Keine Kinder wollen, wenn man Geschwister miterzogen hat?

vom 14.05.2015, 20:02 Uhr

Im Internet bin ich auch viele Interviews und Artikel von Leuten gestoßen, die keine Kinder haben möchten und sich dadurch nicht erst genommen fühlen, da die meisten Menschen davon ausgehen, dass sie ihre Meinung noch ändern werden. In einem Interview sagte eine junge Frau dann auch, dass sie die älteste von vier Kindern wäre und sie hätte die anderen Geschwister gewissermaßen auch miterziehen müssen. Außerdem hätte sie auch als Aupair gearbeitet und wüsste was es bedeutet, Kinder zu erziehen.

Deswegen möchte sie selbst keine mehr haben, denn sie hat quasi schon ihre ganze Jugend über Mami spielen müssen und möchte das Leben nun genießen. Außerdem fand sie es auch sehr dreist, dass andere Menschen ihre Entscheidung nicht ernst genommen haben.

Könnt ihr nachvollziehen, dass Menschen die bereits an der Erziehung ihrer Geschwister beteiligt waren keine Lust darauf haben, eigene Kinder zu bekommen? Ist das häufiger so oder denkt ihr, dass das eher Ausnahmen sind?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ja, ich kann diese Meinung schon irgendwie nachvollziehen. Ich gehöre zu den Kindern, die die Geschwister miterzogen haben und ich kann mich bis heute nicht wirklich dazu durchringen, meinen Kinderwunsch auszuleben. Der Wunsch existiert, aber die Vergangenheit prägt meiner Meinung nach schon unheimlich.

Ich musste bereits früh mithelfen, da meine kleine Schwester schwerbehindert ist und von Anfang an Unterstützung benötigte. Da meine Eltern berufstätig waren, kam es somit vor, dass ich täglich nach der Schule bis spät am Abend auf die kleine Maus aufpassen musste. Und es kann durchaus sein, dass ich wegen der "verlorenen Kindheit" einfach keine Kinder bekommen kann.

Ich habe diese Prägung bekommen und werde sie auch nur schwer wieder los. Vielleicht werde ich in einigen Jahren Kinder bekommen, aber momentan bin ich leider immer noch nicht so weit. Ich finde es schon traurig, wenn man diese Bereitschaft nicht aufweisen kann, nur weil in der Vergangenheit was gewaltig schiefgelaufen ist, aber ich kann es durchaus nachvollziehen, dass man sich unter diesen Umständen auch keine Kinder wünscht.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12588 » Talkpoints: 11,30 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich kann das schon nachvollziehen. Immerhin hat man dann einen ganzen Teil der eigenen Kindheit oder Jugend nicht gehabt und dann empfindet man Kinder sicherlich auch ganz anders, weil man eben nicht das Schöne mit ihnen verbindet, sondern den Stress und die fehlende Zeit mit den Freunden sieht. Deswegen steht man eben ganz anders zu dem Thema.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich habe zwar zwei kleinere Geschwister, aber nicht mit einem so großen Altersunterschied, dass man sagen könnte, ich hätte sie miterziehen müssen. Bei mir war eher meine Nichte prägend, die auf die Welt kam, als ich 19 Jahre alt war.

Wenn man Freunde oder Geschwister ab und zu besucht und diese haben Kinder, bekommt man immer nur kurze Ausschnitte aus deren Leben mit. Mal sind die Kinder gut drauf, mal nicht. Aber am Ende des Besuchs geht man wieder. Wenn die Kinder an dem Tag anstregend waren, ist man froh, da rauszukommen. Aber das Gefühl vergeht wieder.

Auf meine Nichte habe ich aber sehr viel aufgepasst. Ich habe dort übernachtet und war allein für sie zuständig. Auch mit meiner Nichte und der Mutter zusammen habe ich sehr viel Zeit verbracht und war nicht nur zum Kaffee da. Und so bekommt man eben sehr viel mehr mit als nur kurze Ausschnitte. Man erfährt am eigenen Leib und nicht nur als Außenstehender, was für ein 24-Stunden-Job das ist.

Was man allerdings, bei aller Liebe zur Nichte oder zum Geschwisterchen, nicht erlebt ist die Mutterliebe. Klar hat man schöne Momente mit ihnen und oft sind sie wirklich zuckersüß. Aber in den anstrengenden Momenten hilft diese Mutterliebe, denke ich, es leichter zu überstehen.

Dennoch haben mir die Erfahrungen mit meiner Nichte den Kinderwunsch ziemlich zunichte gemacht. Oder zumindest habe ich ein realistischeres Bild bekommen und habe den Wunsch um Jahre verschoben. In diesen Jahren kamen dann noch andere Gründe hinzu, die gegen Kinder sprechen und so habe ich den Wunsch komplett begraben. Aber auch das Miterziehen von Geschwistern als alleinigen Grund kann ich gut nachvollziehen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich kann das ehrlich gesagt schon ganz gut nachvollziehen, auch wenn ich selbst so etwas nicht erlebt habe, da ich keine Geschwister habe und auch nie als Aupair oder so etwas gearbeitet habe. Wenn man aber nicht einfach nur auf die Geschwister aufgepasst, sondern sie richtig miterzogen hat, hat man ja quasi schon einen Teil seiner Kindheit oder Jugend "geopfert". Man musste sich ja zwangsläufig erwachsen verhalten und konnte dann quasi auch nicht mehr richtig Kind sein.

Wenn man sich die ganze Kindheit oder Jugend um fremde Kinder gekümmert und diese auch erzogen hat, dann ist ja irgendwann mal der Punkt erreicht, an dem man sein eigenes Leben genießen möchte, ohne sich dabei um jemanden kümmern zu müssen. Man möchte auch mal unbeschwert leben können, so dass ich das wirklich gut verstehen kann. Immerhin prägt die Kindheit und Jugend einen Menschen ja doch sehr.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Es ist dasselbe, wie wenn man Eltern von Einzelkindern nicht ernst nimmt, wenn sie sagen, dass sie kein zweites Kind mehr wollen. Das habe ich auch schon häufiger erlebt. Also ich denke nicht, dass es etwas mit nicht ernst genommen werden zu tun hat, sondern diejenigen Leute, die das nicht verstehen können, die interpretieren eben zu viel ihre eigenen Gefühle in die des anderen.

Ich nehme es ebenfalls nicht persönlich, wenn man zu mir sagt, dass ich sicher nochmals Kinder möchte. Ich weiß schon seit über zehn Jahren, dass es bei mir keine weiteren Kinder geben wird. Es sind einfach meine Pläne anders. Dabei habe ich aber keine Geschwisterkinder mit erzogen. Ich habe lediglich ab und an auf Verwandte, Bekannte und Geschwister aufgepasst. Das kann man aber nicht vergleichen.

Bei denjenigen, die Geschwisterkinder aufgezogen haben, kann ich es auch gut verstehen, dass sie keine eigenen Kinder wollen. Immerhin wissen sie ja schon, was es bedeutet, Kinder zu haben. Da lernt man eben auch die Schattenseiten kennen.

Ich kenne aber auch andere Beispiele. Eine Bekannte von mir hatte eine kleine Schwester, die so pflegeleicht war, dass sie sehr viel Spaß mit ihr hatte und sie haben auch heute noch ein inniges Verhältnis zueinander. Die kleine Schwester ist nun sogar die Taufpatin ihrer beiden Kinder. Sie hat sich also dadurch nicht abschrecken lassen. Ich verstehe aber auch gut, wenn es anders ausgeht.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich habe auch wie Bienenkönigin meine Nichte miterzogen. Damals war ich noch etwas jünger als sie, als meine Nichte auf die Welt kam. Ich habe auch viel auf sie aufgepasst, teils auch über Nacht, weil man als Familie einfach dafür gesorgt hat, dass alles weiter geht für die Mutter des Kindes. Ich fand das aber nicht schlimm. Im Gegenteil habe ich mir sogar noch fremde Kinder dazu gesucht, bei denen ich für ein Taschengeld als Babysitter geblieben bin, weil ich durch meine Nichte auf den Geschmack gekommen bin. Es muss also nicht immer so laufen, dass man dadurch die Lust am eigenen Kind verliert.

Ich glaube, es hängt auch ganz stark davon ab, wie die eigenen Eltern einen da in die Pflicht nehmen, wie man angeleitet wird und wie viel negative Erlebnisse man dadurch hatte. Wenn man kleine Geschwister hat, die ständig Unsinn machen und man dafür Ärger bekommt, dann kann das die Lust auf eigenen Nachwuchs schon ersticken, denke ich.

Das mit den ernst nehmen, das würde ich nicht so schwarz weiß sehen. Mit den Jahren der Lebenserfahrung bekommt man halt so mit, dass es immer wieder Frauen gibt, die jahrelang sagen, sie wollen keine Kinder und irgendwann macht es bei manchen von ihnen doch einfach klick und sie ändern die Meinung. Oft zum Beispiel erst in einer neuen Beziehung in der plötzlich im Gegensatz zu vorher alles stimmt. Menschen ändern sich eben manchmal und das ist eine Binsenweisheit, die sich vielleicht die vor Augen halten sollten, die sich nicht ernst genommen fühlen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich denke, dass der Kinderwunsch eher von anderen Faktoren abhängig ist. Ich kenne eine Frau, die früher ihre jüngeren Geschwister miterziehen musste und deswegen total genervt von Kindern im Allgemeinen war. Sie wollte nie heiraten und Kinder bekommen - jedenfalls hat sie das als Teenager immer behauptet. Mittlerweile ist sie aber in den 20ern, verheiratet und erwartet ihr erstes Kind. Manchmal ist es eben doch nur eine Äußerung aus einer spontanen Laune heraus und kein Entschluss für immer.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich finde, dass es viele gute Gründe gibt, sich gegen Kinder zu entscheiden und dass natürlich die eigene Vergangenheit auch eine Rolle spielt. Und dass das ewige "Du überlegst es dir schon noch anders!" irgendwann nervt, kann ich auch verstehen. Teenager verkünden bekanntlich heute dies und morgen jenes, aber wenn jemand jenseits der, sagen wir, 20 offensichtlich kein Interesse an Kindern hat, verstehe ich nicht, wieso dies allenthalben hinterfragt werden kann und darf. Weil es sich viele doch anders überlegen und sich brav die Zwanziger durch Babygeschrei und Schlafmangel versauen lassen?

Statistisch gesehen ist in Deutschland jede fünfte Frau dauerhaft kinderlos, das sind gar nicht so wenige. Und ich kann mir vorstellen, dass nicht alle kinderlosen Frauen schrecklich gerne ein Baby gehabt hätten, aber durch äußere Umstände daran gehindert wurden. Manche wollten vielleicht auch lieber ausschlafen, ihr Geld anderweitig verprassen oder hatten eben die erwähnten jüngeren Geschwister, die ihnen die Lust am Windeln wechseln und Nase putzen endgültig ausgetrieben haben.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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