Gelingt dem Spiegel die Schadensbegrenzung wegen Relotius?
Wer die Medienberichte verfolgt hat, wird mitbekommen haben, dass Claas Relotius einen Skandal ausgelöst hat, da er unter anderem für den Spiegel erfundene Artikel und Geschichten veröffentlicht hat.
Der Spiegel bemüht sich seitdem um Aufklärung und Schadensbegrenzung und hat natürlich die Sorge, dass seine Seriosität und sein Ansehen unter den Lesern leiden wird. Wie schätzt ihr persönlich die Aktionen des Spiegel ein? Meint ihr, dass dem Spiegel die Schadensbegrenzung ganz gut gelingt oder wird das Image des Spiegel durch den Fall Relotius nachhaltig und dauerhaft beschädigt sein?
Manchmal gewinnt man den Eindruck, der Spiegel geriert sich wie die Правда. Und das heißt, die "Wahrheit". Ohne Widerspruch. Spätestens, seit Minister 1962 im Zuge der Spiegel-Affäre gestürzt sind, scheint das Blatt uneingeschränkt für sich Narrenfreiheit in Anspruch nehmen zu können. Leserbriefe dienen lediglich dazu, eine pseudodemokratische Haltung vorzugaukeln und werden nur abgedruckt, wenn sie nicht wesentlich vom Image der Zeitschrift abweichen. Und das seit Jahrzehnten. Vielleicht ist die Causa Relotius ein heilsamer Schock. Seit "Hitlers Tagebüchern" 1983 gab es keinen größeren Skandal. Davon ist in der Presse interessanterweise soweit mir bekannt ist, heute kein Sterbenswörtchen zu hören.
Ich glaube, dass der Schaden dem Spiegel noch lange nachgetragen wird. Relotius hat ein Saubermannimage, jedenfalls größtenteils, so komplett denunziert, dass man jetzt vieles infrage stellen wird. So einfach mit der Schadensbegrenzung ist das nicht, weil viele auch in den Dreck damit gezogen wurden und politisch das Thema „Lügenpresse“ natürlich eh mit Aufwind vernommen wurde und dann kommt dieser Hammer-Skandal.
Ich glaube, dass dies dem Spiegel auch wirklich viele Leser und das Vertrauen vieler kosten wird. Sowas kann man einfach nicht wieder gut machen und es ist auch ein wenig der Naivität geschuldet. Offenbar gab es da Mitarbeiter, die darauf hingewiesen habe, welche dann laut medialen Berichten teilweise mit Kündigung bedroht wurden.
Gleichzeitig war auch auffällig, dass bei Relotius seinen Artikeln grundsätzlich „Selbst Recherche“ oder „Eigen Recherche“ in den Vermerken stand. Nahezu keine Beweise für seine Angaben zu finden und das sagt mir eigentlich schon als Verlag, hier muss man trotzdem immer etwas vorsichtiger sein.
Ich glaube einfach, dass man naiv dachte, der hat Preise gewonnen, so doof wird der wohl nicht sein, dass alles gelogen oder gar ergaunert aus anderen Artikeln umgeändert wurde. Aber doch, dass war Relotius und damit muss der Spiegel nun leben. Damit ist ein Saubermann-Ruf für eine lange Zeit hin.
Leider ist es nur ein Fall von vielen. In der Flüchtlingskrise wurden uns massenweise Fachkräfte vorgegaukelt, während die Wahrheit anders war. Der SPIEGEL wird ihn entlassen und andere machen es etwas geschickter. Gerade bei Wirtschaftsfragen geht es um sehr viel Geld und da sind ganz andere Interessen im Spiel. Der STERN existiert immer noch trotz der Hitlertagebücher. Inzwischen vertraue ich den Medien kaum noch.
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