Mangel an Sauberkeit und Ordnung auf Krankheit schieben?
Es ist sicherlich bei manchen Krankheiten so, dass sich der Betroffene so schlecht fühlt oder so eingeschränkt ist, dass er eben nur bedingt Ordnung halten und putzen kann. Oftmals wird dann eben Hilfe dazu geholt, die sich darum kümmert oder es wird mal ein paar Tage etwas weniger gemacht.
Nun kenne ich aber jemanden, der unter Depressionen leidet und immer meint, dass er sich Antriebslos und müde fühlt und deswegen mit der Hausarbeit nicht nachkommen würde. Zumindest was die Ordnung und die Sauberkeit im Zuhause angeht. Ansonsten ist er aber unternehmungslustig, geht seinem Job nach und man merkt nicht, dass ihm da irgendwas schwerfällt. Daher hatten nun Freunde schon die Überlegung, dass er die Krankheit nur vorschiebt und also Ausrede benutzt, weil er einfach keine Lust hat, Ordnung zu machen und mal zu putzen.
Meint ihr, dass sich eine Depression wirklich nur bemerkbar macht, weil jemand keine Lust hat die Wohnung zu putzen oder Ordnung zu machen? Kann man da wirklich davon ausgehen, dass es sich um eine Ausrede handelt und die Krankheit da nur vorgeschoben wird? Sollte sich die Erkrankung dann noch in anderen Lebensbereichen zeigen? Habt ihr schon erlebt, dass jemand einen Mangel an Sauberkeit und Ordnung auf eine Krankheit geschoben hat? Wie würdet ihr darauf reagieren?
Nur, weil man arbeiten geht kann man also nicht depressiv sein oder was? Was ist das denn für eine dämliche Logik? Viele Menschen, die psychisch krank sind, überspielen das und gehen trotzdem arbeiten, weil sie Angst haben, arbeitslos zu sein und hinterher kein Geld mehr zu haben. Geld ist nun einmal essentiell zum Überleben in unserer heutigen Zeit und nicht jeder möchte von staatlichen Leistungen leben. Den Haushalt zu erledigen ist aber nicht so essentiell, weil dann ja trotzdem Geld da ist, um Essen kaufen zu können.
Als ich noch depressiv war, habe ich nicht einen Tag Arbeit versäumt, war immer zuverlässig und pünktlich und phasenweise sehr unternehmenslustig. Aber privat wurde der Haushalt schleifen gelassen, weil es echt anstrengend ist, in der Öffentlichkeit seine Depressionen zu verbergen und man hinterher keine Kraft mehr für den Haushalt hat. Ich verstehe ehrlich gesagt die Logik hinter deiner Aussage nicht. Das klingt für mich eher danach als hätte sich noch nie jemand mit dieser Erkrankung auseinandergesetzt.
Das habe ich so gar nicht gesagt. Ich kenne es aber so, dass man dann generell Antriebsloser ist. Nicht, dass man unbedingt die Arbeit schleifen lässt, aber man eben in manchen Dingen schon merkt, dass etwas nicht stimmt. Ich kenne noch jemanden mit sogar starken Depressionen. Sie hat es an schlimmen Tagen nicht mal aus dem Bett geschafft und es war dann schon wirklich ein Fortschritt, wenn sie Geschirr in die Spülmaschine räumen konnte und das eben geschafft hat.
Es gibt ja auch unterschiedliche Ansprüche an Ordnung und Sauberkeit. Manche sind total pingelig und putzen jede Woche die Fenster und wischen jeden Tag, andere greifen einmal im Monat zum Staubsauger und sind damit zufrieden. Und das eine ist nicht besser als das andere, es sind nur verschiedene Vorstellungen davon, wie man putzen sollte.
Wenn man das in Zusammenhang mit einer Depression bringen will, müsste man wissen, ob derjenige vorher anders war oder wie häufig und wie intensiv derjenige vorher geputzt hat. Und selbst wenn jemand weniger putzt, muss das ja auch nicht schlimm sein, gerade wenn er es vor der Erkrankung mit dem Putzen übertrieben hat. Ich finde, insofern man nicht total versifft, darf man das Thema Putzen nicht so pingelig angehen.
Wenn es mir nicht gut geht, dann habe ich Phasen, in denen ich Ordnung und Sauberkeit schon sehr stark schleifen lasse. Ich zwinge mich dann aus der Wohnung, um nicht zu versumpfen und zu sehr den Gedanken nachzuhängen. Dadurch wirkt man natürlich schnell unternehmungslustig und nicht antriebslos. Diese Unternehmungen sind halt nur eine Ablenkung für einige Stunden, genauso wie die Arbeit, und zu Hause kommt der Schatten dann wieder über einen.
Ich wäre mit der Behauptung, dass jemand eine Krankheit vorschiebt, schon vorsichtig. Man erlebt die Personen nicht privat und wenn man den ganzen Tag Antrieb und Motivation vortäuscht, dann nach Hause kommt und den Haufen Wäsche zum Beispiel vor sich hat, dann kann es schon sein, dass man einknickt und nichts passiert. Das kann aber jeden treffen und nicht nur depressive Menschen.
Ich finde, dass man immer leicht reden hat, wenn man in seinem ganzen Leben immer von jemandem finanziert worden ist - sei es von den Eltern, vom Staat oder vom Partner - und nie wirklich alleine finanziell über die Runden kommen musste. Wenn dann noch eine psychische Erkrankung dazu kommt, dann versucht man dann eben, auf der Arbeit alles zu geben und dass es eben keinem dort auffällt.
Leider ist das Thema immer noch mit einem Stigma und Vorurteilen behaftet. Nur weil jemand auf der Arbeit versucht so normal und gesund wie möglich zu wirken, weil er oder sie auf das Geld dringend angewiesen ist, heißt das nicht, dass die Krankheit nur vorgetäuscht ist. Wer so etwas denkt und behauptet, ist in meinen Augen einfach nur ignorant und dumm.
Täubchen hat geschrieben:Ich finde, dass man immer leicht reden hat, wenn man in seinem ganzen Leben immer von jemandem finanziert worden ist - sei es von den Eltern, vom Staat oder vom Partner - und nie wirklich alleine finanziell über die Runden kommen musste.
Wie kommst du denn darauf? Meine Bekannte geht ja arbeiten und hat das auch immer getan. Außer als sie eben Kinder bekommen hat. Da hat sie ein paar Jahre im Beruf ausgesetzt und dann anschließend in einem anderen Job wieder angefangen zu arbeiten. Daher verstehe nicht, wie du darauf kommst, dass jemand leicht reden hat, der immer finanziert wurde. Das war gewiss nicht der Fall.
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