Wann ist eine Bedürftigkeitsprüfung sinnvoll und notwendig?
Bundesarbeitsminister Heil steht zur Zeit in der Kritik wegen seinem Vorschlag zur Grundrente. So möchte er auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten, was bei der Opposition nicht sehr gut ankommt. Wann findet ihr, kann man durchaus auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten und wann sollte diese sinnvoll und praktisch zwingend notwendig sein? Fallen euch dazu Beispiele ein? Welche Vorteile und Nachteile seht ihr in einer Bedürftigkeitsprüfung?
Herr Heil will nicht darauf verzichten. Die Rentenversicherung sieht solche Prüfungen bisher nicht vor. Solche Prüfungen gibt es bei nahezu allen Leistungen vom Staat. Nur bei den Leistungen für Flüchtlinge wird nicht nachgefragt. Meiner Ansicht nach sollten Flüchtlinge nur etwas bekommen, wenn sie sich ebenso wie Deutsche ausweisen und die letzten 2 Jahre auch lückenlos dokumentieren könnten. Warum muss nicht jeder seine Bedürftigkeit gleich nachweisen, wobei kaum ein Amt in Syrien oder Somalia nachfragen kann? Darin sehe ich inzwischen das größte Problem. Die Bedürftigkeit kann nicht mehr für alle gleich ermittelt werden.
Was hat das mit Flüchtlingen zu tun? Ich sehe da beim besten Willen keinen Zusammenhang. Ich finde, dass bei der Lebensleistungsrente keine Bedürftigkeitsprüfung erfolgen darf. Es ist ja keine Sozialleistungen, sondern die Rentenpunkte werden bei geringer Rente höher bewertet. So soll natürlich auch die gerne zitierte Zahnarztgattin für ihre Leistung belohnt werden.
Übrigens ist das Beispiel von Herrn Lindner, den ich sonst sehr schätze, falsch. Da die Rentenpunkte höher bewertet werden, bekommen die in Teilzeit Beschäftigten natürlich weniger als die ehemaligen Vollzeitkräfte. So habe ich es zumindest verstanden. Aber es ist ja erstmal nur die Idee für einen Entwurf. Da wird sich noch einiges ändern.
Eine Bedürftigkeitprüfung ist meiner Meinung bei Sozialleistungen nötig, die nicht auf eigener Leistung beruhen, wie etwa Arbeitslosengeld 2, Bafög, Wohngeld und ähnliches.
Der Vorteil einer Bedürftigkeitsprüfung ist, dass dann nur diejenigen Leistungen bekommen, die sie wirklich brauchen. Der Nachteil ist ein riesiger Arbeitsaufwand bei den Behörden und eine immense Papierflut. Der Antrag wird schon viel komplizierter, weil man alles mögliche ausfüllen muss, wo sich eventuell Vermögen oder Einnahmen verbergen könnten. Man sieht es ja beim Antrag aus Hartz IV, was man da alles auszufüllen und dann auch nachzuweisen hat.
Im Endeffekt wird man dann auch dort mehr oder weniger als Betrüger behandelt, der erst einmal nachzuweisen hat, dass er wirklich bedürftig ist. Viel Papier muss ausgefüllt, beschafft und eingereicht werden, und der Sachbearbeiter muss es bearbeiten. Gefühlt muss das eingesparte Geld dann wieder für den Sachbearbeiter ausgegeben werden, sodass es kaum Sinn macht.
Dazu kommt, dass viele eigentlich Bedürftige diesen Papieraufwand und diese ganze dafür benötigte Zeit scheuen. Es handelt sich ja auch nicht um junge, flexible Menschen, die wissen, wie man sein Recht wahrnimmt, sondern da es um Rente geht, um ältere Menschen, die Probleme haben, zu den Ämtern zu rennen und hier und dort die ganzen Bescheinigungen zu holen, zu verstehen und auszufüllen. Aber wenn die Bedürftigen wegen des Aufwandes erst gar keinen Antrag stellen, spart es natürlich wieder Geld.
Der Begriff Bedürftigkeitsprüfung insbesondere bei Rentenbezug müsste genauer unter die Lupe genommen werden. Es ist ja nicht so, dass die Rente nach erreichten "Punkten" Eins zu Eins ausgezahlt wird. Es wird seit 2009 von den Rentnern verlangt, Krankenversicherungsbeiträge (und Beiträge zur Pflegeversicherung) zu zahlen.
Dann wird geprüft, ob er die Bedingungen für den Beitritt zur Krankenversicherung für Rentner zu erfüllen hat. Hat er keine durchgängigen Krankenkassenbeiträge bezahlt, zum Beispiel wegen Teilselbstständigkeit, kann dieser Anspruch ganz entfallen. Er zahlt dann die höheren Beitragssätze. Auch auf Riesterrente wird 10 Jahre lang anteilig zusätzlich dazu noch ein Aufschlag auf die Krankenversicherung bei Kapitalwahlrecht verlangt. Dann kommt bei Fehlverwendung ein Steuersatz von bis zu 67 % dazu, wenn jemand zum Beispiel sich von dem Ersparten oder der Auszahlung einer privaten Altersvorsorge ein Auto kaufen möchte.
Dann die Zuverdienstregelungen. Kommt jemand zufällig ein 13. Monatsgehalt kurz vor Renteneintritt, rutscht er automatisch in eine höhere Besteuerung, obwohl die Auszahlung erst im Folgejahr erfolgt. Dies nur ein paar Beispiele, wie kompliziert jetzt schon da Thema "Rente" ist.
Bei einer in diesem Zusammenhang mit der sogenannten Grundrente geplanten Bedürftigkeitsprüfung würde unter Umständen der Rentner nicht nur nichts ausbezahlt bekommen, sondern würde sogar noch zusätzlich zur Kasse gebeten, würde er alles, was als Einkommen gewertet würde, wahrhrheitsgemäß angeben.
Ich finde persönlich solche Bedürftigkeitsprüfungen wie sie derzeit überwiegend durchgeführt werden schwachsinnig, da sie viel zu viel Aufwand mit sich bringen. Natürlich denke ich auch, dass Sozialleistungen welcher Art und Weise auch immer, bei denen ankommen sollten, die sie dringend brauchen. Aber auf der anderen Seite sollte man nicht mit zweierlei Maß messen. Das heißt, wer Rentner wird, sollte auch Rentenanspruch haben, wer arbeitslos ist sollte genauso einen Anspruch haben.
Ich würde diese ganzen System allein auf das Einkommen beschränken und nicht schauen, was es noch alles an verwertbarem Vermögen gibt. Es würde mich eh wundern, wenn es so viele Rentner geben sollte, die Anspruch auf die Grundrente hätten und nebenbei noch unheimlich viel Vermögen rumliegen hätten oder andere nennenswerte Einkommensquellen als Rentner hätten. Das ist ja bei ALG-2 Empfängern auch so. Natürlich gibt es immer schwarze Schafe, aber die Frage ist doch aber sich dieser ganze Verwaltungs- und Sanktionsapparat da wirklich rentiert um die paar sogenannten Schmarotzer herauszufischen.
Wenn man sich da wie in einem Thread thematisiert mal anschaut wie viele Studenten zum Beispiel durch diese System vom Bafög ausgeschlossen werden, bleiben da derzeit ja nur noch ein Fünftel über. Ich denke von solchen Quote ist man bei fast allen anderen Sozialleistungen doch weit entfernt.
Zumal man ja egal wie man zur Grundrente steht, das System ja total einfach wäre. Diesen Unsinn mit Rentenpunkte höher bewerten je nachdem wie viele man hat ist doch auch schon wieder unnötig. Wenn man wirklich so eine Grundrente einführen will, warum nicht einfach die Rente stinknormal berechnen und wer weniger als 1000 Euro hat wird automatisch vom Computer aufgestockt. Dafür braucht man doch nur mal einmal kurz eine IT-Firma engagieren, die das Programm schreibt und das war es.
Klehmchen hat geschrieben:Diesen Unsinn mit Rentenpunkte höher bewerten je nachdem wie viele man hat ist doch auch schon wieder unnötig. Wenn man wirklich so eine Grundrente einführen will, warum nicht einfach die Rente stinknormal berechnen und wer weniger als 1000 Euro hat wird automatisch vom Computer aufgestockt.
Es ist einfacher und gerechter, die Rentenpunkte höher zu bewerten. Erstens ist das System im Wesentlichen schon da und man muss keine IT-Firma für einen Tagessatz von über 2000 Euro beauftragen, um ein neues System mit Schnittstellen zum vorhandenen engagieren, und zweitens wäre das keine Lebensleistungsrente, denn dann würden Leute, die nur zwei Stunden die Woche gearbeitet haben, so viel bekommen wie Leute, die 40 Stunden gearbeitet haben.
Moment mal, das stimmt doch so aber gar nicht, wenn ich es richtig verstehe. Es geht ja pauschal um Beitragsjahre. Ob du also 35 Beitragsjahre mit 2 Stunden die Woche hast oder 35 Beitragsjahre mit 40 Stunden pro Woche spielt dabei keine Rolle um bei diesem extremen Beispiel zu bleiben.
Und der Sinn dieser Grundrente ist es doch alle Bedürftigen, die den Punkt der Beitragsjahre erfüllen auf das Grundrentenniveau anzuheben. Und die IT-Firma, die sowas mal schnell schreiben kann, gibt es mit Sicherheit eh schon im Arbeitsministerium. Und selbst wenn nicht, lieber würde ich da mal ein paar Tage lang einen Tagessatz von mehreren Tausend Euro ausgeben, statt ansonsten Jahre lang mehrere Mitarbeiter bezahlen zu müssen, die per Hand ewig solche Berechnungen ausführen.
Ich will ja gar nicht abstreiten, dass es auch Ungerechtigkeiten geben kann und wahrscheinlich auch Leute dann die Aufstockung kriegen würden, die sie gar nicht bräuchten. Aber die Frage ist doch immer wichtig, ob es wirklich Sinn macht einen großen Apparat mit Menschen zu beschäftigen, die versuchen die paar schwarzen Schafe herauszupicken oder ob man sich das einfach spart und es nicht billiger wird das einfach in Kauf zu nehmen, dass man dann auch ein paar Grundrenten zahlen würde, die nicht gerechtfertigt wären.
Es sollte wie in einem anderen Beitrag schon angegeben, endlich ein großer Wurf gemacht werden und wie in den Niederlanden eine Grundrente, die ihrem Namen alle Ehre macht, auch in Deutschland eingeführt werden. Dabei besteht in den Niederlanden eine sogenannte AOW-Leistung, die jeder bekommt, der mindestens 45 Jahre durchgängig einen festen Wohnsitz in den Niederlanden nachweisen kann, ganz gleich, ob er jemals gearbeitet hat oder eventuell sogar Sozialhilfe, "Bijstand" bekommen hat.
Als zweites Standbein gibt es darüber hinaus die vom Arbeitgeber und mit geringem Prozentsatz auch vom Lohn einbehaltenen und in eine Stiftung eingezahlten Beiträge, die mit der Betriebszugehörigkeit anwachsen, aber hinterher versteuert werden, und das dritte Standbein, die private Altersvorsorge, für die jeder Niederländer auch selbst verantwortlich ist. Die Möglichkeit, Altersvorsorge aufzustocken mit Einmalzahlungen, also Versicherungen "abzukaufen" und zwar mit den Auszahlungen einer privaten Versicherung nach Fälligkeitsdatum, wurde wieder stark eingeschränkt.
Es gab vor ein paar Jahren die Möglichkeit, zum Beispiel mit 90.000 Euro "Afkoopsum", hinterher ca. 300.000 Euro an Rentenauszahlung zu erreichen. Das hat sich auch geändert. hier nachzulesen
Natürlich machen Bedürftigkeitsüberprüfungen keinen Sinn, wenn man diejenigen überhaupt nicht mehr überprüfen kann. Welches Jobcenter schreibt schon in die Türkei, den Libanon, Nordafrika, Afghanistan, Eritrea oder Somalia, um zu erfahren, ob derjenige dort noch Vermögen hat? Hier in Deutschland ist dies kein Problem. Da gibt es Datenaustausch.
Wir haben hier zum Beispiel das Problem mit den minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Diese werden mit 6.000 bis 12.000 Euro im Monat versorgt. Für einen Bezieher von Hartz IV werden 12.000 Euro im ganzen Jahr veranschlagt. Damit es beim Bildungspaket keinen Missbrauch gibt, werden extra Gutscheine ausgestellt und die Eltern müssen für 10 Euro im Monat auf das Amt. Bei diesen Flüchtlingen reicht das gute Wort und alleine im Saarland hat man bei Handwurzelknochenuntersuchungen mehrere hundert Fälle von Falschangaben aufgedeckt. Diese Untersuchung ist allerdings nur auf 3 Jahre genau. Die Versorgung dies Jugendlichen kostet bisher 4 Milliarden Euro im Jahr.
Bei Hartz IV hat man jahrelang über Missbrauch gewettert. Da war von Parasiten die Rede. Da wurden wegen Verdacht auf Kippenmissbrauch alle Eltern beim Bildungspaket in Gruppenhaftung genommen. Vor allem war immer wieder die Rede vom Untergang des Sozialstaates. Und jetzt?
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