Was haltet ihr vom Kurz-Statement zum Aufstehen?
Eigentlich passt der Thread eher in den Bereich Kurioses. Unser Bundeskanzler Herr Kurz hat sich einen netten Sager erlaubt. Er meinte, dass es keine gute Entwicklung sei, wenn immer weniger Menschen in der Früh aufstehen, um zu arbeiten und in immer mehr Familien nur mehr die Kinder in der Früh aufstehen.
Soweit klingt das ja plausibel. Wenn immer weniger Leute arbeiten, dann zahlt niemand mehr ins System. Aber stimmt es wirklich, dass Arbeitslose etc. nicht aufstehen. Nur ihre Kinder zur Schule gehen und sie einfach zu Hause im Bett bleiben. Kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin nämlich auch zu Zeiten in denen ich auf Arbeitssuche war in der Früh aufgestanden, um meinen Rhythmus zu behalten.
Ich frage mich auch was die Leute tun, die Schichtdienst machen. So ganz durchdacht war die Meldung wohl nicht. Was haltet ihr davon? Wann steht ihr in der Früh so auf?
Ich habe die Diskussion verfolgt. Als "Grenz-Piefke" (ich bin Deutscher, der unmittelbar an der österreichischen Grenze aufgewachsen ist) beschäftige ich mich häufig mit der Berichterstattung aus Österreich.
Generell würde ich sagen, dass die Aufstehzeiten nicht unbedingt etwas mit Fleiß und Schaffenskraft zu tun haben, denn es gibt bekanntermaßen "Eulen" und "Lerchen", also Menschen, die zu unterschiedlichen Tageszeiten ihre Aktiv- und Schlafphasen haben. Eine Eule (jemand, der lieber später aufsteht und abends arbeitet) muss keineswegs faul oder weniger leistungsbereit sein als eine Lerche, nur weil diese gewohnheitsmäßig früh aufsteht.
Dazu kommt, dass keineswegs jeder Job das frühe Aufstehen erfordert. Ein Freund von mir arbeitet im Fahrdienst eines Verkehrsunternehmens, wo er häufig Abenddienste hat. Dann schläft er natürlich bis 10 oder 11 Uhr morgens, weil er dann erst gegen 2 Uhr nachts nach Hause kommt.
Wer? Ach so, der Typ, der wirkt wie der ehemalige Klassensprecher der 10b, und der doch immerhin ein paar Semester Jura (ich glaube, bei euch sagt man "Jus"?) studiert hat. Ich bin sicher, dass er nur deswegen so viel politischen, beruflichen und sonstigen Erfolg hat, weil er immer brav in der Früh aufgestanden ist.
Sprich, offensichtlich gehört der Knabe wie viele Politiker einer Bevölkerungsschicht an, die wenig Ahnung vom Alltag der ganz normalen Bürgerinnen und Bürger hat. Und dazu gehören alle möglichen Tagesabläufe, und keiner ist dem anderen an sich überlegen. Schichtarbeit ist ein klassisches Beispiel, aber manche Leute haben auch das Glück, sich beispielsweise als Selbstständige oder Studierende ihre Arbeitszeit frei einteilen zu können, und die leisten bestimmt nicht mehr oder weniger als die Sesselpupser, die sich morgens aus den Federn schälen, um dann 8 Stunden lang hinter dem Schreibtisch vor sich hin zu schimmeln. Oder sie arbeiten nachts, um tagsüber ihre Kinder betreuen zu können und schlafen, wenn diese in der Schule sind, was sich für mich auch nicht nach "Auf der faulen Haut liegen" anhört.
Generell halte ich es für eine erstaunlich veraltete und kurzsichtige Ansicht, zu glauben, nur wer vor Zeitpunkt X aufstehe, sein ein produktives Mitglied der Gesellschaft. Diese Vorstellung stammt in meinen Augen aus einer völlig anderen Ära, als man noch unhinterfragt den Wert eines Menschen an der Anzahl der Stunden gemessen hat, die er (nicht sie, die hat sich daheim um die Kinder zu kümmern!) außer Haus zugebracht hat, um die "Familie zu ernähren". So besonders liberal und auf der Höhe der Zeit kommt mir der Burschi nicht vor.
Gerbera hat geschrieben:Generell halte ich es für eine erstaunlich veraltete und kurzsichtige Ansicht, zu glauben, nur wer vor Zeitpunkt X aufstehe, sein ein produktives Mitglied der Gesellschaft.
Eine Ansicht, die man aber noch erstaunlich häufig zu hören bekommt. Auch bei meinem Arbeitgeber bemühen sich viele Kollegen, möglichst früh am Arbeitsplatz zu sein. Zum Teil gibt es einen regelrechten Wettlauf, wer der Erste im Büro ist. Die aktuelle Kommen-Zeit wird dann gern bei jeder Gelegenheit erwähnt, weil sich das dann besonders fleißig anhört. "Ich bin heute schon um 5:50 da gewesen" hört man dann mehrfach am Tag, und es wird auch gern am Telefon den Gesprächspartnern ungefragt mitgeteilt.
Einmal bin ich aus einem bestimmten Grund ebenfalls sehr früh am Arbeitsplatz gewesen, und da habe ich bemerkt, dass die Frühaufsteher den Tag recht gemütlich begonnen hatten. Das Büro wirkte um diese Zeit eher wie ein Café mit einer gemütlich plaudernden und kaffeetrinkenden Runde.
Man kann Arbeitslose nicht alle über einen Kamm scheren. Es gibt durchaus welche, die sehr früh aufstehen, die Kinder umsorgen oder auch einfach etwas machen um nicht umher zu sitzen und die dann aktiv auf die Suche gehen oder ihren Tag so gestalten, dass er einen Sinn macht und man nicht nur auf dem Sofa sitzt und genauso gibt es Eltern, die den ganzen Tag auf dem Sofa sitzen, am besten noch Alkohol trinken und ihr Kind dann den ganzen Tag in den Kindergarten schicken ohne eine Arbeit zu haben.
Arbeitet man nun in Schichten kann man auch nicht immer zur selben Zeit aufstehen. So steht man nach einer Nachtschicht sicherlich nicht nach 2 Stunden wieder auf, um als normal zu gelten, sondern wird ausschlafen um am Abend wieder fit zu sein.
Hier in Deutschland wäre dies unmöglich, da Merkel schlecht behaupten kann, sie hätte schlecht gewirtschaftet. Hier in Deutschland hat sich die Zahl der Erwerbstätigen in den letzten Jahren stetig erhöht. War dies in Österreich anders? Vor allem hat man im Rahmen der Flüchtlingskrise massenweise Menschen aufgenommen, die für den hiesigen Arbeitsmarkt überhaupt nicht geeignet sind und für die man mit Sicherheit ein Leben lang unterstützen muss.
Die Kosten hierfür sind riesig. Aber erstaunlicherweise geht es nun auf einmal. Dieses Statement spaltet. Die Probleme liegen woanders. Dazu braucht es entsprechende Arbeitsplätze, entsprechende Kinderbetreuung usw. Herr Kurz betreibt hier billige Polemik.
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