Meinung nach und was kann man dagegen tun? Einfach nur reden bringt nämlich in meinem Fall wirklich überhaupt nichts.
Sicherlich trifft das nicht auf alle älteren Leute zu aber ich habe das auch schon vereinzelt im Bekanntenkreis beobachtet. Ich denke mal dass es ein bischen mit der Verkalkung im Alter zusammenhängt weil einfach die Verknüpfungen im Gehirn als Vergleich mit dem bisher Erlebten nicht mehr so funktionieren.
Außerdem fehlt oft auch die Kommunikation und der Erfahrungsaustausch mit kritischeren Personen. Letzteres ist aber anscheinend doch nicht so entscheidend denn an mahnenden Worten fehlt es ja anscheinend nicht. Da spielt dann eine gehörige Portion Altersstarrsinn eine Rolle. Manche wollen sich einfach nicht sagen lassen das sie etwas falsch machen und nehmen jede Kritik daran furchtbar persönlich.
Leider wird vieles für bare Münze genommen weil es eben ein Professor gesagt hat oder weil es in der Apothekenzeitschrift stand und doch der Jauch dafür geworben hat. Also muss es ja stimmen. Dieser Logik kann man als Mensch der mit beiden Beinen im Leben steht leider nichts entgegensetzen. Es wird dann einfach nicht zugehört oder ziemlich schräg argumentiert weil zum Beispiel Parfum was aus Frankreich kommt einfach nicht schlecht sein kann. Was will man da noch sagen? Ich rede dann zwar auch Gebetsmühlenartig aber wer nicht hören will der soll es eben lassen und weiterhin diesen Unsinn glauben.
Es hängt wohl zu einem Teil mit dem Alter zusammen das Menschen leichtgläubig werden aber eben nicht nur. Ich kenne Menschen, die sind noch nicht einmal 30 Jahre alt und glauben, was man ihnen im Fernsehen erzählt wie z.B. das die Gerichtsshows echt wären und andere Pseudo-Dokus. in diesen Fällen kann ich nur mit dem Kopf schütteln da diese Menschen kein einsehen haben und meinen, alles was von Prominenten gesagt wird, im Fernsehen kommt oder in der Zeitung steht (z.B. BILD) das dies stimmen müsse, es überhaupt nicht anders sein kann.
Ich glaube, das hängt mit unserer Gesellschaft zusammen, die sich sehr auf die Medien verlässt und meist nicht hinterfragt ob dies stimmt oder woher sie dieses Wissen haben. Es wird einfach hingenommen, dann muss man nicht selbst denken. Dabei fällt es älteren Menschen wohl schwerer mit der neuen Medienlandschaft zurecht zu kommen da sie nicht damit aufgewachsen sind. Sie sehen das vielleicht als neues Allheilmittel gegen Unwissenheit und haben nie gelernt dies zu hinterfragen.
Mir erschließt sich nicht, was das primär mit dem Alter zu tun haben soll. Meiner Ansicht nach hängt das eher mit der Bildung zusammen. Denn wenn man in der Schule oder im Studium lernt, kritisch zu hinterfragen und alles zu analysieren, wird man meiner Ansicht nach im Alter doch nicht naiver.
Ich kenne unabhängig vom Alter verschiedene Typen Mensch. Da gibt es natürlich die Menschen, die alles glauben, was sie im Fernsehen sehen oder in der Zeitung lesen (egal wie unseriös das Medium ist, siehe RTL Punkt 12). Da fehlt jede Form der Reflektion und des Hinterfragens unabhängig vom Alter. Ich finde es anstrengend mit solchen Menschen, aber das ist ein anderes Thema.
Die zweite Gruppe sind eben die Menschen, die eine höhere formale Bildung genossen haben und da auch gelernt haben, kritisch zu hinterfragen. Ich kenne zum Beispiel Akademiker, die im Rentenalter sind und die sehr kritisch sind und nicht alles glauben, was man ihnen erzählt. Das hat also mit dem Alter gar nichts zu tun, sondern nur mit dem, was man vorher gelernt hat. Mich würde mal interessieren, welche formale Bildung Crispins Oma genossen hat.
Ich denke, wenn man schon in jungen Jahren nicht naiv und leichtgläubig gewesen ist, wird sich das im Alter höchstens verstärken, aber nicht grundlegend ändern. Ein Mensch, der im Alter leichtgläubig ist, wird doch nicht im Jugendalter das komplette Gegenteil gewesen sein meiner Logik nach.
Ich würde Leichtgläubigkeit weder auf das Alter noch auf den verbreiteten Irrglauben schieben, dass nur Menschen mit "höherer formaler Bildung" genügend Grips beieinander haben, um kritisch zu denken. Dafür kenne ich zu viele Leute mit "akademischer Bildung", die blindlings auch dem dümmsten Ernährungstrend hinterherlaufen. Nur weil es jemand geschafft hat, ein Studium nicht an die Wand zu fahren, heißt das noch lange nicht, dass die Person nicht alles glaubt, was Pinterest, Instagram und diverse Blogs so behaupten, dass man essen oder anziehen oder seinen Kindern vorlügen soll.
Wenn ich so darüber nachdenke, weiß ich eigentlich gar nicht, woher diese Leichtgläubigkeit kommt. Vielleicht liegt es auch an den Genen oder der Erziehung oder der kulturellen Prägung. Wenn jemand beispielsweise in einer Zeit groß geworden ist, in der es zwei Fernsehsender gab und die "Nachrichten" abends um acht die einzige verlässliche Informationsquelle darstellten, was in der Welt so passiert und für Lokalnews die einzige Zeitung herangezogen wurde, kann ich mir schon vorstellen, dass diese Generation eher Schwierigkeiten mit dem modernen Informations- und Unterhaltungsdschungel hat, in dem die Grenzen zwischen Realität, Lüge und Illusion oft völlig verschwimmen.
Aber dann gibt es auch wieder Leute, die altersunabhängig dennoch genau wissen, dass das "Fernsehen" lange nicht immer recht hat und auch Zeitungsartikel schlecht recherchiert sein können. Letzten Endes stellt sich hier wohl die Frage nach der Existenz und Entstehung von gesundem Menschenverstand.
Gerbera hat geschrieben:Ich würde Leichtgläubigkeit weder auf das Alter noch auf den verbreiteten Irrglauben schieben, dass nur Menschen mit "höherer formaler Bildung" genügend Grips beieinander haben, um kritisch zu denken.
Hast du meinen Beitrag genau gelesen? Ich habe geschrieben, dass das vom Studieninhalt abhängig ist. Nicht jeder lernt im Studium das kritische Hinterfragen, das sollte klar sein. Der Einfluss der Studieninhalt sollte nicht unterschätzt werden.
Ich denke nicht, dass es unbedingt eine Frage des Alters ist. Bei meinen Großeltern konnte ich so ein Verhalten nicht feststellen. Meine Oma hat da auch hin und wieder mal etwas Neues ausprobiert. Aber nie blind vertraut, was irgendwo geschrieben stand. Sie hat sich da lieber auf das testen und ihre Erfahrungen damit verlassen.
Ich denke, dass es auch junge Menschen gibt, die sehr leichtgläubig sind. Das hat sicherlich auch damit zu tun, wie sehr man sich mit etwas beschäftigt und weitere Informationen darüber einholt. Gerade, wenn man etwas sehr interessant findet, informiert man sich ja oftmals genauer darüber.
Ich glaube, dass man das nicht allgemein sagen kann. Ich arbeite ja als Krankenschwester entsprechend in der Pflege im Krankenhaus und ich hatte die vergangenen Jahre eigentlich eher das Gefühl, dass die Leute misstrauischer werden.
Viele sind jetzt sehr bewandert, was Technik und Co angeht und sind dadurch natürlich auch in der Lage, dann mal etwas nachzuschauen, ohne, dass sie jemanden dafür fragen müssen. Wenn man sich nämlich nicht dumm vorkommen muss, dann googelt man doch eher noch mal was beziehungsweise informiert sich eher, als man es tun würde, wenn man dafür andere Leute fragen müsste. Dementsprechend empfinde ich die Leute doch eher als aufgeklärter und weniger leichtgläubig als früher.
Ich kann nur für meine Großeltern sprechen, aber ich finde nicht, dass die leichtgläubig sind.Eher sind sie über die letzten Jahre durch die neuen Medien und Co misstrauischer geworden, als sie es früher waren und informieren sich lieber zwei Mal. Wenn sie etwas nicht wissen, dann fragen sie auch lieber uns noch mal, ob wir etwas für sie nachschlagen können, als das sie es einfach so glauben. Da konnten wir sie aber auch schon sensibilisieren.
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