Manche Talente im Blut haben?

Ich habe nun gesagt bekommen, dass mir ein gewisses Talent wohl im Blut liegen würde. Da einige Vorfahren dies gut konnten und sich auch zum Beruf gemacht haben. Ich wusste bis dahin gar nichts davon und fand es schon interessant und auch überraschend.

Ich denke durchaus, dass manche Talente durch Vererbung weitergegeben werden können und einem damit quasi im Blut liegen können. Das können sicherlich die unterschiedlichsten Dinge sein. Meistens sind es ja handwerkliche Dinge oder so etwas wie Zeichnen, Handarbeiten oder auch, dass jemand gut singen kann.

Habt ihr manche Talente im Blut? Welche sind das? Oder glaubt ihr nicht daran, dass innerhalb einer Familie Talente vererbt werden können? Wart ihr überrascht, als ihr erfahren habt, dass Vorfahren diese Dinge schon ausgeübt haben und ihr diese deswegen vielleicht gut könnt?

Bevor man hier überhaupt diskutieren kann, sollte man erst einmal klären wie "Talent" in diesem Kontext überhaupt definiert wird. Ich persönlich definiere Talent so, dass das eben nichts ist, was man durch Übung und Wiederholung lernen kann. Man kann es oder man kann es nicht und das von Anfang an. Wenn jemand beispielsweise nähen lernt und durch Übung immer besser wird und das dann vielleicht sogar zum Beruf macht, ist das für mich kein Talent, sondern einfach Routine und Übung.

Ich bin zum Beispiel mathematisch überhaupt nicht begabt und hatte dabei immer Probleme, schon zu Schulzeiten. Aber selbst durch ausreichend Übung und Routine kann man nicht behaupten, dass ich ein "mathematisches Talent" habe, auch wenn das vielleicht durch Noten oder dergleichen so aussieht. Ich finde, dass das Wort Talent viel zu inflationär verwendet wird und ziehe da die Definitionsgrenzen eindeutig enger.

Ich bin der Ansicht, dass manche Menschen dann von einem "Talent" sprechen (auch wenn die Leistungen nur das Resultat von Übung und Routine sind), dann wollen sie nur ihr eigenes Ego aufpuschen und sich selbst aufwerten. Wenn man keinen Beruf und keine Karriere hat, muss man sich ja als Hausfrau einreden, dass man irgendetwas besonderes kann oder nicht.

Ich leugne nicht, dass du sicherlich auf den Gebieten, die du als Hobbys bezeichnest und die hier gefühlt jeden Tag thematisiert werden, routinierte und vermutlich auch vorzeigbare Ergebnisse erzielen wirst. Aber Talent sieht für mich anders aus. Ich wüsste nicht mal, ob ich überhaupt ein Talent nach meiner eigenen Definition habe und ich schäme mich auch nicht, das zuzugeben. Mein Selbstwertgefühl ist nicht von der Existenz von Talenten oder der Reaktionen anderer Menschen abhängig.

Ich denke schon, dass manche Talente vererbt werden, aber ich kann natürlich auch nicht sagen, welche Rolle die Gene allein spielen, und welche die Erziehung und das Umfeld. Beispielsweise kann man als Spross einer Musikerfamilie, der mit Chopin groß geworden ist und schon im Mutterleib Schubertsonaten gehört hat, bestimmt eher etwas mit Musik anfangen als wenn die Eltern vielleicht "theoretisch" musikalisch waren, aber ihre Talente nie ausleben konnten, weil sie auf dem Feld oder im Laden helfen mussten oder Musikstunden zu teuer waren oder der Bürgerkrieg ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.

Mein Vater beispielsweise hat sich nur durch Zuhören rudimentäre Kenntnisse etlicher Fremdsprachen beigebracht, und seine Kinder sind auch durch die Bank sprachbegabt, aber er hatte eben das Pech, in eine Generation und Gesellschaft hineingeboren worden zu sein, in dem ihm der Zugang zu höherer Bildung schlicht unmöglich gemacht wurde.

Von daher weiß ich nicht, wo man die Grenze ziehen soll: Hat ein Mensch Talent für etwas "im Blut", weil er oder sie schon als Kleinkind Mama beim Nähen zugesehen und geholfen hat oder Papa beim Schreinern oder umgekehrt? Oder was ist, wenn ein Talent nicht erkannt oder gefördert wird, zählt es dann nicht? Und wo fängt Talent überhaupt an, wenn man etwas gerne macht, oder wenn man schon als Kind Preise dafür gewinnt?