Noten in der Schule abschaffen
Vor 11 Tagen begann die bundesweite Bildungsstreikwoche. Am 17.06 gingen über hunderttausend SchülerInnen auf die Straßen, um für mehr Investitionen für Bildung zu demonstrieren. Ich selber habe für meine kleine Stadt selber einen Aufruf geschrieben.
Einige Bündnisse schienen sehr plakative Forderungen zu haben. Insgesamt hörte sich manch Aufruf danach an, dass Lernen schlimm sei und Schulen etwas vollkommen Verächtliches. "Ich kann gar nicht so viel lernen, wie ich kotzen könnte!" Öfters hörte man von diesen Bündnissen die Forderung "Noten abschaffen". Auch wenn ich die Bündnisse generell nicht unterstütze, so finde ich diese Forderung sinnvoll und möchte hier mit euch darüber diskutieren.
Was ist überhaupt eine Note? Sie kategorisiert die Schüler in 6 Kategorien von sehr gut bis schlecht - in der Oberstufe in insgesammt 15. Noten sollen den SchülerInnen ein Feedback über die Leistung geben und Motivation für weitere Bemühungen sein. Sie sollen eine Vergleichbarkeit schaffen. Dies ist meiner Meinung nach aber nur rudimentär der Fall.
Noten motivieren zwar zu guten punktuellen Leistungen, nicht aber zum Lernen. Das beste Beispiel dafür ist wohl der Vokabeltest. Viele SchülerInnen lernen kurzfristig, um in den Test eine gute Note zu bekommen. Ein Interesse die Vokabeln zu behalten gibt es hingegen nicht. Ein paar Tage später sind die Vokabeln wieder vergessen. Warum also überhaupt lernen? Das Ziel eines Vokabeltests ist es wohl kaum das Kurzzeitgedächtnis zu trainieren.
Eine SchülerIn ist schlecht in Mathe und bekommt eine 5. Die Note sagt, dass er/sie Mathe nicht kann. Sie strengt sich an und erlangt dennoch nur eine 5. In diesem Fall kann die Note wohl kaum motivieren weiter zu lernen - das Fach Mathe wird aufgegeben. Man könnte nun daraus folgern, dass die/der SchülerIn dumm ist und evt. nicht auf die Schule gehört. Mehr gibt die Note hier nicht her.
Von Vergleichbarkeit ist auch kaum die Rede. Noten werden nicht objektiv vergeben und das sollen sie auch gar nicht. Es soll eine Einschätzung der/die LehrerIn sein, die auch nicht errechnet wurde. Innerhalb einer Klasse ist diese Vergleichbarkeit in gewissen Maßen gegeben. Auf Ebene eines Jahrgangs oder landesweit nur noch sehr bedingt. Die Notenvergabe variiert stark von den LehrerInnen. Ein Test zeigt, dass eine Matheklausur an einer Schule, korrigiert von unterschiedlichen LehrerInnen das ganze Notenspektrum abdecken kann. Es gibt LehrerInnen, die tendenziell bessere Noten geben und andere, die sehr streng bewerten. Teilweise lässt sich dies auch auf ganze Schulen verallgemeinern, sodass selbst das Zentralabitur keine wirkliche Vergleichbarkeit erzielen kann.
Wenn also Noten so viele Defizite haben, was dann? Viele Ansätze gehen von Lernberichten aus. Das heißt der/die SchülerIn mit der 5 in Mathe würde gesagt, wo sie ihre Schwächen hat und was sie trotz großer Mängel kann. So hat sie Ansatzpunkte beim Lernen und kommt bspw. auf die Idee auch rudimentäre Dinge zu wiederholen, was in Mathe für viele unbewusst das größte Problem ist. Die evt. positive Berwertung in manchen Aspekten ist wohl eine deutlich größere Motivation als die schlechte Note "5". Aber auch guten SchülerInnen würden von diesen Konzept profitieren, da auch ihnen ihr Lernstand besser vermittelt wird. Sie erfahren, wo auch sie trotz einer sehr guten Leistung noch arbeiten können.
Durch die Abschaffung von Noten würde das Lernen als solches deutlich weiter in den Vordergrund rücken. Letztlich bekommt man nämlich kein kategorisiertes Feedback über erbrachte Leistungen, sondern Berichte über die Leistungsfähigkeit und den Lernstand.
Der Haken an der Sache ist wohl das Danach. ArbeitgeberInnen oder Universitäten entscheiden oftmals nach dem erbrachten Notenschnitt. Gibt es keinen Schnitt wird es deutlich schwerer. Eine Vorselektion ist nur schwer möglich. Ansätze für das Problem wären Institute, die alle Lernberichte auswerten und daraus hervorgehend besondere Stärken und Schwächen aufzeigen bzw. den/die SchülerIn in ein Bewertungsraster stecken. Alternativ könnte die Abschlussprüfung die einzige Prüfung mit Note sein, wie es bei der Waldorfschule meines Wissens der Fall ist.
Was meint ihr, sind Noten etwas unantastbares? Ist das jetzige System gut, wie es ist?
Als ich noch in die Schule kam, gab es von der ersten Klasse an Noten. Als dann meine Kinder in die Schule kamen, bekamen sie erst ab der 3. Klasse Noten und ich fand es damals schon schlimm, dass in der ersten beiden Klassen die Notengebung abgeschafft wurden.
Ich meine, dass man grade durch die Notengebung weiß, wie viel man tun muss um durch zu kommen und ob es eben reicht. Irgendein System in der Benotung muss man ja in der Schule haben. Sonst ist doch gar keine Motivation da. Wenn man immer nur Arbeiten, Klausuren. Hausaufgaben schreibt und man wird nicht mit einer guten Note belohnt oder durch eine schlechte Note darauf hingewiesen, dass es nicht reicht, dann muss doch keiner mehr lernen.
Wie stellen sich das denn die Schüler vor, wie herauskommen soll, ob man wirklich den Wissensstand hat? Klausuren schreiben und dann soll drunter stehen "Du musst mehr lernen"? Motiviert das mehr?
Ich finde nicht, dass die Noten den Schüler kategorisiert. Der Schüler hat nur einen Anhaltspunkt, wie gut oder wie schlecht seine Leistungen sind und wenn der Schüler damit in der Schule nicht klar kommt, wie soll er denn dann im Berufsleben klar kommen?
Wie sollen denn die Leistungen ohne Noten sonst beurteilt werden? Wie bei den Erstklässlern und Zweitklässlern? Wie will man denn dann, wenn es ums Abi geht die Leistungen beurteilen.
Ich finde, dass die Noten sein müssen, damit man auch einigermaßen weiß, wie die Leistung ist und wo man sich verbessern muss.
Ich für meinen Teil würde es auch sehr begrüßen wenn Noten abgeschafft werden. Was kann den bitteschön ein Schüler dafür wenn er mit einem Lehrer überhaupt nicht klar kommt und dann schlechte Noten bekommt? Gar nichts!
Im Grunde genommen sagen Noten überhaupt nichts über den Schüler aus. Auch Schüler die gut und viel lernen haben oft schlechte Noten. Man kann also nicht sagen schlechte Note = Faulpelz also stelle ich ihn nicht ein. Es ist ja oft so, dass jemand der in der Schule in Mathe schlecht war dann in der Arbeit plötzlich alles sehr gut kann, da er sein Wissen praktisch anwenden kann.
Ich hoffe das geht irgendwann einmal in die Dickschädel der Politiker und auch Arbeitgeber hinein.
Das Abschaffen von Noten würde die Kategorisierung nicht beheben. Wohin eine sagen wir mal prosaische Beurteilung führt kann man ganz gut an Arbeitszeugnissen sehen. Es gibt Standardformulierungen, die dann wie ein Code entschlüsselt werden könne/müssen. In der Schulewürde so aus einer 5 halt ein "Er hat sich meistens bemüht dem Unterricht zu folgen". Dadurch würde doch nichts gewonnen, außer dass die schlechten Schüler eben kein genaues Feedback hätten.
@christopher93: Für die Arbeitgeber sind Noten nunmal eine Möglichkeit die Bewerber vorher schon einzuschätzen. Bei 100 Bewerbern kann man nicht jeden einzelnen persönlich kennenlernen und ihm Gelegenheit zum Probearbeiten geben. Gäbe es in der Schule keine Noten, würden halt die Arbeitgeber einen Test machen, der die Bewerber je nach Fähigkeit einteilt.
Ich muss Dir natürlcih recht geben, dass die Schule dringend reformiert werden muss. Bei der Bildung sollte einerseits nicht die " Verwertbarkeit des Menschenmaterials" im Vordergrund stehen und andererseit mehr Wert auf Verstehen und Selbstständig Denken als auf die Belohnung von Auswendiglernen und Konformismus gelegt werden. Davon sind wir aber leider weit entfernt.
Ich finde den Gedanken keine Noten mehr zu vergeben einfach nur schwachsinnig. Wie es bereits gesagt wurde sind sie der einzige objektive Ankerpunkt an denen man Leistunden festlegen kann.
Es kommt ja schließlich nicht darauf an wie viel jemand lernt, sondern einfach nur wie seine Leistungen sind. Wenn er viel lernt und schlechte Klausuren schreibt dann hat er halt auch keine gute Note verdient sondern sollte lieber schauen wodran er noch verstärkt arbeiten muss, oder ob er richtig lernt.
Und ich meine, wenn man nur kurzfristig für einen Vokabeltest lernt (wie im Anfangspost geschrieben) wird man die Quittung auf jeden Fall bekommen. Zwar nicht im Vokabeltest, aber in der Klausur wo man die Vokabeln einfach aus dem FF kennen muss. Daher ist es besser man hat die Vokabeln wenigstens schon einmal gehört als das man sie garnicht lernt. Selbst kurzzeitig lernen ist besser als nichts tun, denn irgendwas bleibt immer hängen. Darüberhinaus finde ich die Pauschalisierung nicht gut. Ich denke das es eher ein kleiner Teil ist der die Vokabeln dann nicht richtig lernt als die Mehrzahl.
Die Sache mit der Motivation ist natürlich so eine Sache. Natürlich ist eine 5 in Mathe nicht motivierend. Aber sie kann ein verdammt guter Tritt in den Aller wertesten sein. Als Schüler muss man doch einfach wissen wie man steht und das man sich noch mehr anstrengen muss um das Jahr zu schaffen. Und die Erkenntnis, das der Schüler nicht für die Schule geeignet ist, ist immerhin eine Erkenntnis die gut sein kann.
Und das Noten nicht objektiv vergeben werden finde ich mehr als wage. Dafür hätte ich gerne eine Quelle! Ein Lehrer muss ja immerhin belegen können wie er die Noten vergeben hat. Und wenn sich ein Schüler da nicht hinter klemmt wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, ist er selber schuld.
Ich finde es gelinde gesagt Schwachsinnig. Natürlich ist ein Lernbericht welcher die Stärken und Schwächen aufzeigt wesentlich motivierender und schonender als zwei fünfen auf dem Zeugnis. Aber bitte, man darf die Schüler (zu denen ich ja auch zähle) einfach nicht mit Samthandschuhen anfassen. Sie sollen ruhig darauf vorbereitet werden das es in der Welt nicht immer ein Zuckerschlecken ist indem man schonend auf alles hingewiesen wird ohne Fakten. Eine ungenügende Leistung ist nun mal eine ungenügende Leistung punkt aus.
Wie auch schon richtig gesagt wurde, ist es für den Arbeitgeber dann fast unmöglich den schwall von Bewerbungen abzuarbeiten. Die Firma Hengst hatte um die 2000 Bewerbungen. Wie soll ein Personalchef da jedes Zeugnis durchlesen um sich dann ein Urteil zu schaffen? Da werden schnell die Noten überflogen und vorsortiert.
Es stimmt zwar schon, dass Noten sehr subjektiv vergeben werden und dass da oft die Sympathie des Lehrers mit einfließt. Möglicherweise können Noten manche Menschen auch demotivieren, das streite ich gar nicht ab. Aber spinnen wir mal eine potentielle Abschaffung der Noten weiter: wie will man das dann regeln? Wie geht es dann weiter? Nach welchen Kriterien werden dann Ausbildungsplätze vergeben? Nach welchen Kriterien wird man dann zum Studium zugelassen?
Man stelle sich das Chaos vor, wenn die Noten abgeschafft werden und selektiert werden muss, wer jetzt Medizin studieren darf beispielsweise. Steht dann auf dem Zeugnis in Mathe so etwas wie "war stets bemüht"? Das kann man doch gar nicht vergleichen. Nur weil jemand bemüht ist, heißt das nicht, dass er oder sie das auch hingekriegt hat, sich das Wissen anzueignen. Wenn man dann noch möglicherweise auf eine Schule oder Universität ins Ausland wechseln möchte, hat man erst recht Probleme.
Man stelle sich vor, im Ausland würde nur nach Noten selektiert werden und dann hat hier jemand das Abi in der Tasche und will von mir aus in Oxford oder Harvard studieren und die Professoren da schauen nur blöd aus der Wäsche, weil sich jemand ohne Noten bewirbt. Das ist doch lächerlich. Ich sehe da eher die Gefahr, dass dann die Leute bevorzugt werden, die eben Noten erhalten haben, weil man das besser vergleichen und messen kann.
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